November - Weihnachtliche Zeit - Januar | Februar - Vor-Oesterliche Zeit | Oesterliche Zeit - Juni | Juli - Oktober |
"Die
Tueren zur Umkehr, oeffne mir, Lebensspender ! ..."
~~~ Komponist: Artemij
WEDEL /// Interpretation: F.TSCHALJAPIN mit Chor der Russischen
Orthodoxen Kathedrale Paris 1932 ~~~
zur Link-Quelle: "http://www.musicarussica.com"
HOHER Samstag 4./5.5. 2024
STRAHLENDE AUFERSTEHUNG - PAS 'CHA - FEST der FESTE
"Die
Tueren zur Umkehr, oeffne mir, Lebensspender ! ..."
~~~ Komponist: Artemij
WEDEL /// Interpretation: F.TSCHALJAPIN mit Chor der Russischen
Orthodoxen Kathedrale Paris 1932 ~~~
zur Link-Quelle: "http://www.musicarussica.com"
Evangelium:
Mt 15: 21-28
Zur Vorbereitung auf die kommenden Fasten zeigt uns die Kirche an diesem Sonntag den starken Glauben der Kanaanäerin.
Viele
Menschen kommen auf der Suche nach Linderung und Befreiung
von ihren Leiden zu Christus. Der Fall der kanaanäischen Frau
ist aber doch
besonders für uns als Vorbild geeignet. Eine Frau, die als
Heidin gilt, weil sie
nicht den Glauben des Volkes Israels bekennt, wie viele unter uns,die
auch
nicht in Allem dem Glauben der Kirche folgen- zeigt doch
unerschütterlichen
Glauben an den Gottessohn.
Das Evangelium empfiehlt uns eine
Glaubenserfahrung als Zugehörigkeit zur Person des
Gottessohns. Trotz der
offensichtlichen Hindernisse, die Christus ihr in den Weg stellt,
besteht sie
weiterhin darauf, daß Er ihr helfen wird.
Dies
ist der Weg, den das Evangelium jedem von uns aufzeigt. Der Glaube
dieser
Frau hat nichts mit Routine oder der Mittelmäßigkeit
unseres „Alltagsglaubens“ zu
tun.
Es ist ein lebendiger Glaube, der bettelt. Es ist ein energischer
Glaube, der
von Jesus Christus selbst geprüft wurde. Es ist ein Glaube an
Christus, der
wirklich bewegt. Es ist ein Glaube, der mit seinen kulturellen und
religiösen
Traditionen bricht.
Der Glaube der Kanaanäerin hat nichts mit einem schwachen,
legalistischen
Glauben zu tun.
Der Glaube bringt immer Früchte hervor. Aber die
Früchte entstehen, wenn es
eine wahre Umkehr gibt. Um nicht mehr auf uns selbst zu schauen,
sondern auf
Gott.
Dasselbe
gilt für uns in unserem Gebet, vor der Gegenwart Christi in
Seiner
Auferstehung müssen wir so viele Dinge
ändern, die uns von Ihm wegführen.
Dazu brauchen wir die Kraft uneingeschränkter Demut. Ungeahnte
Kraft zur Umkehr
in der Fastenzeit können auch wir durch diesen
demütigen Glauben bekommen.
Lassen wir uns weder von unseren Sünden noch von unserem Elend
entmutigen.
Schauen wir niemals zurück, das ist es, was der Fürst
der Lüge will.
Orientieren wir uns am Beispiel der Heiligen. Die Heiligen sind
Menschen, die
an die Liebe des Vaters geglaubt, sich vor Christus erniedrigt und ihre
Schwächen erkannt haben. Die Heiligen sind Menschen wie wir.
Bitten wir Christus, uns in den kommenden Wochen den GLAUBEN und die
DEMUT der
kanaanäischen Frau zu schenken.
Evangelium:
Lk 19: 1-10
Heute hören wir die erste
Ankündigung, empfangen die erste
Einladung das Oster-Mysterium für uns heilbringend
mitzuerleben:
Wenn unser Verlangen hinreichend tief und stark ist, wird Christus
darauf antworten.
Deshalb müssen wir danach brennen
den Gottessohn, den erneuerten perfekten Menschen des
Paradieses erkennen zu lernen.
Dazu muss der Durst und der Hunger nach dem Absoluten in uns steigen,
und durch Ihn die wahrhaftige Erkenntnis in uns selbst.
Lange vor dem eigentlichen Beginn der Fastenzeit kündigt die Kirche ihr Nahen an und lädt uns ein, in die Periode einer der Fastenzeit vorhergehenden Vorbereitung einzutreten. Es ist ein charakteristischer Zug der Orthodoxen liturgischen Tradition, dass jedes Hochfest oder jeder liturgische Zeitabschnitt - Ostern, Weihnachten, Fastenzeit etc. - angekündigt und im voraus »vorbereitet« wird. Warum? Weil die Kirche ein tiefes psychologisches Gespür für die menschliche Natur hat. Da sie unsere mangelnde Konzentrationsfähigkeit und den erschreckenden Hang zur »Weltlichkeit« unseres Lebens kennt, weiß sie um unsere Unfähigkeit zu einem raschen Wandel, zu einem unvermittelten Hinüberwechseln von einem geistlichen oder geistigen Zustand in einen anderen. Deshalb lenkt die Kirche bereits lange vor dem Beginn des der Fastenzeit eigenen Bemühens unsere Aufmerksamkeit auf die ernsthafte Bedeutung dieser Zeit und lädt uns ein, deren Sinn betrachtend zu bedenken. Vor dem praktischen Vollzug der Fastenzeit wird uns deren Bedeutung gegeben.
Diese Vorbereitung umfasst fünf aufeinander folgende Sonntage,
die der Fastenzeit vorangehen, und von denen jeder - durch sein eigenes
Evangelium - einem grundsätzlichen Gesichtspunkt der Reue
gewidmet ist.
Der aller erste Hinweis auf die Fastenzeit erfolgt an dem Sonntag, an
dem das Evangelium über Zachäus (Lk 19,1-10) gelesen
wird. Es ist der Bericht über einen Menschen, der zu klein
ist, um Jesus sehen zu können, der aber so sehr von dem Wunsch
beseelt ist, ihn zu sehen, dass er auf einen Baum steigt. Wegen seines
brennenden Verlangens wendet Christus sich ihm zu und kehrt bei ihm
ein. So ist das Thema dieser ersten Ankündigung das brennende
Verlangen. Der Mensch folgt seinem brennenden
Verlangen. Man kann sogar sagen, dass der Mensch Verlangen ist, und
diese grundlegende psychologische Wahrheit über die
menschliche Natur wird durch das Evangelium bestätigt: »Da,
wo dein Schatz ist, wird auch dein Herz sein« (Mt
6,21; Lk 12,34), sagt Christus. Ein heißes Verlangen
überwindet die natürlichen Grenzen des Menschen; wenn
er leidenschaftlich etwas wünscht, kann er Leistungen
vollbringen, zu denen er »normalerweise« nicht
fähig ist. Obwohl »klein« von Gestalt,
wächst er über sich hinaus und übertrifft
sich selbst. Die einzige Frage ist also, ob es die wahren
Güter sind, die wir begehren, und ob die Stärke
unseres Verlangens auf das wahre Ziel ausgerichtet ist oder ob, um die
Formulierung des atheistischen Existentialisten Jean-Paul Sartre zu
gebrauchen, der Mensch eine »unnütze
Leidenschaft« ist.
Das ist also die erste Ankündigung, die erste Einladung: wir müssen begehren, was das Tiefste und Wahrhaftigste in uns selbst ist, den Durst und den Hunger nach dem Absoluten in uns wiedererkennen, das, ob wir es nun kennen oder nicht, uns mit einer wahrlich »unnützen Leidenschaft« behaftet sein ließe, wenn wir uns von ihm abwenden und unsere Wünsche anderswohin lenken würden. Und wenn unser Verlangen hinreichend tief und stark ist, wird Christus darauf antworten.
aus: Schmemann,
Alexander, GREAT LENT. Journey to Pascha,
St. Vladimir´s Seminary Press, Crestwood, New York 1969
Die Große Fastenzeit, Askese und Liturgie in der
Orthodoxen Kirche, (aus dem Englischen übersetzt von Elmar
Kalthoff)
Veröffentlichungen des Instituts
für Orthodoxe Theologie der Universität
München, Bd. 2 1994, S. 15f.
VOR - FASTENZEIT
"Der UMKEHR Türen öffne mir ..."
~~~
Komponist: Artemij WEDEL /// Interpretation: F.TSCHALJAPIN mit Chor der
Russischen Orthodoxen Kathedrale Paris 1932 ~~~
zur Link-Quelle: "http://www.musicarussica.com"
~~~vollständig:Chor der
Christi-Verklärungskathedrale, Moskau /Regent Vladimir LVOV~~~
zur Link-Quelle: "http://en.liturgy.ru/zvuk/zvuk.php"
SONNTAGE der VOR-FASTENZEIT
1. Sonntag vom
ZÖLLNER
und PHARISÄER
25.2. 2024
2. Sonntag vom VERLORENEN
SOHN
3.3. 2024
3. Sonntag FLEISCHENTSAGUNG
!
vom GERICHT
10.3. 2024
4. Sonntag BUTTERENTSAGUNG
!
vom VERLUST des PARADIESES VERGEBUNGSSONNTAG
17.3. 2024
- abends:
BEGINN der GROSSEN 40-taegigen FASTEN
Vor - Fastenzeit
Deshalb wollen wir das Fasten nicht
nur als
äusserliche
Übung
der "Gesetzestreue" sehen, sondern als Gelegenheit uns dem Heil der
Vergöttlichung zu nähern:
Beginnend mit der Bitte, dass
sich auch
für uns
die
"TÜREN der UMKEHR" öffnen mögen !
Bereiten wir uns auf die freudebringenden
Anstrengungen dieses Kampfes
vor, um dann nach der "Vollendung der 40 Tage" auch mit wenigstens
teilweise verdienter Freude die Früchte der Auferstehung
ernten zu
dürfen !
Sonntag
vom Zöllner und Pharisäer
Apostel:
2 Tim 3:
10-15
Evangelium: Lk 18: 10-14
Lasset
uns fliehen
die hochmütige Prahlerei des Pharisäers
und lernen
das demütige Seufzen des Zöllners !
Zu unserem Erlöser lasset uns rufen:
Vergib uns,
Allerbarmer !
“Gott,
sei mir Sünder gnädig!“
Predigt zum Sonntag des Zöllners und
Pharisäers von P. Konstantinos, München
* Quellenhinweis *
Die heutige
Evangeliumsperikope zeigt uns zwei Arten von
Gläubigen; zwei charakteristische Typen von Menschen, die in
die
Kirche kommen. Der erste kommt, um sich zu zeigen, um anzugeben, um
sein angeblich so heiliges Leben vorzustellen, um die Bewunderung der
anderen zu erregen, um Gott, seiner Ansicht nach, zu verpflichten
für seine Taten, für seine Tugenden, die der
Bewunderung und
des Lohnes würdig sind.
Selig
werden sein,
die in der heutigen Zeit der Gleichgültigkeit im Glauben, ja
seiner Ablehnung,
es zustande bringen,
sich durch die Bänder von Reue
und Buße, Demut und
Gebet mit
Jenem zu verbinden,
der den Zerknirschten und Demütigen im Geiste nahe ist.
Amin.
Übersetzung aus dem Griechischen: G. Wolf
Sonntag
vom Verlorenen Sohn
https://youtu.be/Ur39cbcr_pk
Apostel:
1 Kor 6: 12-20
Evangelium: Lk 15: 11-32
Vater Alexander
Schmeman:
"
Rückkehr aus dem Exil "
Die
Apostellesung dieses Herrentages stellt die christliche Freiheit heraus
und steckt damit die Grenzen des Fastengebots ab:
"Alles ist mit erlaubt, aber
ich soll mich von nichts
beherrschen lassen"
Damit ist das Fasten jeder fremden
Beurteilung von aussen entnommen. Es
kann daher nach orthodoxem Verständnis auch nicht zum
öffentlichen Gesetz werden, zumal es, wie der Herr anweist (Mt
6: 16-18) im Verborgenen geschehen soll.
Das Evangelium stellt dann den eigentlichen Sinn der Fastenzeit heraus:
Der Aufbruch zur Umkehr zum Vater, der den Verlorenen Sohn mit Freuden
aufnimmt und reich beschenkt. Es ist wohl kein Zufall, dass an diesem
Herrentag erstmals im Nächtlichen Psalmengebet (Ps 136)
angestimmt wird.
Deine
väterliche Herrlichkeit
habe ich ohne Verstand verlassen.
übel verschwendet habe ich den Reichtum
den Du mir gegeben hast.
So rufe ich Dir die Worte des Verlorenen Sohnes zu:
"Ich habe gesündigt gegen Dich,
barmherziger Vater.
Nimm mich auf,
der ich umkehre,
und lass mich bei Dir sein
wie einen Deiner Taglöhner !"
"Ich
will mich aufmachen", ich will aufstehen, damit Überblick
gewinnen, Gewohntes verlassen
und mich auf den Weg machen,
den die Fastenzeit mir öffnet, hin zum Vaterhaus.
Das ist das Ziel: zu Gott, zu unserem Vater zu gelangen.
Er macht mich frei.
Er nährt mein innerstes Leben.
Er will mir in der Wohnung Seiner Herrlichkeit Geborgenheit auf ewig
bieten.
An
den Flüssen von Babylon saßen wir ...
gedenkend der Stadt des Herrn ...
Wie könnten wir dem Herr ein Lied singen
in einem fremden Land ?
Sollte ich dich vergessen, o Stadt meines Gottes,
so verdorrt meine rechte Hand
so klebt meine Zunge am Gaumen
wenn ich Deiner vergesse,
wenn ich nicht Gottes Stadt über alle meine Freuden stelle ...
"An
den Flüssen von
Babylon ..."
~~~ Na Rekach
Babylonskich ~~~
Chor des Klosters in Pyuchtiza
Erzpriester
Alexander Schmemann:
(langjähriger Dekan der Orthodoxen Theologischen Akademie der
USA St. VLADIMIR´s)
aus: Schmemann,
Alexander, GREAT LENT. Journey to Pascha,
St. Vladimir´s Seminary Press, Crestwood, New York 1969
Die Große Fastenzeit, Askese und Liturgie in der
Orthodoxen Kirche, (aus dem Englischen übersetzt von Elmar
Kalthoff)
Veröffentlichungen des Instituts
für Orthodoxe Theologie der Universität
München, Bd. 2 1994, S. 15f.
Rückkehr
aus dem Exil
zum
Sonntag vom Verlorenen
Sohn
Ein Mensch, der niemals diese Erfahrung gemacht hat, und sei es auch
nur für kurze Zeit, dass er in der Gottesfeme lebt und von dem
wahren Leben abgeschnitten ist, wird niemals verstehen, was es mit dem
Christentum auf sich hat.
Und jemand, der vollständig in dieser Welt und in dem Leben
dieser
Welt »zuhause« ist, der nie von dem
sehnsuchtsvollen Wunsch
nach einer anderen Wirklichkeit schmerzlich getroffen wurde, der wird
nie verstehen, was bereuende Umkehr ist.
Man übersieht jedoch etwas sehr Wesentliches, ohne das weder das Schuldbekenntnis noch die Absolution eine wirkliche Bedeutung oder Wirksamkeit erlangen können. Dieses »Etwas« ist ganz genau das Empfinden des Verbanntseins von Gott, weit verbannt von der Freude der Gemeinschaft mit ihm und fern dem wahren Leben zu sein, das durch Gott geschaffen und geschenkt wird. Es ist in der Tat leicht zu bekennen, dass ich an den vorgeschriebenen Tagen nicht gefastet habe, dass ich meine Gebete vergessen habe oder jähzornig gewesen bin. Eine ganz andere Sache ist es jedoch, wenn ich mir unvermittelt eingestehen muss, dass ich Schande auf mich geladen und meine geistliche Schönheit verloren habe, dass ich mich sehr weit von meinem eigentlichen Zuhause, von meinem wahren Leben entfernt habe, und dass ich in dem innersten Gewebe meiner Existenz etwas Kostbares, Schönes und Reines in nicht wiedergutzumachender Weise zerstört habe. Indessen bedeutet dies, und nur dies, die bereuende Umkehr, und deshalb entsteht auch ein tiefgreifendes Verlangen, umzukehren, zurückzugehen und jenes verlorene »Heim« wiederzufinden.
Von Gott habe ich wunderbare Reichtümer erhalten:
zunächst das Leben und die Möglichkeit, mich dessen
zu erfreuen,
ihm einen Sinn geben zu können,
es mit Liebe und Erkenntnis ausfüllen zu können;
dann – in der Taufe –
das neue Leben in Christus selbst,
die Gabe des Heiligen Geistes,
den Frieden und die Freude auf das ewige Königreich.
Ich habe die Erkenntnis Gottes erhalten,
und in ihm die Erkenntnismöglichkeit einer jeden Sache,
und die Kraft, Kind Gottes zu sein.
In diesem Sinne singen wir heute den sehnsuchtsvollen Psalm 136:
An
den Flüssen von Babylon saßen wir und weinten,
Sions gedenkend...
Wie könnten wir dem Herrn ein Lied singen, in einem fremden
Land?
Sollte ich dich, o Jerusalem, vergessen, soll meine Rechte verdorren!
Meine Zunge klebe an meinem Gaumen, wenn ich deiner vergesse,
wenn ich nicht Jerusalem über alle meine Freuden stelle ...
Erzpriester
Alexander Schmemann:
(langjähriger Dekan der Orthodoxen Theologischen Akademie der
USA St. VLADIMIR´s)
aus: Schmemann,
Alexander, GREAT LENT. Journey to Pascha,
St. Vladimir´s Seminary Press, Crestwood, New York 1969
Die Große Fastenzeit, Askese und Liturgie in der
Orthodoxen Kirche, (aus dem Englischen übersetzt von Elmar
Kalthoff)
Veröffentlichungen des Instituts
für Orthodoxe Theologie der Universität
München, Bd. 2 1994, S. 15f.
"An den Flüssen von
Babylon ..."
~~~ Na Rekach Babylonskich ~~~
Chor des Klosters in Pyuchtiza
Sonntag
vor der FLEISCHENTHALTUNG
Sonntag vom Gericht
Apostel:
1 Kor 8:8 - 9:2
Evangelium: Mt 25: 31 - 46
Dieser
Herrentag wird nach dem Evangelium "vom Gericht" oder nach der
Tradition der Kirche "Herrentag der Fleischenthaltung"
(= APOKREO = MESOPUSTNA = Carne val)
genannt.
Nach dem Abendgottesdienst
an diesem Sonntag beginnen die Gläubigen sich in
Fleischenthaltung zu üben.
In der folgenden Woche wird der Körper noch einmal mit Milch,
Butter und Käse gelabt, bevor danach am Abend des
nächsten Sonntags die Grossen 40-tägigen Fasten vor
der österlichen Festzeit beginnen.
Brüder,
Speise wird uns nicht vor Gott bestehen machen;
weder fehlt uns etwas, wenn wir nicht essen,
noch gewinnen wir etwas, wenn wir essen"
(1 Kor 8:8 )
Wenn Du,
o Gott, kommen wirst
auf Erden in Herrlichkeit
wird das All erzittern
und von Deinem Richterstuhl ein Feuerstrom ausgehen,
die Bücher werden geöffnet und das Verborgene wird
offenbar.
Dann errette mich aus dem nie erlöschenden Feuer
und würdige mich,
zu Deiner Rechten zu stehen,
gerechtester Richter !
Kommet, lasset uns dem Herrn
frohlocken,
jauchzen dem Fels unseres Heils !
Lasset
uns vor Sein Angesicht treten
mit unserem Bekenntnis !
Mit Psalmen lasset uns Ihm zujubeln !
"Die
Tueren zur Umkehr, oeffne mir, Lebensspender ! ..."
~~~
Komponist: Artemij WEDEL /// Interpretation: F.TSCHALJAPIN mit Chor der
Russischen Orthodoxen Kathedrale Paris 1932 ~~~
wwwchoir1/musrus_pokodweri.mp3
Der
Umkehr
Pforten öffne mir,
Du, Der Du das Leben schenkst !
frühmorgens strebt zu Deinem
heiligen Tempel
mein Geist,
er trägt den ganz befleckten Tempel meines Leibes¸
doch als der Gütige
reinige ihn
durch Dein wohlwollendes Erbarmen.
..
.
und mein ganzes
Leben im Leichtsinn vergeudet;
doch du
rette mich durch deine Fürbitten von jeder Unreinheit.
...
Die Menge der von mir begangenen Missetaten bedenkend,erschaudere
ich Armseliger vor dem
furchtbaren Gerichtstag;
aber hoffend auf Deine Güte,
rufe ich wie David zu Dir:
Erbarme Dich meiner, o Gott, nach Deinem großen
Erbarmen.
Sünde,
UMKEHR, Reue
und
Vergebung in der Hl.Schrift
und die Bedeutung für uns.
Aus
dem 2.Vortrag von Vater
FJODOR
Hölldobler, Herbstseminar 1998
Bischofsheim a.d.Rhön
David
war ohne Zweifel der modernste Staatsmann im Vorderen Orient
seiner Zeit. Er war kein orientalischer Despot,
sondern hing persönlich an der Überlieferung seines
Volkes,
die aus der Wüstenzeit herkam. Er war Landsknecht,
Künstler,
Gottsucher, Prophet und Fürst zugleich. In David verstand sich
Israel aufs neue von Gott erwählt und geführt. Aber
in David
hatte alles Menschliche Raum, im Guten wie im Bösen, wie diese
Geschichte zeigt. Die Busse, zu der David fähig war, zeigt
seine
Grösse als religiöser Mensch, als Prophet und
Künder des
Bussgedankens.
Deshalb verwendet
die Orthodoxie soviel
Kraft auf die
Heiligung der
Sinne,
auf die Vergöttlichung der sinnlichen Sphäre,
um dem
Menschen die Verführbarkeit durch die entsprechenden Anreize
zu
nehmen.
Die Rückkehr ins Vaterhaus geschieht durch das Busssakrament.
Joh 20: 19 - 23 berichtet seine Einsetzung.
Das Gebet des Priesters
bei, bzw. vor
der Beichte
zitiert Mt 18: 22,
wo
der Herr auf die Frage des Petrus hin sagt, dass die Sünden
siebenundsiebzigmal
vergeben werden sollen.
Der Neue Bund hat uns
Gottes verzeihende Liebe nahegebracht und der Priester,
der die Macht
hat, zu binden und zu lösen,
wird sich in verantwortungsvoller
Weise darauf einstellen .
"Die
Tueren zur Umkehr, oeffne mir, Lebensspender !
..."
~~~
Komponist: Artemij WEDEL /// Interpretation: F.SCHALJAPIN mit Chor der
Russischen Orthodoxen Kathedrale Paris 1932 ~~~
zur Link-Quelle: "http://www.musicarussica.com"
Sonntag
vom VERLUST
des PARADIESES
VERGEBUNGSSONNTAG !
BUTTERENTSAGUNG !
-
am Abend des
Sonntags:
BEGINN der GROSSEN 40-taegigen FASTEN
"Über die Vergebung"
von Erzbischof Antonij von Surozh (London)
Apostel:
Rm 13:11 - 14:4
Evangelium: Mt 6: 14 - 21
Das
Evangelium dieses Sonntags, an dessen Abend die Grossen Fasten
beginnen, erinnert uns daran, dass wir Vergebung vom Herrn erst
erwarten können, wenn wir nicht selbst bereit sind, unseren
Mitmenschen zu vergeben, was sie uns an Verletzung zugefügt
haben - und sie unsererseits um Vergebung zu bitten für das,
was wir bewusst oder unbewusst an ihnen gefehlt haben.
Darum findet an diesem Sonntagabend nach der Vesper in die Handlung des
Gegenseitigen Vergebens statt, wie sie am Schluss des Apodipnons in
Klöstern täglich geübt wird. In manchen
Kirchen wird
dieser Ritus aus praktischen Gründen unmittelbar nach der
Liturgie
ausgeführt. In den Häusern ist die Vergebung als
Abschluss
der Karnevals- und Butterwoche mit einem Fest vor allem für
die
Kinder verbunden, dabei werden zum letzten Mal die Milch- und
Butterspeisen genossen.
Die folgende Woche ist ganz dem intensiven
Fasten gewidmet. Es beginnt die fortlaufende Lesung aus dem
Buch Genesis, die im Sündenfall und dessen Folgen
mündet. Mit dem Verlust des uns von Gott bereiteten Paradieses
durch unsere selbstzerstörerischen Abwege beginnt auch die
Sehnsucht nach dem Ende der widernatürlichen Sünden
und dem neuen Paradies. Die dafür erforderliche Bereitschaft
zur Umkehr wird in der kommenden Woche durch das Gebet des heilsamen Busskanons des
Hl.Andreas von Kreta
gefördert. Wir fühlen mit, dass wir mit unseren
Sünden nicht allein sind, aber werden auch dazu ermutigt, uns
den Figuren des Bibel anzuschliessen, die den Mut fanden, Gott um
Vergebung zu bitten, und Ihm damit wieder nahe zu kommen.
Trotz -und vielleicht wegen- all unserer negativen Erfahrungen ruft uns
die Apostellesung zu:
"
Jetzt ist unser Heil näher als damals, da wir gläubig
wurden.
Die Nacht ist vorgerückt, der Tag hat sich genaht "
(Rm 13:11 ff)
Für die Fastenzeit wird uns mitgegeben:
"
Wer isst, soll den nicht verachten, der nicht isst;
und wer nicht isst, soll den nicht richten, der isst;
denn Gott hat ihn angenommen.
Wer bist du denn, dass du einen fremden Knecht richtest ?
Seinem eigenen Herrn steht oder fällt er - aber er wird
stehen; denn der Herr hat die Macht, ihn aufrecht zu erhalten "
(Rm 14: 3-4)
Führer auf
dem Weg
der Weisheit,
Urgrund des Verstandes,
Lenker der Unverständigen
und Beschützer der Armen,
festige, unterweise mein Herz, Gebieter.
Gib mir das Wort, Du Wort des Vaters !
Denn, siehe, nicht lassen ab
meine Lippen zu Dir zu schreien:
Barmherziger,
erbarme Dich meiner,
des Gefallenen !
(Kondakion)
Über
die
Vergebung
zum Sonntag der Vergebung
von Erzbischof Antonij von Surozh (London)
Andererseits, wenn ich vergesse, vergesse ich zweierlei: wohl vergesse ich das Unrecht, das mir angetan wurde, gleichzeitig aber auch den Grund, aus dem es mir zugefügt wurde, und ich kann den Betreffenden niemals vor der Versuchung bewahren, in die gleiche Situation zurückzuverfallen.
Man
muss sich erinnern, dass dieser Mitmensch, sobald er in jene
bestimmte Lage versetzt wird, diese bestimmte Schwierigkeit hat;
folglich darf man ihn nicht wieder in dieselbe Lage bringen;
man muss die zurückbleibende Schwäche erkennen.
Darum ist es so wichtig, sich zu erinnern, denn das ist die einzige
Möglichkeit das Verzeihen fortzusetzen.
„Ich habe dir deine ungeduldige Handlung verziehen, aber ich
habe
dadurch entdeckt, dass diese bestimmte äußerung,
jene Geste,
diese besondere Situation sie hervorrufen können.“
Es gilt, den andern vor diesen Situationen zu bewahren, solange, bis
man ihm geholfen hat die notwendige Kraft zu gewinnen, die Spannung zu
überwinden. Andernfalls stoßen wir unsere
Mitmenschen
ständig neu in Situationen hinein, wo sie unfehlbar auf die
gleiche Weise reagieren werden, wie sie das Problem hervorrief.
Außerdem
ist das Verzeihen eine besondere Weise, einen anderen
Menschen anzunehmen.
Das beginnt in dem Augenblick in dem man sagt: „Ich nehme
dich
an, so wie du bist. So wie du bist trage ich dich, wie man ein Kind
über eine schwierige Stelle hinwegträgt oder wie man
ein
Kreuz trägt, aber ich weise dich nicht zurück. Zu
sagen, dass ich dich annehme, so wie du bist, heißt
keineswegs, dass du bist wie du sein solltest.“
Nur
wenn man einen Menschen so annimmt, wie er ist, kann man ihm helfen
sich zu ändern.
Aber man darf nicht zuerst fordern, er müsse sich
ändern, um ihm zu versprechen, hernach werde man ihn lieben.
Im Russischen sagt man: „Liebe mich schwarz ! Wenn ich erst
weiß bin, werden alle mich lieben.“
Es gibt nur Probleme wo der Mensch sie schafft. Ein Mensch aber, der
Probleme schafft, muss so sehr geliebt werden, dass er im Vertrauen den
Glauben an sich selber wiederfinden kann, die Selbstachtung und jene
schöpferische Hoffnung, die ihm ermöglichen wird,
sich zu ändern.
Folglich
übernimmt man mit dem Verzeihen die Verantwortung für
einen Menschen, so wie er ist, mit der Hoffnung auf die Zukunft, jedoch
ohne Bedingungen zu stellen!
Man verzeiht nicht unter Bedingungen. Es geht nicht an, einem Menschen
„mit Bewährungsfrist“ zu verzeihen. Das
zeigt sich sehr deutlich im Gleichnis vom Verlorenen Sohn.
Der Vater fordert nichts; ihm genügt es, den Sohn
wiedergekehrt zu
sehen, um zu wissen, dass er die Umkehr vollzogen hat, dass er
verändert zurückqekehrt ist. Verändert
bedeutet ganz und
gar nicht vollkommen. Er mag sich verändert haben und dennoch
für eine lange Zeit für die Familie schwer
erträglich
geworden sein. Dem Vater genügt es, dass sein Sohn
wiedergekehrt
ist; was noch zu tun bleibt, kann man gemeinsam überwinden.
Das
Verzeihen enthält vielerlei Elemente.
Zuerst muss einer kommen und um Verzeihung bitten oder doch wenigstens
einen Schritt in diese Richtung tun;
es ist nicht schwer, zu verzeihen, wenn man glaubt, im Recht zu sein;
es ist auch nicht schwer, einen Schritt entgegen zu kommen, wenn man im
Recht ist oder sich im Recht wähnt.
Darum muss derjenige, der im Recht zu sein glaubt, den ersten
Schritt tun.
Eine Gebärde, ein unmerklicher Hinweis, dass eine
Aussöhnung
erwünscht wäre, muss genügen, diesen Schritt
zwingend zu
machen.
Dann aber muss ein solcher Versuch zur
Versöhnung
bedingungslos angenommen werden, denn ein Mensch kann sich
nur ändern im Maße der Hoffnung, die wir in ihn
setzen, im Maße der Liebe, die wir ihm zu geben
vermögen und im Maß unseres Glaubens an ihn
.
In
einer Gemeinschaft stellt sich das Problem anders.
Die Tatsache, dass ein Mensch Mitglied einer Gemeinschaft ist, kann ein
Problem bedeuten, nicht nur für einen Einzelnen, sondern
für eine ganze Gemeinschaft. Dann muss die Gemeinschaft zu der
zugleich kranken und heilenden Gemeinschaft der Kirche werden: krank,
weil jeder von uns ein Sünder ist und wir alle eine zutiefst
beschädigte Gemeinschaft sind; dennoch aber auch eine
Gemeinschaft, die fähig ist Gesundheit zu vermitteln, zu
heilen, das ewige Leben mitzuteilen. Denn
keine christliche
Gemeinschaft besteht nur aus ihren sichtbaren
Gliedern: Christus ist in ihrer Mitte, der Heilige Geist ist ihr
gegeben, und ob es die Kirche in ihrer Gesamtheit oder eine kleine
Kirchengemeinde ist – in der Gemeinschaft sind Gott und
Mensch
gänzlich für einander gegenwärtig, und wir
können
in Gott die Kraft finden, die wir als Menschen nicht besitzen.
Es kann demütigend sein. Aber wenn wir besser verstehen lernen, wenn wir zu geben lernen, lernen wir auch zu empfangen. Einer, der sich selbst nicht verzeihen lassen kann, vermag auch selbst niemals zu vergeben. Einer, der nicht annehmen kann, geliebt zu werden, anerkannt zu werden, Hingabe zu empfangen, kann auch seinerseits nicht lieben, anerkennen, Hingabe aufbringen, denn derlei geschieht wechselseitig. Unverdient zu empfangen lernt man in staunender Freude, Demut und Dankbarkeit, mit der wir eine unverdiente Gabe beantworten. Und haben wir das erst entdeckt, können auch wir zu schenken beginnen ohne uns darum dem Empfangenden gegenüber überlegen zu fühlen.
Natürlich
ist unser Verzeihen nicht Gottes Verzeihen.
Doch müssten wir lange warten, bis wir so zu verzeihen
vermöchten. Aber wir können damit beginnen zu lernen,
uns gegenseitig in all unserer Begrenztheit anzunehmen. Es ist schwer,
um Verzeihung zu bitten, es ist auch nicht leicht, zu verzeihen, doch
Verzeihung zu verweigern ist ebenfalls schwer.
Am
Sonntag vor der Großen
Fastenzeit, nach dem Verzeihungsgottesdienst, der ein Gottesdienst der
Buße und der Hoffnung ist, sollen alle Glieder einer
Gemeinschaft
einander um Verzeihung bitten.
Jahrelang habe ich die Leute ermuntert, einander
zu
vergeben;
dann habe ich beobachtet, wie sie mit Wärme und Enthusiasmus
Leute um Verzeihung baten, die sie niemals beleidigt hatten;
aber sie bewiesen sehr viel mehr Zurückhaltung bei anderen,
von denen sie selber Verzeihung zu erhoffen hatten;
und schließlich sah ich sie denen den Rücken kehren,
die keinerlei Bedürfnis hatten ihnen zu verzeihen, weil sie
sich ihnen gegenüber tatsächlich allzu rüde
verhalten hatten.
– Da habe ich zunächst verlangt, dass niemand
Verzeihung von
jemand erbitten sollte, den er nicht darum bitten wollte,
– weil er noch zu keinem Frieden mit ihm gefunden hatte.
Dann sollten sie sagen: „ich bitte Sie nicht um Verzeihung,
weil
meine Einstellung sich noch nicht geändert hat. Wenn Sie mir
verzeihen ändert das nichts; ich verabscheue Sie und habe die
Absicht, Sie auch weiterhin zu verabscheuen.“
Und von denen, deren Verzeihung man erbat, die sie nicht
gewähren konnten dass sie antworten sollten:
„Ich bin sehr bekümmert, aber mein Herz ist noch zu
schwer,
ich bin noch zu bitter, ich kann Ihnen noch nicht verzeihen.“
Dann
aber wurden beide Parteien aufgefordert, sich in der Beichte vor Gott
hinzustellen und ihm zu sagen:
„Herr, ich erwarte von Dir jetzt Vergebung. Selber Vergebung
zu
gewähren, verweigere ich. Ich erwarte einen Schritt auf mich
zu,
lehne es aber selbst ab diesen Schritt zu tun .....“ Jemandem
zu
sagen, „Ich lehne es ab, zu verzeihen,“ wirkt so
erschütternd, dass die Menschen zu denken beginnen. Gesagt zu
bekommen, „ich kann dir nicht mit Überzeugung
vergeben“ ist ebenfalls erschütternd.
Wenn
in einer Gemeinschaft der Mut aufgebracht wird, wenigstens so
aufrichtig zu sein, dass man es fertig bringt, zu sagen: „Ich
bin nicht imstande dir zu verzeihen;
das heißt nicht, dass du so schlimm bist, dass ich dir nicht
verzeihen könnte, sondern, dass ich so schlimm bin, es nicht
fertig zu bringen, dir zu verzeihen“, dann wird derjenige,
der nicht verzeiht, Gegenstand der Sorge und der Fürbitte der
Gemeinschaft, mehr als der andere, dem die Verzeihung verweigert wird
– solange, bis er Verzeihung erbitten kann.
Wenn
uns ein Mensch begegnet, so ist das niemals ein zufälliges
Zusammentreffen.
Dieser Mensch muss in unserer Gegenwart, unserm Blick, der Art, wie wir
ihn behandeln, der Art, wie wir auf der Straße an ihm
vorübergehen, eine Gottesgegenwart, lebendiges Gebet
spüren.
Jemand kommt, stets ist er mir ein Gesandter des Herrn: ob er mit einer
Botschaft kommt oder mit ausgestreckter Hand – wir sind
aufgerufen, eine Liebestat zu tun, eine Tat christlicher Liebe
.
Jeder
Umstand, dem wir im Leben begegnen, ist gottgewollt, wir sollen in die
Situation eintreten und Gott gegenwärtig machen durch unsere
Gegenwart und unser Gebet. Ob ein Leben erfolgreich ist oder nicht
macht wenig aus im Hinblick auf das Gebet.
Was auch kommen möge, vor jeder neuen Situation
können wir bitten:
Herr, gib mir Einsicht,
gib mir ein Herz, das fähig ist, zu antworten,
gibt mir den rechten Willen,
sei gegenwärtig in dem was hier geschieht.
Wenn ein anderer spricht, können wir ständig beten und den Herrn bitten, uns verstehen zu lehren, nicht nur die Worte, die ausgesprochen werden, sondern das tiefe Bedürfen, die Wirklichkeit, die sich hinter den Worten oftmals verbirgt. Und wenn die Zeit gekommen ist und der andere nicht mehr spricht, kann man so lange schweigen und beten, bis man etwas zu sagen weiß; und wenn einem dann ein Gedanke gekommen ist, der die Klarheit und Gewissheit der Dinge hat, die von Gott kommen, – dann können wir ihn vorbringen und hernach Gott bitten, er möchte für den anderen Menschen bewirken, was wir nicht zu bewirken vermögen, er möchte, wenn wir einen Irrtum begingen, ihn uns verzeihen und ihn heilen, und wenn der Mensch gegangen ist, weiter für ihn beten.
Die
Art, wie man eine Frage stellt,
die Art, wie man zuhört, wie man eine Entfaltung
möglich oder
unmöglich macht, ist so wesentlich.
Einen Menschen, der nichts zu antworten weiß und sich
schämt, – mit dem Gefühl
zurückzuschicken,
völlig versagt zu haben
- oder doch mit ein wenig Hoffnung und der Freude, jedenfalls als
Mensch angenommen worden zu sein.
Alles
kann im Gebet verankert sein.
Man kann lernen, sich der Gegenwart Gottes ständig bewusst zu
werden, mit einem klaren, lebendigen Gefühl, ihm zugewandt
bleiben; jedoch immer mit voller Aufmerksamkeit; denn es ist vielfach
Unaufmerksamkeit, die nach und nach die Wirklichkeit aller Dinge
zerstört...
Übersetzung
aus dem Englischen: Irene Hoening
hier aus St. Andreas Bote
Warum wir fasten ?
Prof.
Dr. John Breck
Charleston,USA - Paris,St.Serge
übersetzt von G. Wolf
St.Andreas-Bote
Viele
Christen haben
die überkommene Fastenpraxis aufgegeben.
In vielen heutigen westlichen Kirchengemeinschaften scheint sie
mühsam und unwesentlich.
Für diejenigen aber, die die heilende (eschatologische) und
heiligende (sakramentale) Bedeutung des Fastens schätzen, ist
es so wesentlich wie Essen und Trinken.
Warum fasten also die orthodoxen Christen ?
Für die meisten ist das Leben schon herausfordernd genug
ohne selbstauferlegte Schranken für das, was wir an gewissen
Wochentagen und während langer Perioden des Kirchenjahres
essen,
trinken und tun.
Sorgt sich Gott wirklich darum ob wir freitags Fleisch essen oder den
Kühlschrank während der Fastenzeit von Milchprodukten
befreien ?
Ist das wirklich wichtig ?
Zusätzlich haben manche noch Bedenken wegen der
Scheinheiligkeit, die das Fasten manchmal begleitet.
Wir weigern uns aus spirituellen Gründen manche Lebensmittel
zu essen,
tun aber wenig oder gar nichts dafür, unser Verhalten
gegenüber Anderen zu ändern.
Eine mit der Fastenzeit verbundene Klage (sowohl vom Hl. BASILIOS dem
Grossen,
wie vom Hl. CHRYSOSTOMOS überliefert und von Metropolit Simeon
von
der Bulgarischen Orthodoxen Kirche auch in unserer Zeit wiederholt
gelehrt,
Anm. des Herausgebers dieser Internet-Seite) fasst das mit
erschreckender Genauigkeit zusammen:
" DU ENTHÄLTST DICH DER FLEISCHSPEISE
- ABER DU VERSCHLINGST
DEINE NÄCHSTEN !"
Der Hl.JOHANNES vom Sinai hat uns die wirkliche spirituelle Gefahr
aufgezeigt, die im übermässigen Genuss liegt:
...Essen soll den Körper gesund erhalten;
aber nicht durch un-überlegte -oft von aussen
suggerierte- Wünsche
versklaven und
uns von der Sorge um unser Heil ablenken !
Die pastoralen Erfahrungen der Kirchenväter ergänzen
die biblischen Mahnungen, wie die des Hl. Apostels PAULUS:
" ... sorgt nicht so für euren Leib, dass unsinnige Begierden
erwachen " (Röm. 13,14).
Die asketische Tradition der Alten Kirche kennt mehrere Gründe
für das Fasten.
Richtiges Fasten reinigt den Körper von Giften, es erleichtert
das Gebet,
es hilft LEIDENschaften und Versuchungen zu beherrschen,
und es hilft Solidarität mit den Armen dieser Welt zu
fühlen.
Diese Tradition aber besteht auf einem Zugang zum Fasten, der heute oft
vergessen wird:
Ausgewogenheit und Masshalten.
Wir können uns zwanghaftes "Etikettenlesen" von allen
gekauften Lebensmitteln auferlegen,
nur um sicher zu sein, dass sie auch nicht eine Spur von Milch
enthalten;
wir können hungern bis unsere Gesundheit in Gefahr ist;
wir können uns hämisch freuen über unseren
"Erfolg" und die weniger Eifrigen unter uns verurteilen.
Das aber macht die Fastendisziplin zu einer Farce.
Viele Orthodoxe, die im Westen leben, stehen vor einem Dilemma, wenn
sie von Nicht-Orthodoxen eingeladen werden,
die unsere Fastenpraxis nicht kennen, oder auch von Orthodoxen, die
sich nicht darum scheren.
In diesen Fällen sind Ausgewogenheit und Masshalten besonders
gefragt.
Um Stolz auf unser Fasten zu vermeiden, ist es gesund und
vernünftig, das Gebot zur richtigen Zeit zu lockern.
" Durch die Lockerung unserer gewöhnlichen Praxis, "
rät der Hl. DIODOKOS von Photiki,
" können wir unsere Selbstbeherrschung in Demut verborgen
halten ".
Wenn wir in Gefahr sind andere mit unseren Fasten zu beleidigen, ist
der Rat des Hl. PAULUS eine gesunde Daumenregel:
" ... esst, was euch vorgesetzt wird " (1Kor 10:27)
Doch beantwortet solcher Rat nicht die Frage, warum wir gerufen
-eingeladen- sind, Fastenregeln zu akzeptieren,
sei es eine totale Abstinenz für kurze Zeit oder
eingeschränkte Nahrung während längerer
Fastenzeiten.
Evagrios Pontikos, ein georgischer Mönch, der 399 in der
Abgeschiedenheit der ägyptischen Wüste starb,
beschreibt uns die richtigen Gründe, warum das Fasten im
christlichen Leben so wichtig ist:
" Faste vor dem Herrn so gut du kannst, " rät er,
" denn damit wirst du von deinen Lastern und Sünden gereinigt;
es erhöht die Seele,
heiligt den Geist,
treibt Dämonen aus
und bereitet dich auf die Gegenwart Gottes vor
...
Sich der Nahrung zu enthalten, sollte dann deine eigene Wahl sein und
asketisches Bemühen ".
Elias, der Presbyter, ein Priestermönch des 11./12.
Jahrhunderts,
verdeutlicht dieses Ziel mit dem Bild des kommenden Reiches.
"Wer Fasten und das unablässige Gebet praktiziert,
das eine zusammen mit dem anderen,
wird sein Ziel, die Stätte aus der ´Kummer und
Seufzen entfliehen´ (Jes 35:10 LXX) erreichen ".
Fasten dient dem Heil nur wenn es in Beziehung auf das Reich Gottes
gehalten wird.
Wenn es auch dazu dienen mag den Leib zu entgiften
und uns hilft unsere Versuchungen zu Völlerei und Genusssucht
in den Griff zu bekommen,
rechtfertigt dies keineswegs ihre Strenge.
Die Fastendisziplin hat nur einen grundlegenden Zweck: uns auf das Fest
vorzubereiten.
Wir enthalten uns völlig des Essens bevor wir die Heilige
Kommunion empfangen,
nicht nur um den Bauch zu leeren,
sondern um Hunger für die wahre Eucharistie zu schaffen,
das Himmlische Mahl, das für uns bereitet wurde vor der
Erschaffung der Welt.
Das gleiche gilt für die langen Fastenzeiten unseres
Kirchenjahres.
Sie helfen sehr bei der lebenswichtigen Aufgabe, die "Zeit zu
heiligen",
Herz und Geist der überweltlichen Wirklichkeit und dem
Versprechen der erfüllten Hoffnung zu öffnen.
Fasten hat seine wahre Grundlage im gesamten sakramentalen Leben der
Kirche,
das den Gläubigen nährt und zum ewigen Leben, zu
Freude und Frieden im Himmelreich führt.
Es erhebt uns über die täglichen Sorgen unserer
irdischen Existenz,
um uns sicher auf die Flugbahn zu setzen,
die uns von diesem Leben ins nächste bringt.
Fasten ist kein Sakrament im strikten Sinne, aber es ist zutiefst
"sakramental".
Sakramental und eschatologisch, weil es unser gegenwärtiges
Leben und unser Tun heiligt,
unser Gebet -das persönliche, wie das gemeinschaftliche-
vertieft und verstärkt,
und in unserem innersten Sein einen entscheidenden Durst nach dem
versprochenen Mahl schafft, dem kommenden ewigen Fest.
Fasten ist die Mahnung, dass der Weg zur Herrlichkeit der Weg des
Kreuzes ist.
Fasten mag kleinere Unannehmlichkeiten auferlegen:
unseren Drang nach sofortiger Befriedigung enttäuschen
und uns schmerzlich daran zu erinnern, wieviele der Menschen dieser
Erde jede Nacht hungrig zu Bett gehen.
Aber das alles hat sein Gutes.
Denn diese Unannehmlichkeiten führen den Leib, den Geist und
die Seele zu dem, was wirklich wichtig ist:
zum himmlischen Jerusalem
in dem die Seele erhöht wird,
der Geist geheiligt
und die Dämonen besiegt,
und wir alle auf ewig in der Gegenwart Gottes weilen.
Quelle: http://www.holyapostles.org
* St. Andreas Bote:
Das
unbegrenzte Wort des
Vaters nahm die Grenzen der Gestalt an durch die Fleischwerdung in Dir, o Gottesgebaererin. In Dir wurde das befleckte Abbild in den urspruenglichen Zustand verwandelt und erfuellt mit der goettlichen Schoenheit des Urbilds. Wir aber, indem wir das Heil erkennen, stellen dies dar in Werk und Wort . |
Predigt von Metropolit ANTHONY
(Bloom) von SUROSH (London)
=Sunday
of Orthodoxy=
Histor.Entwicklungen
und Ikonentheologie des Hl. JOHANNES von Damaskus
Das heutige Fest kann nicht als gegen die anderen christlichen Kirchen im Westen gerichtet verstanden werden. Die Kirche im Westen und außerhalb des byzantinischen Reiches hat in dieser Zeit an den Bildern festgehalten und war so gesehen "orthodox" geblieben, waehrend der Bildersturm im Ostroemischen Reiche wuetete. Der Westen musste keinen Bildersturm erleben - aber er kennt deshalb auch keine theologische Begründungen, Richtlinien und Grenzen für religiöse Darstellungsformen.
Predigt
von Metropolit ANTHONY (Bloom) von SUROSH
Was ein Kirchenfest den Menschen von heute sagen will
Das Fest der Orthodoxie
indes wurde aufgrund eines besonderen Vorfalls
gestiftet.
Es reicht zurueck in die Zeit nach dem Siebenten Oekumenischen Konzil,
als die Orthodoxie endgueltig ueber den Bildersturm gesiegt hatte.
Worum handelt es sich dabei ? Darum, dass die Kirche das Recht und
unsere Pflicht verteidigt hat, den Ikonen Christi, der Gottesmutter und
der vielen Heiligen Verehrung zu erweisen. Damit hat sie die Wahrheit
der Inkarnation verteidigt; jene Wahrheit, dass Gott Sich Selbst
offenbart, Sich sichtbar dastellt, vielleicht nicht voellig, aber Er
zeigt Sich uns in den Bildern, die wir von Ihm geschaffen haben.
Die Liturgie des heiligen
Basilius des Grossen spricht von Christus, Er
sei das Bild der Ebenbildlichkeit, das uns den Vater offenbart. Er ist
ein vollkommenes Bild. Er -IST- die Wahrheit. Er ist vollkommener Gott
wie auch vollkommener Mensch. Ja selbst in uns ist ein Abglanz dieses
Bildes geblieben.
Nicht ohne Grund haben die Kirchenvaeter gelehrt:
Wer seinen Bruder sieht, der sieht Gott.
FASTENBRIEF 2005
der orthodoxen Bischöfe Deutschlands
Liebe Väter, Brüder und Schwestern in Christus,
für uns
orthodoxe Bischöfe, die wir Mitglieder der KOKiD sind, ist es
eine große Freude, Euch, unseren geistlichen Kindern,
an diesem Sonntag derOrthodoxie diesen Hirtenbrief zu senden, in dem
wir versuchen, eure Aufmerksamkeit auf einige bedeutende Aspekte
unseres orthodoxen Glaubens zu lenken.
Als Orthodoxe
hören wir nicht auf, immer wieder zu erklären, dass
die Orthodoxie die Kirche Christi ist, die „eine heilige
katholische und apostolische“ Kirche, die sich mit Christus
identifiziert, insofern sie sein Leib ist und er ihr Haupt (Eph 1, 23).
Als Kirche der Apostel und der Väter bewahrt die Orthodoxie
treu den Glauben, den diese formuliert und weitergegeben und
für den im Laufe der Jahrhunderte unzählige Martyrer
ihr Leben hingegeben haben.
An diesem
„Sonntag der Orthodoxie“ gedenken wir ganz
besonders unserer Brüder und Schwestern, die im Laufe des 8.
und zu Beginn des 9. Jahrhunderts unter Einsatz ihres Lebens
für die Verteidigung der heiligen Ikonen gekämpft
haben.
Das war jene Zeit, da die bilderstürmerischen Kaiser die
Ikonen zerstörten und der Kirche einen Gott ohne Angesicht,
einen fernen Gott,
einen in seiner Transzendenz verschlossenen Gott aufzwingen wollten,
was in der letzten Konsequenz eine Begegnung mit dem Menschen, seinem
in Wirklichkeit konkreten und oft unglücklichen Abbild,
unmöglich gemacht hätte.
Dies bedeutete, den Glauben selbst zu zerstören, denn im Herzen der christlichen Botschaft steht zu Recht die Inkarnation: Gott überwindet seine eigene Transzendenz und wird Mensch; in Christus, seinem geliebten Sohn, nimmt er menschliche Gestalt an, um von allen als ein naher Gott erkannt zu werden, als ein barmherziger Gott, der „jede Träne von jedem Gesicht abwischt“ (Paraklesis zur Gottesmutter).
Die Ikone Christi
– und mit ihr verbunden die Ikone der Gottesmutter und jedes
Heiligen – bezeugt wahrhaft diese unendliche Liebe Gottes,
„der seinen Sohn hingegeben hat, damit ein jeder, der an ihn
glaubt, nicht verloren gehe, sondern das ewige Leben habe“
(Eucharistisches Hochgebet). Mehr als ein bloßes sichtbares
Zeichen, das an die Nähe Gottes erinnert, ist die Ikone auch
ein Ort der Gnade, eine Gegenwart im Mysterion.
Wenn wir sie mit Glauben im Gebet verehren, versetzt uns die Ikone in
die Gemeinschaft mit Gott oder mit den dargestellten Heiligen und
überträgt auf uns die göttlichen Energien,
mit denen sie gefüllt ist. Das ist der Grund, warum unsere
Kirchen voll sind von Ikonen und Fresken, die Christus, die
Gottesmutter, die Engel, die Heiligen und auch die biblischen
Geschehnisse und jene der heiligen Geschichte darstellen.
Immer wenn wir wieder in eine Kirche kommen, haben wir das Gefühl, auf mystische Weise von den Myriaden der Engel und Heiligen umgeben zu sein, die hier gegenwärtig sind, um mit uns zu beten und um uns zu unterstützen in unseren Bedürfnissen und unseren Leiden. Wirklich, die Kirche ist die „Gemeinschaft der Heiligen“, „Gott ist gelobt in seinen Heiligen“, wie es der Psalmist David sagt. Und wir, auch wir, sind zur Heiligkeit berufen. Mehr noch, von unserer Taufe an sind wir heilig. Zwar muss diese Heiligkeit der Taufe immer wieder durch eine persönliche Anstrengung aktualisiert werden,eine Anstrengung, die oft sehr schwer zu erreichen ist. Denn es ist nicht immer leicht zu beten, zu fasten, regelmäßig an der Göttlichen Liturgie teilzuhaben oder seine schlechten Gewohnheiten zu überwinden, um dahin zu kommen, dass wir Gott lieben aus ganzem Herzen und den Nächsten wie uns selbst. Das christliche Leben ist ein alltäglicher asketischer Kampf, ein Kampf gegen die dämonischen Mächte, die versuchen, uns fernzuhalten von Gott, uns dazu zu bringen, die Liebe Gottes für uns zu ignorieren und zu leben, ohne auf sie zu achten.
Aus diesem Grunde vergleicht der hl. Paulus das Leben des Christen mit den Athleten, die sich eine strenge Askese auferlegen, um so eine vergängliche Krone zu erlangen. Eine solche Askese ist von daher noch viel notwendiger, um das ewige Leben zu erlangen. In unserem Kampf gegen die bösen Leidenschaften, die von den Dämonen gefördert werden, nehmen das Gebet und das Fasten einen ganz zentralen Platz ein. Der Herr selbst belehrt uns, dass man sich nicht von der Herrschaft der bösen Geister befreien kann, außer durch das Gebet und das Fasten (vgl. Math 17, 21). Die Orthodoxe Kirche ist in besonderer Weise eine Kirche des Gebetes und der Askese.
Unsere Väter im Glauben haben uns ein reiches liturgisches Erbe hinterlassen, eine tiefe mystische und asketische Tradition, die immer aktuell ist, denn sie antwortet auf die Bedürfnisse und die Forderungen jedes Menschen, der Gott sucht.
Besonders die Göttliche Liturgie, die durch ihre Schönheit „der Himmel auf Erden“ ist, muss sich im Zentrum des Lebens eines jeden Christen befinden. An der Göttlichen Liturgie regelmäßig, wenn möglich jeden Sonntag, teilzunehmen, ist schon eine Askese, zumal unsere Gottesdienststätten sich oft weit entfernt von unseren Wohnungen befinden. Jeden Tag so viel wie möglich zu beten und besonders sich auch zu bemühen, die Qualität seines Gebetes zu steigern, d.h. mit voller, im Herzen konzentrierter Aufmerksamkeit zu beten, wie uns die Väter lehren, ist ebenfalls eine große Askese, so wie auch das Fasten, sei es nun das eucharistische Fasten oder das Fasten an den Mittwochen und Freitagen oder in den Fastenzeiten des Jahres.
Wir haben jetzt die Große Fastenzeit begonnen, die uns vorbereitet auf das Fest der Auferstehung des Herrn. Es ist eine Zeit der Buße, der Wiederversöhnung mit Gott und unserem Nächsten durch die Beichte unserer Sünden vor dem Priester. Das Fasten, das wir während dieser Zeit ein jeder gemäß seiner eigenen Kräfte praktizieren, hilft, in uns den Kampf der Leidenschaften zu besänftigen, den Geist zu reinigen und uns zu helfen, dass wir uns auf das Herz konzentrieren. So wird das Gebet, das vom Fasten begleitet ist, immer mehr zu einem reinen Gebet werden, ohne andere Gedanken als nur die Gedanken an Gott. Fasten bedeutet auch, dass wir unsere Güter mit unseren Brüdern teilen, die sich in Not befinden.
Somit haben also unser Gebet und all unsere asketischen Anstrengungen zum Ziel, dass wir die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten erlangen. Ein Heiliger wird gerechterweise der genannt, in dem die Liebe alles überwindet, jeden Hass und jede schlechte Leidenschaft. Der Heilige triumphiert sogar durch die Gnade über seine eigene Natur; er ist ein umgestalteter Mensch, ein befriedeter Mensch, ein geeinter Mensch, der in sich die ganze Menschheit und den ganzen Kosmos vereint. Im Heiligen verehren wir zu Recht das heiligende Werk Gottes, denn letztlich ist alles Gnade. Und jede Ikone, der wir begegnen, ist eine Einladung zur Heiligkeit.
Wir wünschen Euch allen ein gesegnetes Fasten und rufen den Segen
des Herrn auf Euch, auf Eure Kinder und Eure Familien herab.
Berlin, am Sonntag der Orthodoxie 2005
+ Metropolit
AUGOUSTINOS von Deutschland
Griechisch-Orthodoxe
Metropolie von Deutschland
+ Metropolit
GABRIEL von West- und Mitteleuropa
Metropolie
der Griechisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien für West- und
Mitteleuropa
+ Metropolit
SIMEON von West- und Mitteleuropa
Bulgarische
Diözese von West- und Mitteleuropa
+ Erzbischof
LONGIN von Klin
Ständige
Vertretung der Russischen Orthodoxen Kirche in Deutschland
+ Erzbischof
FEOFAN von Berlin und Deutschland
Berliner
Diözese der Russischen Orthodoxen Kirche des Moskauer
Patriarchats
+ Bischof
KONSTANTIN für Mitteleuropa
Serbische
Orthodoxe Diözese für Mitteleuropa
+ Metropolit
Dr. SERAFIM von Deutschland, Zentral- und Nordeuropa
Rumänische
Orthodoxe Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa
+ Erzbischof
IOAN von Parnassos
Ukrainische
Orthodoxe Eparchie von Westeuropa
+ Metropolit
ABRAHAM von Westeuropa
Westeuropäische
Diözese der Georgischen Orthodoxen Kirche
+ Erzbischof
GABRIEL von Komana
Exarchat
der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa
Fastenbotschaft 2006 Naechstenliebe
Historische Argumente und Entwicklungen
im "Bilderstreit"
und die
Ikonentheologie des Hl. JOHANNES von Damaskus
Die
Bilderstürmer (Ikonoklasten) störte an den
Bilderfreunden
(Ikonodoulen) nicht nur Mißbrauch oder Übertreibung
der
Bilderverehrung, sondern es spiegelt sich in dieser Auseinandersetzung
die Endphase eines langen Ringens um die richtige Christologie.
Die Ikonoklasten meinten, dass die göttliche und die
menschliche
Natur in der Person Christi doch nur geglaubt, aber nicht abgebildet
werden könne. Wer die menschliche Natur aber isoliert
darstellen
wolle, versündige sich gegen die Doppelnatur Christi. Die
Vorstellung, die in Christus vorhandene göttliche Natur habe
den
Vorrang, und anstelle der menschlichen Seele habe der Logos dominiert
fand ihren Ausdruck in der Meinung Christus sei eine reale Vermischung
(Realmonophysitismus).
Dagegen hat sich das Konzil von Nicaea 325 gewendet.
Das 4. Allgemeine Konzil von Chalkedon hat 451 die Lehre von den beiden
selbständig und komplett in Christus vorhandenen Naturen
(Duophysitismus) nochmals betont und erneut als Glaubensbekenntnis
festgelegt. In den orientalischen Regionen des Römischen
Reiches
wurde am Monophysitismus dennoch festgehalten. In der
Äthiopischen
Kirche, in der Syrisch-orthodoxen Kirche und in der Koptisch-orthodoxen
Kirche haben sich Formen des Monophysitismus bis heute erhalten. In
welchem geistigen und theologischen Umfeld Christusbilder oder andere
religiöse Darstellungen zu rechtfertigen seien und wie sie
verstanden werden sollten, war noch nicht wirklich durchdacht oder
definiert. In der Bilderfrage drifteten der Osten und der Westen immer
weiter auseinander, und aus politischen Gründen kam es im 8.
Jahrhundert in der geographischen Mitte der damaligen Christenheit, im
Oströmischen - von uns heute Byzantinisch genannten - Reich
zum
Eklat.
Der sogenannte "Byzantinische Bilderstreit"entwickelte
sich
rasch von einer Theoriediskussion zum Bürgerkrieg
(Ikonoklasmus,
von klazo = ich zerstöre). Was jahrhundertelang eine
theologische
Kontroverse und ein theoretischer Konflikt war, triftete aus
politischen Gründen auf einen Bilderstreit zu, der sich zum
Bürgerkrieg entwickelte.
Der richtige Glaube war damals noch nicht zur Privatsache
abgewertet, theologische Fragen nicht nur ein Diskussionspotential
für Gebildete.
Die richtige Interpretation des Christentums war ein reales Anliegen
für jeden Bürger.
Grundlage für den byzantinischen Staat war das
römische
Gesetz "Cunctos populos" aus dem Jahre 380: Wer nicht den rechten
Glauben hat (Häretiker), kann nicht Reichsbürger
sein.
Nachdem Kalif Jezid II. 721 alle Bilder aus Kirchen und
Öffentlichkeit in seinem Herrschaftsbereich hatte entfernen
lassen
breitete sich diese materiefeindliche Ansicht auch unter den
Intellektuellen im byzantinischen Herrschaftsbereich aus und Kaiser
Leon III. (717—741), selbst aus Kleinasien stammend, wo schon
im
7. Jahrhundert verstärkt bilderfeindliche Tendenzen
ausgebrochen
waren, ordnete 726 erste Zerstörungen von religiösen
Bildern
an, eine Versammlung kaisertreuer Beamter formulierte die theologische
und juristische Verurteilung der Bilder.
Ein kaiserliches Edikt erklärte 730 den Bildergebrauch als
strafbar. Patriarch Germanos von Konstantinopel, der dagegen
protestierte, wurde abgesetzt, sein orthodoxer Nachfolger enthauptet.
Auch Papst Gregor III., der schon damals den später "orthodox"
genannten Standpunkt vertrat, exkommunizierte alle Ikonoklasten.
Mittelitalien schied aus dem Reich des Kaisers aus. Loyalität
zum
Kaiser stand gegen Freiheit der Kirche.
Unter Konstantin V. (741-775) wandte sich die gesteigerte gewaltsame
Verfolgung auch gegen die Verehrung der Heiligen und der Gottesmutter,
Moenche wurden zur Heirat gezwungen, Klöster zu Kasernen
missbraucht. 50 000 griechische Mönche flohen nach Italien, an
die
nicht von Byzanz beherrschten Küsten des Schwarzen Meeres,
Zypern,
Syrien und Palästina. Der Kaiser berief gleichgesonnene
kirchliche
Würdenträger zu einem Konzil in seinem Palast.
Erwartungsgemäß wurden die Bilder verurteilt und
ihre
Zerstörung angeordnet. 766 mußten sich alle
Bürger
durch Eid verpflichten, einem Bild nie wieder die Proskynese zu
erweisen.
Zwei Themenbereiche mußten geklärt werden, bevor das
Ringen
um die "Rehabilitierung" der Bilder wieder aufgenommen werden konnte:
Welches ist das richtige Bild Christi?
Welche Verehrung kommt wem zu?
Zu groß war die Befürchtung, das Bild selbst
könne
Gegenstand der Verehrung sein. Im antiken Denken war im
Götterbild
die Kraft der Gottheit, mancher mochte das Abbild selbst für
das
Urbild halten.
Schon im 2. Jh. hatte sich Kirchenvater Klemens von Alexandrien
darüber Gedanken gemacht:
"Ist das Urbild nicht gegenwärtig, kann das Ebenbild denselben
Glanz ausstrahlen.
Ist die Wirklichkeit jedoch präsent, wird selbst das Bild noch
von ihrem Glanz übertroffen;
die Ähnlichkeit bleibt jedoch bestehen, enthüllt sie
doch die Wahrheit."
Ein ganz entscheidendes, weil bis dahin nie geklärtes Problem
mußte weiterhin die Frage sein, an wen sich die vor den
Bildern
offensichtlich Verehrung wendete. Das Risiko war zu groß,
daß die kultische Verehrung, die Gebete, der Weihrauch oder
das
sich Niederwerfen (Proskynese), die ja nur dem Urbild zukommen konnte,
allmählich auf das Abbild übergehen konnte.
Die Verteidiger und Freunde der Bilder (Ikonodoulen) wehrten sich gegen
den Vorwurf des "Holzanbetens", und der Bischof von Rom wurde ihr
Wortführer. Papst Gregor II. (715-731) hat in zwei Synoden die
bilderfeindlichen Bestrebungen zurückweisen lassen und sich
deswegen mit Kaiser Leon III. heftig überworfen. Den
kaiserlichen
Vorwürfen entgegnete er:
"... Ihr
sagtet: ,Steine und Wandbewurf
betet ihr an!´
Nicht so ist es, o Kaiser, wie Ihr behauptet.
Wir verehren die Bilder, weil sie uns Denkhilfe und Anregung sind, und
weil sie unser erdhaftes, sinnengebundenes Denken zur Höhe
ziehen
- und deshalb haben sie ihren Namen und Gebetsinschriften und Formen.
Wir aber beten sie nicht an als Götzenbilder, wie Ihr
behauptet; ferne sei das.
Denn wir gründen unsere Hoffnung nicht auf sie, sondern wenn
wir ein Bild des Herren anschauen, beten wir:
"Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme Dich unser und rette uns!"
Und beim Anblick des Bildes seiner heiligen Mutter sagen wir:
"Heilige Gottesgebärerin, Mutter des Herren, flehefür
uns bei
Deinem Sohn, unserem wahren Gott, dass er unsere Seelen rette!"
Und vor einem Märtyrerbild:
"Heiliger Stephanus, Du Erzmärtyrer, Du hast für
Christus
Dein Blut vergossen und darfst darum freimütig zu ihm
sprechen,
bitte für uns!"
So beten wir vor den Bildern aller Blutzeugen, solche und
ähnliche
Gebete senden wir zum Himmel durch ihre Fürbitte...
Für die Ikonoklasten war die Eucharistie die einzig legitime
Abbildung Christi. Die Ablehnungen der bilderfeindlichen Synode 754
kreisen um das Christusbild und gipfeln in der Feststellung und im
Vorwurf, daß ein ehrgeiziger Maler zwar nach
künstlerischen
Vorstellungen den menschlichen Körper Christi darstellen
könne, nicht aber dessen unsichtbare und damit nicht
abbildbare
göttliche Natur. Sollte er diese beiden vermischen wollen,
werde
er zu einem Häretiker. Dies war auch eine deutliche Abgrenzung
gegen monophysitische Vorstellungen.
Während der folgenden langen Auseinandersetzung versammelten
sich
die Bilderfeinde (Ikonoklasten) zu einem Konzil 754 in Hiereia
(Kleinasien). Wichtigster Kritikpunkt war die unwiderlegbare Tatsache,
daß das Nebeneinander der göttlichen und
menschlichen Natur
in Christus (Duophysitismus) nicht bildhaft wiedergegeben werden
könne, und sie erhoben gegen die Maler den entscheidenden
Vorwurf
(can.252):
"Ein solcher ,Linksmaler' hat ein Bild (eikon) gemacht, es Christus
genannt. Und dieser, Christus' ist göttlicher und menschlicher
Natur?
Und im übrigen hat er entweder nach dem Gutdünken
seines
vergeblichen Trachtens das Unumschreibbare der Gottheit mit der
Umschreibbarkeit des geschaffenen Fleisches zusammen umschrieben, oder
er hat jene unvermischte Einheit, damit der Widergesetzlichkeit der
Vermischung schuldig werdend, vermischt.
So hat er folglich zwei Blasphemien begangen - die der Umschreibung und
die der Vermischung.
Diesen beiden Blasphemien fällt nun auch derjenige anheim, der
das Bild mit Proskynese verehrt..."
"Gott ist Geist, und alle, die ihn anbeten, müssen im Geiste
und in der Wahrheit anbeten." [Joh 4,24]
Ferner:
"Niemand hat Gott je gesehen" [Joh 1,18] und
"Ihr habt weder seine Stimme gehört, noch seine Gestalt
(eidos)
gesehen " [Joh 5,37] und die Schrift preist alle selig, die da glauben,
obwohl sie ihn nicht sehen. [Joh 20,29]
Auch im Alten Testament hat Gott zu Moses und dem Volk gesprochen:
"Du sollst dir
kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgend etwas am Himmel
droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde"[Ex 20,4] denn
auf dem Berg (Sinai) "sprach (der Herr) zu euch mitten aus dem Feuer"[Deut 4,12]
, doch "ihr habt weder seine Stimme gehört, noch seine Gestalt
je gesehen."[Joh
5,37]
"Sie dienen einem Abbild und
Schatten der himmlischen Dinge"[Hebr 8.5]
und wiederum: "Auch wenn wir früher Christus nach menschlichen
Maßstäben eingeschätzt haben, jetzt
schätzen wir
ihn halt nicht mehr so ein"[2.
Kor 5,16],
"denn als Glaubende gehen wir unseren Weg, nicht als Schauende."[2. Kor 5,7]
Schliesslich hat derselbe (Paulus) beweiskräftig gesprochen:
"So gründet der Glaube in der Botschaft, die Botschaft im Wort Christi."[Rm 10,17]
Religiöse Bilder aller Art wurden zerstört, in den Kirchen die vorhandenen Dekorationen entfernt und durch bildlose Dekorationen abgelöst. Unter Kappadokiens Höhlenkirchen sind nicht wenige aus der Zeit des Bilderkampfes erhalten und zeigen die bildlose Malerei der Ikonoklasten, allen voran die Barbarakirche in Göreme. Unter dem etwas gemäßigteren Kaiser Leon IV. (775-780) waren die Auseinandersetzungen mehr dogmatischer Art. Nach seinem Tod berief seine bilderfreundliche Witwe, Kaiserin Eirene, nach mühsamem Zurückdrängen der auf Mönchsfeindlichkeit eingeschworenen Armee gemeinsam mit dem späteren Patriarchen Nikephoros 787 zu einer Synode in der altehrwürdigen Konzilsstadt Nicäa, in der die Bilder rehabilitiert wurden.
"Wir verlangen eindeutig und ausdrücklich, daß die ehrwürdigen und heiligen Ikonen ausgestellt werden wie das Bild des ehrwürdigen und heilbringenden Kreuzes selbst..."
Die Bilderfreunde (/Ikonodoulen) trafen sich. Auf diesem 7. allgemeinen Konzil wurde die inzwischen erarbeitete Bildertheorie des arabischen Mönches Johannes von Damaskus (ca. 650-750) zur Basis einer Theologie der Ikonen.
Die Bilderfeinde kannten die Positionen des wortgewaltigen Mönches aus Damaskus, er ist ihr Hauptgegner, ihn trifft ihr Bannfluch am heftigsten.
Johannes war
bereits gestorben, konnte seine Positionen nicht selbst vertreten.
Theodor, Abt des Studion-Klosters in Konstantinopel, wurde der
Wortführer auf dem Konzil und betonte die Ideen des Johannes
durch
eigene Vertiefungen. Johannes entkräftete zunächst
die
Bezugnahme auf das Alte Testament mit den Hinweisen,
- dass auf Gottes Geheiß an der Bundeslade
Bilder angebracht worden sind (Ex 25,18-22; Hebr 9,5)
- ebenso auf dem Vorhang des Tempels (Ex 26,31 und
36,8).
Das Hauptargument für Johannes von Damaskus war die Menschwerdung. Christus könne nicht durch Symbole, sondern nur durch seine menschliche Gestalt dargestellt werden. Seine Darstellung könne sein ewiges Bild im Sinne einer höheren Wahrheit spiegeln. Christus sei freiwillig Mensch geworden, deshalb sei es weder unmöglich noch respektlos, seine menschliche Gestalt abzubilden.
Die Inkarnation war das Hauptargument für die Rechtfertigung einer religiösen Bildkunst. Gottvater könne und dürfe aus diesem Grund allerdings nicht abgebildet werden. Johannes gibt den Bilderfeinden unumwunden zu, daß die nicht sichtbaren Glaubenswahrheiten auch nicht bildhaft dargestellt werden könnten. Aber: Alle seine Zeitgenossen hätten den historischen Jesus als Menschen gesehen, einige hätten aber glaubend seine nicht sichtbare Göttlichkeit erkannt. In seiner Verteidigungsrede für die Bilder argumentiert er:
"Ein Bild ist wirklich ein Abbild und Beispiel, ein Abdruck eines in ihm gezeigten Abgebildeten...
... daher habe ich den Mut, vom unsichtbaren Gott ein Bild anzufertigen, nicht als Unsichtbaren, sondern als um unsretwillen durch die Anteilnahme an Fleisch und Blut sichtbar gewordenen. So bilde ich nicht die unsichtbare Gottheit ab, sondern das Fleisch Gottes, das gesehen worden ist.
Wenn es schon unmöglich ist, die Seele abzubilden, wieviel mehr erst Gott, der auch der Seele das Nichtmaterielle verliehen hat..."
Interessant ist
ein Blick auf die historische und topographische Konstellation: Um in
einer bedrohlichen Phase der islamischen Angriffe die bilderfeindlichen
Provinzen ans Reich zu ketten und um sie nicht in die Arme des Kalifen
zu treiben, der ihnen problemlos Religionsfreiheit hat in Aussicht
stellen können, war der syrische Kaiser Leon III. auf eine
reichsweite Bilderfeindlichkeit eingeschwenkt, was den Vorwurf der
islamischen Infiltration begründet.
Im Gegensatz dazu lebte und lehrte Johannes von Damaskus in einem
Kloster in Jerusalem, das seit 637 unter islamischer Herrschaft stand
und in dem die Christen ihren Ideen nachgehen konnten, ohne das
Eingreifen eines sie reglementierenden christlichen Kaisers
fürchten zu müssen. Die Freiheit zur Widerrede gegen
den
christlichen Kaiser und zur Verteidigung der Bilder konnte Johannes nur
im bilderlosen islamischen Kulturkreis genießen.
Später hatten die Mönche des Studion-Klosters in
Konstantinopel unter ihrem Igumen, dem Hl. Theodor viel
Überzeugungsarbeit zu leisten um das durch die Propaganda der
Bilderstürmer verdorbene Konstantinopel zu
überzeugen. Noch
einmal flammte die Terrorherrschaft der bilderfeindlichen
Mächte
auf, die Mönche von Studion wurden 809 vertrieben und
verbannt,
konnten aber bald wieder zurückkehren. Noch 815 berief ein
bilderfeindlicher Kaiser ein ikonoklastisches Konzil in die Hagia
Sophia ein, ersetzte willkürlich den mutigen Patriarchen
Nikephoros und weitere 28 Jahre wurden Ikonen vernichtet und versucht
die Kirche mit dem Gewalt einer Schreckensherrschaft dem Diktat des
Kaisers zu unterwerfen. Klöster wurden geschlossen,
Mönche
terrorisiert, Ikonenmaler misshandelt; z.B. dem Mönch Lazarus
beide Hände im Feuer verbrannt.
Erst unter Kaiserin Theodora wurde 843 das Konzil von 787
bestätigt und am 11. März, dem 1. Fastensonntag,
verkündet. Die kaiserliche Macht erkannte endgültig
das Recht
der Kirche auf die selbstständige Regelung ihrer
religiösen
Angelegenheiten an.
Die Bildertheologie des Johannes wurde die Basis für die
Rechtfertigung des Bildergebrauchs und Entscheidungsgrundlage
für
die Konzilsväter. Die entscheidenden Passagen des
Konzilsbeschlusses von 787 lauten:
"... Die Verehrung des Bildes (eikon) geht nämlich auf das Urbild (prototypos) über, und wer das Bild verehrt, verehrt die Hypostasis dessen, was in ihm eingeschrieben ist.
Damit wird die Lehre unserer heiligen Väter bestätigt und gleichermaßen die Tradition der Katholischen Kirche, welche das Evangelium von einem Ende (der Welt) zum anderen aufgenommen hat. Somit folgen wir Paulus, der in Christo geredet hat, dem ganzen göttlichen Kreis, und den heiligen Vätern, indem wir die Überlieferungen bewahren, welche wir empfangen haben. So singen wir der Kirche prophetische Siegeshymnen:
'Juble, Tochter Zion! Jauchze, Israel! Freu dich und frohlocke von ganzem Herzen, Tochter Jerusalem. Der Herr hat das Urteil gegen dich aufgehoben und deine Feinde zur Umkehr gezwungen. Der König Israels, der Herr, ist in deiner Mitte; du hast kein Unheil mehr zu fürchten.'
Und Friede wird über dir sein bis in ewige Zeit.
Wir ordnen an, daß diejenigen, die es wagen, etwas anderes zu denken oder zu lehren oder die gegen die offenkundigen Häretiker (gerichteten) kirchlichen Überlieferungen zu verwerfen oder irgendwelchen Zusatz hinzuzusinnen, oder etwas von den kirchlichen Weihegegenständen wegzuwerfen - ein Evangeliar, ein Kreuzzeichen, eine bildliche Darstellung oder eine heilige Märtyrerreliquie - oder ränkevoll und böswillig etwas hinzufügen, um einen Punkt der rechtskräftigen Überlieferung der katholischen Kirche umzustürzen, und zwar besonders, um die kirchlichen Kleinodien oder die frommen Klosterstiftungen zu verstaatlichen, wenn sie Bischöfe oder Kleriker sind, zu entfemen, Mönche und Laien aber von der Kommunion (koinonia) auszuschließen...
Das heilige Konzil akklamierte:
Wir alle glauben so, wir alle denken dasselbe, wir alle haben mit unserer Zustimmung unterschrieben.
Dies ist der Glaube der Apostel, dies ist der Glaube der Rechtgläubigen.
Dieser Glaube fundiert die Oikumene.
Im Glauben an den einen Gott, der in der Dreifaltigkeit besungen wird, küssen wir die verehrungswürdigen Ikonen.
Diejenigen, die es nicht so halten, sind verdammt ...
Diejenigen, die nicht so denken, sind weit aus der Kirche entfernt."
In den zwei entscheidenden Problemkreisen war ein Kompromiß gefunden:
Zum einen war das für die Bilderfrage
bisher unlösbare Dilemma des Duophysitismus nunmehr
lösbar:
Das Bild gibt zwar nur die menschliche Natur wieder, kann aber dennoch
akzeptiert werden, weil die nicht abbildbaren göttlichen
Anteile
dazu gewußt und ergänzend geglaubt werden. Der nicht
bildhaft sichtbare Glaubensakt drückt sich in den bekennenden
Inschriften aus. Das Göttliche erheischt eine Abbildung. Sie
gehört zu ihm wie der Schatten zu seinem Körper.
Im Umkehrschluß wäre ein Verbot der Bilder und ihrer
Verehrung eine Leugnung des sichtbar gewordenen Christus.
Theodor von Studion formulierte:
"Insofern Christus von einem unumschreibbaren Vater herkommt, kann er kein Kunstbild haben, weil er unbeschreibbar ist. In der Tat, welchem Bilde hätte die Gottheit, deren Darstellung in der Heiligen Schrift vollkommen verboten ist, gleichgestellt werden können? Insofern aber Christus von einer beschreibbaren Mutter geboren wurde, hat er natürlicherweise eine Darstellung, die dem mütterlichen Bilde entspricht. Und wenn er kein Kunstbild hätte, wäre er auch nicht von einer beschreibbaren Mutter geboren und hätte also nur eine Geburt - nämlich vom Vater. Dies aber wäre eine Umstürzung seines Heilsplanes."
Diese Überzeugung fand 843 Eingang in die Texte der Orthodoxie.
Zum anderen war entscheidend, daß die längst überfällige und letztlich konfliktauslösende Frage jetzt endlich ein für allemal geklärt wurde: Die vor den Ikonen vollzogene Verehrung und Kniefall (proskynesis) durch die Gläubigen gilt nicht den Holztafeln, sondern dem Urbild, geschieht nicht im Hinblick auf die Materie, sondern im Hinblick auf den Dargestellten. Die Wirkkraft des Abgebildeten ist immer im Bild. Es gibt eine Einheit von Urbild und Abbild nach Form und Ähnlichkeit. Die Anbetung (latreia) ist alleine Gott vorbehalten.
Der christliche Westen hat sich zunächst vehement für die Bilder ausgesprochen, z. B. der Diakon Epiphanius aus Catania.
Vergleiche der Ikone mit dem Andachtsbild westlicher Ausprägung machen die essentiellen Unterschiede deutlich:
Ziel der Ikone ist es, die heiligen Überzeugungen in allgemein verbindliche Bilder umzusetzen.
-
Ziel des Andachts-Bildes ist es, den Betrachter durch wie immer
geartete Gestaltungsmöglichkeiten möglichst
"andächtig"
zu machen, d. h. er soll an die illustrierten Geschehnisse erinnert
werden und emotional in sie eindringen bzw. an ihnen beteiligt sein.
Die Ikone basiert auf den Berichten glaubwürdiger Zeugen und auf den Richtigstellungen erleuchteter Konzilsväter.
-
Der Künstler, der ein Andachts-Bild malt, kann neue
Formulierungen zur Steigerung der Wirkung "cre-ieren".
Themenauswahl und Bildkomposition, Repräsentation der Einzelfiguren, Gestaltung der äußeren Erscheinungen der Ikone müssen die kanonischen Traditionen fortsetzen. Neu angefertigte Werkstücke müssen die Vorbilder der Vorlagen fortsetzen.
-
Der Künstler des Andachts-Bildes beweist seinen
Einfallsreichtum
und seine künstlerische Kreativität durch
ansprechende
Neuformulierungen des Themas.
Den Ikonenmaler bewegt eine mystische Teilhabe an der in Gebet und Schriftlesung geschauten verklärten Welt.
-
Der Künstler des Andachtsbildes bedient sich seiner Phantasie.
Die künstlerische Freiheit des
Ikonen-Schreibers ist in dem Satz der Heiligen Schrift zusammengefasst:
"Wo der Geist des Herrn wirkt, da ist Freiheit." 2 Kor 3,17
-
"Künstlerische Freiheit" im durchaus weltlichen Sinne ist die
Grundlage des Gestaltungsprozesses für das Andachts-Bild des
Westens.
(Unter Verwendung der Auszüge die der Religionspaedagoge Horst Leps aus den Seiten 15 –20, 29, 51+52 unter Weglassung der Fußnoten, aber Ergänzung der Bibelstellen aus der Einleitung des Ausstellungskatalogs "Ikonen des Ostens - Kultbilder aus fünf Jahrhunderten", herausgegeben vom Erzbischöflichen Ordinariat Bamberg, St. Otto Verlag Bamberg, Copyright 1998 Erzbischöfliches Ordinariat Bamberg, Hauptabteilung Kunst und Kultur, Autor: Kurt Ruppert, Bamberg, erstellt hat)
2. Sonntag der grossen voroesterlichen FASTEN
Lesung: Hebr. 1:10 - 2:3 EVANGELIUM: Mk. 2: 1 - 12 |
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Hl.GREGOR
Palamas
Predigt
Erzbischof LEONID zum Fest
Zunächst von der Gelehrsamkeit
des Ostens durch die
Erkenntnislehre des Dionysios Aeropagita fasziniert kam der
humanistisch gesinnte Mönch Barlaam in den Osten und stieg
bald
zum Hoftheologen des Kaiserhofes in Byzanz auf. Bald begann er die
Gebetspraktiken des Herzensgebetes der östlichen
Mönche zu
verspotten und zu bekämpfen.
Es ging den Mönchen den Zugang
zum ungeschaffenen Licht
Gottes,
das Erspüren der Energiewirkung Gottes, nicht als subjektive
Einbildung abtun und so verschütten zu lassen. Obwohl es ihm
zunächst nur Gefangennahme und Ausstoss aus der Kirche durch
einen
humanistischen Patriarchen einbrachte und er erst mehr als 5 Jahre
durch das Konzil von 1351 rehabilitiert wurde, setzte der Hl. GREGOR
Palamas die Unterscheidung zwischen dem unfassbaren Wesen Gottes und
Seinen erfahrbaren Energien durch.
Apophasis heisst Verneinung.
Apophatisch von Gott zu reden wird durch
den Versuch der Gotteserkenntnis durch menschliche Vernunft und
Welterfahrung ausgelöst. Es bedeutet, von Gott zu sagen, wie
Er
nicht ist: Er ist nicht begrenzt, nicht endlich, nicht
vergänglich
- also unbegrenzt, unendlich, unvergänglich u.s.w.
Dies ist die Absage an den
erkenntnistheoretischen "Realismus" der
westlichen Skolastik (Thomismus, Skotismus).
Die beiden Positionen dürfen
nicht fundamentlistisch
gegeneinander
gesetzt werden. Heilswichtig ist es hingegen die beiden Sichtweisen
stets gleichzeitig anzuwenden und damit nicht den
Trugschlüssen
der Begrenztheit menschlicher Vernunft zum Opfer zu fallen:
Wir
reden vom Wesen Gottes nicht anders als in Bildern und
Gleichnissen aber wir reden immer von heilswirksamer Realität,
wenn wir von Seiner Offenbarung und Seinen Heilsmysterien reden.
So wird Theologie zur geistlichen Medizin, derer die Menschheit unserer Zeit -gleichzeitig im Dilemma vom Wahn der "Allmachbarkeit" gefangen und gleichzeitig der absolut entwertenden Orientierungslosigkeit verfallen- im besonderen Maße bedarf.
Predigt
von
Erzbischof LEONID von Riga und Lettland
in der zweiten Woche der großen Fasten
*Quellenhinweis*
Christus lehrte in einem Haus das Volk. Über Ihn, den großen Wundertäter, hatte sich schon überall die Kunde verbreitet, und eine Menge Volks kam zu Ihm. Das Haus war so dicht umlagert, daß es unmöglich war, einzutreten und zu Jesus zu gelangen. Und siehe, vier Männer trugen einen Gichtbrüchigen herbei, der sich nicht selbst bewegen konnte, auch nicht die Kraft hatte, von seinem Bett aufzustehen. Sie wollten unbedingt zu Jesus gelangen, sie wollten mit Ihm zusammentreffen, um die Heilung des Kranken zu erbitten.
Die Hoffnung brannte im Herzen. Wenn man nur durchgehen könnte, wenn man Ihn nur sehen könnte . . . So stark war ihr Glaube an den Herrn, und so stark war die Hoffnung, daß Er dem Kranken helfen würde, daß kein Hindernis sie davon abhalten konnte. Sie kletterten auf das Dach des Hauses, öffneten die Decke und ließen von dort das Bett mit dem kranken Gichtbrüchigen zu Jesu Füßen herab. Als Jesus diesen Glauben der Männer sah, heilte Er den Gichtbrüchigen und vergab ihm seine Sünden, die offensichtlich die Ursache seiner Krankheit waren. Und der Kranke, der vorher nicht einmal die Möglichkeit hatte, sich zu bewegen, stand auf, nahm sein Bett und ging hinweg. Dadurch versetzte er alle, die sich daselbst befanden, in Erstaunen, so daß sie Gott um des großen Wunders willen verherrlichten.
Nicht ohne Absicht bietet uns die heilige Kirche diese Evangelienlesung in den Tagen der großen Fasten an, in den Tagen der Buße und des Gebetes um die Vergebung unserer Sünde. Auch unsere Seele gleicht dem Gichtbrüchigen aus dem Evangelium: Die Sünden ketten sie so an die Erde, daß sie sich selbst nur mit Mühe auf dem Weg des Guten bewegen kann. Allein die heilbringende Hilfe Gottes kann uns die Kraft geben, auf dem Weg der göttlichen Gerechtigkeit zu wandeln. Wie aber schüttelt man dieses Joch ab, das uns umgibt, und die uns bedrückenden irdischen Mühen, Sorgen und Bindungen, die uns vom Herrn abdrängen ? Wie kann es geschehen, daß wir Sünder, verdunkelt durch Makel und Leidenschaften, dieser Barmherzigkeit des Herrn, der umgeben ist von unzählbaren himmlischen Kräften und der Schar der Heiligen Gottes, für würdig befunden werden? Wie nähern wir uns diesem Licht und dieser Heiligkeit ? Das heute verkündete Evangelium zeigt uns den Weg. Seht, wie groß der Glaube des Kranken und derer war, die ihn hinzutrugen, wie stark war ihre Hoffnung auf Heilung! Sie überwandten alle Hindernisse und erlangten Heil.
So
auch wir - wenn lebendiger Glaube an den Herrn in uns glüht,
wenn
wir unverrückt auf Seine Barmherzigkeit hoffen und so fest
unsere
Heiligung begehren, daß wir alle Hindernisse, Anfechtungen
und
Versuchungen überwinden. Wo immer wir uns von dem entfernen,
was
uns zur Sünde zwingt und hinabzieht - wird auch uns nach
unserem
Glauben geschehen. Der Herr ist gütig und barmherzig, Er
erhört unsere inbrünstigen Gebete und
erfüllt unsere
innigsten Wünsche gnädig. Wie den
Gichtbrüchigen reinigt
Er uns von den Verfehlungen und hilft zu einem guten Leben in Christi
Nachfolge.
Amen.
Aus
STIMME der ORTHODOXIE
Zeitschrift der Berliner Diözese der Russischen Orthodoxen
Kirche (Patriarchat Moskau)
http://members.aol.com/StimmeOrth
3. Sonntag der grossen voroesterlichen FASTEN
Lesung: Hebr. 4:14 - 5:6 EVANGELIUM: Mk. 8:34 - 9:1 |
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In der Mitte der Fastenzeit verehren wir das Heilige, das lebenbringende und uns daher so kostbare Kreuz des Herrn. Nicht einem Stück Holz gilt die Verehrung sondern dem Herrn Selbst, dem Gekreuzigten und Auferstandenen !
Orthodoxe
Kreuzesverehrung
Am fruehen Morgen
gehen wir zu Dir,
und preisen Dich in Hymnen,
Heiland der Welt,
da wir den Frieden gefunden in Deinem Kreuz,
durch das Du das Menschengeschlecht erneuert hast,
uns fuehrend zum abendlosen Licht.
Im Paradiese ward einst durch eines Baumes Frucht
das Vertrauen gebrochen und herbeigerufen der Tod.
Der Baum des Kreuzes aber
hat den Menschen das Kleid des Lebens gebracht.
Nicht mehr bewacht das Flammenschwert die Pforte von Eden.
Denn es nahte sich ihm eine neue Versoehnung,
des Kreuzes Baum.
Des Todes Stachel und des Hades Sieg ist zerschmettert.
Du tratest, mein Heiland, herzu,
den Bewohnern des Hades zurufend:
Lasst euch zurueckfuehren ins Paradies !
Heute tanzen der Engel Choere voller Freude,
Deinem Kreuze huldigend.
An ihm ja schlugst du Wunden der Daemonen Scharen,
an ihm wurdest, Christus,
Heiland Du den Menschen.
Sei gegruesst, dreimal seliges, heiliges Holz,
Kreuz,
Licht derer, die wandeln in Dunkelheit,
das du den vier Enden der Welt durch dein Leuchten zeigtest,
die Strahlen von Christi Erweckung,
wuerdige alle Glaeubigen,
das heilige Pas´cha zu schauen.
4. Sonntag der grossen voroesterlichen FASTEN
Lesung: Hebr. 6: 13 - 20 EVANGELIUM: Mk. 9: 16 - 30 Durch Enthaltsamkeit konntest du die Kraft deiner Seele erneuern; sie mit himmlischer Herrlichkeit veredeln. Heiliger Moench JOHANNES Darum riefst du allen zu: Nichts ziehet Gottes Liebe vor ! |
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Darauf
dürfen auch wir uns in der Fastenzeit vorbereiten.
Aus: The Year of Grace, A Monk of the Eastern Church, A
Spiritual and Liturgical Commentary on the Calender of the Orthodox
Church, Crestwood N.Y. 1992, p125f.
Übersetzt durch *St. Andreas Bote*
5. Sonntag der grossen voroesterlichen FASTEN
Lesung: Hebr. 9: 11 - 14 EVANGELIUM: Mk. 10: 32 - 45 |
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Maria
wurde im noerdlichen Aegypten geboren und entfloh im Alter von 12
Jahren dem elterlichen Hause, um in der Weltstadt Alexandria ein Leben
der Ausschweifung zu fuehren, einzig die Befriedigung ihrer Lueste
suchend. Nach 17 Jahren ausschweifenden Lebens trieb sie die Neugier
mit Wallfahrern zum Fest der Kreuzerhoehung zu den Heiligen
Stätten in Jerusalem zu segeln. Auch auf dem Schiff und in
Jerusalem liess sie ihrer Leidenschaft freien Lauf und
verführte
jeden der es sich gefallen liess.
Als sie
zur Verehrung des heiligen Kreuzes inmitten des gewaltigen
Menschenstromes, welcher der Auferstehungsbasilika zuflutete, auch
selbst in die Kirche eintreten wollte, wurde sie an der Schwelle von
einer unsichtbaren Gewalt, die staerker war als sie, zurueckgehalten,
waehrend die uebrigen an ihr voruebergingen. Auch die vereinte Kraft
mehrerer Maenner, um deren Hilfe sie gebeten hatte, konnten sie nicht
ueber die Schwelle der Kirche bringen. Da kam es ihr ploetzlich
erschreckend zu Bewusstsein, dass ihr Suendenleben Ursache dafuer sei,
dass sie das Heiligtum in ihrem Zustand nicht betreten sollte. Zugleich
fiel ihr Blick auf die Ikone der allheiligen Gottesmutter im Vorraum
der Kirche. In Beschaemung und Reue rief sie die Mutter des Herrn an
und gelobte, jede Busse in ihrem zukuenftigen Leben auf sich zu nehmen,
wenn die Gottesmutter ihr Eingang in das Heiligtum und damit ein
Zeichen gewaehre, an dem sie erkennen werde, dass ihr goettlicher Sohn
ihr vergebe. Und - o Wunder - ungehindert konnte sie die Schwelle
uebertreten und mit den uebrigen Pilgern an der Verehrung des heiligen
Kreuzes teilnehmen. Hier traf sie der Strahl der Gnade. Einer
innerlichen Erleuchtung folgend, jenseits des Jordans Ruhe und Frieden
zu suchen, machte sie sich sofort auf den Weg und erreichte noch am
gleichen Tage die Kirche des Hl. Johannes am Jordan. Reumuetig
beichtete sie hier und empfing die Lossprechung und die Hl. Kommunion.
Sodann ueberschritt sie den Jordan, um weiter ostwaerts in der Wueste
Busse zu tun und die Wueste nicht mehr zu verlassen. Unter den
aeussersten Entbehrungen in Nahrung, Kleidung und Behausung reinigte
sich noch 17 Jahre ihr von ihren suendhaften Gewohnheiten und den
Verwuestungen der Leidenschaften.
Dann aber fand sie die verheissene Ruhe und den vollen Frieden in Gott, dem sie noch weitere 30 Jahre in der Wueste widmen durfte, durch wunderbare Erleuchtungen getroestet und gefuehrt zu den seligen Geheimnissen der Gottesschau. Erst in ihrem 77. Lebensjahr wagte sie es wieder, einem Mann zu begegnen, der zur Andacht in die Wueste gekommen war. Viele Moenche folgten naemlich der Praxis vom ersten Fastensonntag bis zum Palmsonntag ihr Kloster zu verlassen, um in Erinnerung an die vierzigtaegigen Fasten des Herrn in der Wueste ein Einsiedlerleben zu führen. Gottes Fuegung wollte es, dass der fast hundertjaehrige Priestermoench Sosima aus einem am Jordan gelegenen Kloster in dieselbe Einoede kam, in der auch Maria lebte. Da sie ihm , ohne ihn je gesehen zu haben, seinen Namen nennen konnte, erkannte er dass es Gottes Wille war, dass er ihr am Hohen Donnerstag vor der Auferstehung die Hl. Kommunion an den Jordan bringen sollte. Nachdem sie mit Leib und Blut des Herrn gestaerkt war, was sie so lange hatte entbehren muessen, bat sie den Priester Sosima, ihr auch im naechsten Jahr die Heiligen Gaben an die selbe Stelle zu bringen. Dann zog sie sich wieder in die Wueste zurueck. Sosima entsprach im darauffolgenden Jahr ihrem Wunsch, fand aber an der verabredeten Stelle den Leichnam der Heiligen, die ihren Namen vor ihrem Scheiden aus dieser Welt in den Sand geschrieben hatte. Der heilige Sosima bestattete sie an der gleichen Stelle, kehrte ins Kloster zurueck und verfasste hier vor seinem bald folgenden Tode zur Erbauung des spirituellen Lebens seiner Mitbrueder die Lebensgeschichte der Heiligen, wie er sie bei der ersten Begegnung aus ihrem Mund vernommen hatte. In ihrer heutigen Gestalt stammt der Bericht von Patriarch Sophronij von Jerusalem. (7. Jhdt.)
Heute ist der Anfang unserer Erlösung und die Offenbarung des Mysteriums von Ewigkeit. Der Sohn Gottes wird zum Sohn der Jungfrau, und Gabriel bringt das Evangelium der Gnade. Mit ihm rufen auch wir der Gottesgebärerin zu: Freue dich, du Gnadenerfüllte, der Herr ist mit dir ! |
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Kanon
d.
Hl. JOHANNES MONACHOS
Predigt
des
Hl. GREGOR von NYSSA zum Fest
Prof.
Larentzakis: Marienverehrung in der Orthodoxie
Prof.
Kallis:
"Blüte der Unversehrtheit" Prototyp der Neuen
Schöpfung
So
konnte
der Engel Maria die Botschaft der Freude
bringen.
Freude verkünden an
Weihnachten die
Heerscharen der Engel den Hirten.
Und der Auferstandene sagt den Aposteln und uns in Seinem
österlichen Gruß die Freude
zu.
So kann auch in der Fastenzeit die
Freude nicht untergehen:
Freude soll vielmehr auch die
Buße
leiten.
Daher ist dieses Freudenfest kein
Fremdkörper in der Fastenzeit; sondern gibt ihr Ausrichtung,
Tiefe und Glanz.
Das
Datum
des Festes wurde in Verbindung mit dem 25. Dezember gewählt;
es ist also
relativ spät festgelegt worden.
Nach älterem syrischen und gallikanischem Ritus wurde es an
einem der
Herrentage vor Weihnachten gefeiert.
Uns ist das Datum seit den Akten des Konzils von 692 bezeugt.
Wenn es auf den
Hohen Freitag oder Hohen Samstag vor Ostern
fällt, wird es bei
den Griechen auf den Ostertag verschoben und gemeinsam mit der
Auferstehung
gefeiert.
Dies
ist gesetzt von Gott den Sterblichen,
spricht die Makellose,
dass gemeinsamer Liebe ein Kind
entstamme.
Doch ist mir gänzlich unbekannt die Lust der Vereinigung.
Wie kannst du behaupten, dass ich gebären werde?
Ich fürchte, du schwatzt mit Trug.
Aber gleichwohl, sprichst du:
Lobpreiset alle Werke des Herrn, den Herrn !
Der
Einwand,
welchen du aussprichst,
Ehrwürdige,
entgegnet wiederum der Engel,
trifft wohl zu bei den
gewöhnlichen Geburten sterblicher Menschen.
Der wahre Gott aber, künde ich dir,
nimmt Fleisch
an
aus dir, jede Vernunft und
jedes Begreifen übersteigend,
wie nur Er es
weiß.
Drum rufe ich mit Freuden:
Lobpreiset, alle Werke des Herrn, den Herrn !
Du
erscheinst als
Künder mir der
Wahrheit,
beendete dann die Jungfrau das Gespräch.
Denn als gemeinsamer Freude Bote bist du gekommen.
Da ich gereinigt wurde im Herzen durch den Geist,
geschehe mir nach
deinem Wort.
Wohnung nehmen soll in mir Gott,
zu dem ich mit dir rufe:
Lobpreiset, alle Werke des Herrn, den Herrn !
(
Kanon des JOHANNES Monachos (8. Jh.) zum Fest der Verkündigung
der Frohbotschaft an die Gottesmutter )
(Ausschnitt)
От Лука свето Евангелие
тъй ми
стори Господ в дните, в които ме погледна милостно,
за да снеме от мене укора между човеците.
А на шестия месец бе изпратен от Бога Ангел Гавриил
в галилейския град, на име
Назарет,
при
една
девица, сгодена за мъж, на име Иосиф, от дома Давидов;
а името на девицата беше Мариам.
Ангелът влезе при нея и рече: радвай се, благодатна! Господ е с тебе;
благословена си ти между жените.
А тя, като го видя, смути се от думите му и размисляше, какъв ли е тоя
поздрав.
И рече й
Ангелът: не бой се, Мариам, понеже ти намери благодат
у Бога;
и ето, ти
ще заченеш в утробата, ще родиш Син и ще Го наречеш
с името Иисус.
Той ще бъде велик и ще се нарече Син на Всевишния;
и ще Му даде Господ Бог престола
на отца Му Давида;
и ще
царува над дома Иаковов довеки,
и царството Му не ще има край.
А Мариам рече на Ангела:
как ще бъде това, когато аз мъж не познавам?
Ангелът й отговори и рече: Дух Светий ще слезе върху ти, и силата на
Всевишния
ще те осени; затова и Светото,
Което ще се роди от тебе, ще се
нарече Син Божий.
Ето и Елисавета, твоя сродница, наричана неплодна,
и тя зачена син в старините
си, и е вече в шестия месец;
защото у Бога няма да остане безсилна ни една дума.
Die jungfräuliche Empfängnis - Gottes Schöpfertat
Gregor
von Nyssa (+ 394)
zum Fest Mariae Verkündigung
*Quellenhinweis*
In das Heilsgeheimnis wird die Jungfrau von Gabriel eingeweiht. Die Worte der Einweihung waren Segensworte: »Freue dich, Begnadete! Der Herr ist mit dir!« (Lk 1,28). Als Gegensatz zum ersten Spruch, der an eine Frau erging, ergeht nun dies Wort an die Jungfrau. jene wurde der Sünde wegen zur Betrübnis bei der Geburt verurteilt, bei dieser aber wird durch die Freude die Betrübnis aufgehoben. Bei jener ging Betrübnis der Geburt voran, hier aber war bei der Geburt Freude als Hebamme tätig! »Fürchte dich nicht!« (Lk 1,30), spricht er.
Da jeder Frau die Erwartung der Geburt Furcht bereitet, hebt die Verkündigung der freudvollen Geburt die Furcht auf. »Du wirst empfangen und einen Sohn gebären und sollst ihn Jesus nennen. Er wird sein Volk von den Sünden erlösen« (Lk 1,31). Was entgegnet Maria? Vernimm das Wort einer reinen Jungfrau! Der Engel verkündet ihr die Geburt, doch sie hält fest an der Jungfräulichkeit und misst der Unversehrtheit größeren Wert als der Erscheinung des Engels bei. Sie kann dem Engel weder den Glauben versagen, noch wird sie ihrem Entschluss untreu. »Mir ist der Umgang mit einem Mann versagt«, spricht sie. »Wie soll mir das geschehen?« (Lk 1,35) ...
Wenn Josef sie zur Ehe genommen hätte, wie konnte sie über die Botschaft des Engels befremdet sein, dass sie gebären werde? Denn nach dem Gesetz der Natur erwartete sie durchaus, auch einmal Mutter zu werden. Da aber ihr gottgeweihter Leib wie eine geheiligte Weihegabe unverletzt bewahrt werden musste, deshalb spricht sie: »Wenn du auch ein Engel bist und vom Himmel kommst und deine Erscheinung Über menschliche Erfahrung hinausgeht, so ist es doch unmöglich, dass ich einen Mann erkenne. Wie werde ich Mutter sein ohne einen Mann? Josef sehe ich als meinen Verlobten an, als Mann aber erkenne ich ihn nicht.«
Was erwidert Gabriel, der zur Jungfrau gesandt wird? Auf welches Brautgemach für die reine und unbefleckte Ehe weist er hin? »Heiliger Geist«, sagt er, »wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten« (Lk 1,35). Welch glückseliger Leib, der wegen seiner übergroßen Reinheit die guten Gaben für die Seele auf sich herabgezogen hat! Von allen anderen Menschen würde kaum eine reine Seele die Gegenwart des Heiligen Geistes in sich ertragen, hier aber wird der Leib zum Gefäß des Geistes. »Aber auch die Kraft des Höchsten wird dich überschatten«. Wie ist dieses geheimnisvolle Wort zu verstehen?
Homilie
auf Christi Geburt; PG 46, 1140B-1 141B, in: Heiser, Lothar, Jesus
Christus, Das Licht aus der Höhe, Verkündigung,
Glaube, Feier des Herren-Mysteriums in der Orthodoxen Kirche
(Schriftenreihe des Patristischen Zentrums Koinonia – Oriens;
Bd. 47), St. Ottilien 1998, S. 45f.
*aus St. Andreas Bote*
Kanon
des Johannes Monachos (8. Jh.)
zum Fest Mariae Verkündigung
Höre, Mädchen, reine
Jungfrau,
so kündete Gabriel den Ratschluss des Höchsten, uralt
und ohne Trug:
Sei zum Empfange Gottes bereit! Denn durch dich wendet der Unfassbare
sich wieder den Sterblichen zu.
Drum rufe ich mit Freuden:
Lobpreiset, alle Werke des Herrn, den Herrn !
Alles
Sinnen der
Sterblichen ist zu
schwach,
erwiderte die Jungfrau, zu ergründen, was Unbegreifliches du
mir kündest.
Ich freute mich deiner Worte, aber erschreckend fürchte ich,
dass du mit Täuschung mich wie Eva weit weg von Gott
führen willst.
Doch gleichwohl, sieh, sprichst du:
Lobpreiset, alle Werke des Herrn, den Herrn !
Sieh,
die
Verwirrung löst sich
dir,
entgegnete auf diesen Einwand Gabriel.
Denn mit Recht sagst du, der Plan sei unergründlich.
Folge nur den Worten deiner Lippen und zweifle nicht,
als sei er ein Truggebilde; dass Wirklichkeit er ist, das, glaube doch.
Denn auch ich rufe mit Freuden:
Lobpreiset, alle Werke des Herrn, den Herrn !
Dies
ist gesetzt
von Gott den
Sterblichen,
spricht die Makellose wiederum,
dass gemeinsamer Liebe ein Kind
entstamme.
Doch ist mir gänzlich fremd die Lust der Vereinigung.
Wie kannst du behaupten, dass ich gebären werde?
Ich fürchte, du schwatzt mit Trug.
Aber gleichwohl, schau, sprichst du:
Lobpreiset alle Werke des Herrn, den Herrn !
Der
Einwand,
welchen du aussprichst,
Ehrwürdige,
entgegnet wiederum der Engel,
trifft wohl zu bei den
gewöhnlichen Geburten sterblicher Menschen.
Der wahre Gott
aber, künde ich dir,
nimmt, jede Vernunft und jedes Begreifen
übersteigend,
Fleisch an, wie nur Er es weiß, aus
dir.
Drum rufe ich mit Freuden:
Lobpreiset, alle Werke des Herrn, den Herrn!
Du
erscheinst als
Künder mir der
Wahrheit,
beendete da die Jungfrau das Gespräch.
Denn als gemeinsamer Freude Bote bist du gekommen.
Da ich gereinigt wurde im Herzen durch den Geist,
geschehe mir nach
deinem Wort.
Wohnung nehmen soll in mir Gott,
zu dem ich mit dir rufe:
Lobpreiset, alle Werke des Herrn, den Herrn !
Kanon des
JOHANNES Monachos (8. Jh.)
zum Fest der Verkündigung der Frohbotschaft an die Gottesmutter
8. Ode, im Orthros des 25. März; Menaion
Linkhinweise zum Fest:
Hirtenbrief
zum Beginn der heiligen großen †
Bartholomaios
vierzigtägigen österlichen Fastenzeit
* Quellenhinweis *
durch
Gottes Erbarmen
Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom, und Ökumenischer
Patriarch
dem ganzen Volk der Kirche Gnade und Friede von Christus, unserem
Erlöser,
von uns aber Fürsprache, Segen und Vergebung
"Die
Zeit ist da, der Anfang der geistlichen Kaempfe !"
(Doxastikon der Laudes am Herrntag des Milchverzichts)
In Christus geliebte Brüder und Schwestern!
Mit diesen Worten mahnt uns der Dichter, am Anfang dieser heiligen vierzigtaegigen Fastenzeit unsere geistlichen Kaempfe zu intensivieren, um uns geistlich zu ruesten und geistlich voranzuschreiten.
Von Anfang an haben die Menschen festgestellt, dass das Gute nur mit Entsagung erlangt wird. Dementsprechend haben die heiligen Vaeter betont, dass man, wie es charakteristischer Weise der hl. Isaak der Syrer ausdrueckt, die Bequemlichkeit aechten muesse, um Gottes Liebe, die alle ewigen und zeitlichen Gueter, um die wir stets emsig besorgt sind, nehmen wir Menschen unzaehlige Muehen in Kauf.
Die geistlichen Gueter aber schenkt uns
Gott unter der Voraussetzung, dass wir aufrichtig zuerst Ihn Selbst und
Seine Liebe suchen und sie nicht etwa egozentrisch zu unserer eigenen
Erbauung und individuellen Genugtuung missbrauchen.
Der Herr hat uns deutlich gesagt: "Sucht zuerst das Reich
Gottes und seine Gerechtigkeit, und dies alles wird euch hinzugegeben
werden" (Mt 6:33). Und er hat uns versichert, dass der, der
sich versteht, sein Leben um der Liebe Gottes willen zu verlieren, es
retten wird. Das heisst: Wer grossmuetig die Liebe seines Gottes und
Vaters im Auge hat und nicht kleinmuetig auf materielle oder geistliche
Gueter schielt, ohne dass ihm an Gott selbst gelegen waere, der wird
endlich die Liebe Gottes, um die es ihm geht, ebenso erlangen wie
Gottes Gueter jeglicher Art, um die es ihm nicht geht.
Denn unser Vater im Himmel, Geliebte im Herrn, der uns liebt und will, dass wir gerettet werden, der Geber und die Quelle alles Guten, wird uns, wenn wir uns zu ihm bekehren, auch alle anderen Gueter geben, deren wir beduerfen. Das erste Gewand, das gemaestete Kalb, den Ring fuer die Hand, das Festmahl mit den Freunden und vor allem seine vaeterliche Umarmung.
Um in diese vaeterliche Umarmung einzugehen, muessen wir uns abkehren von unseren Suenden und von der leidenschaftlichen Hingabe an uns selbst, deren Symbol die Schweineschoten des Evangeliums sind; muessen wir die Aufrichtigkeit der Sehnsucht der Liebe Gottes durch einen entschiedenen und ehrgeizigen geistlichen Kampf unter Beweis stellen.
Das Wesen des geistlichen Kampfes besteht darin, dass wir allein Gottes Liebe suchen und begehren und uns im Gegenzug allen rechtmaessigen Guetern und Wuenschen versagen, um uns mit ungeteiltem Herzen und Geist jenem Ziel zuzuwenden, das alle anderen Ziele ueberragt. Aus diesem Grund bedeutet auch das Fasten, das eine asketische Zitadelle der grossen Fastenzeit darstellt, keine grundsaetzliche Ablehnung des Essens unter Danksagung, sondern einen freiwilligen Verzicht auf jenes Behagen, das es dem Leib verursacht - und das mit dem Ziel, die Seele aus ihrer ausschliesslichen Selbstbefangenheit zu loesen und den Leib der Fuehrung des Geistes zu unterwerfen. Der Leib soll naemlich der menschlichen Person dienen, statt sie zu beherrschen.
Der Zweck der geistlichen Uebung besteht nicht darin, Tugenden oder aussergewoehnlichen Faehigkeiten zu erwerben, wie die Anhaenger diverser Humanismen glauben, sondern darin, unserem Verlangen Ausdruck zu geben, der Person unseres Herrn Jesus Christus, in dem alles sich vollendet und von dem alles seinen Ausgang nimmt, zu begegnen. Das personale Wort Gottes verkuendet unmissverstaendlich - und auch der Dichter erinnert uns daran - dass wir uns vergeblich muehen, wenn nicht der Herr das Haus der Tugenden unserer Seele baut.
Wir Christen ergeben uns also der Liebe Christi und verzichten zugleich freiwillig darauf, vielen anderen sekulaeren Vorlieben und Neigungen nachzugehen, damit wir der Anwesenheit Christi im Haus unserer Seele gewuerdigt werden. Wenn das nach dem Wohlgefallen und der Gnade Gottes geschieht, dann werden uns auch der Friede, die Freude und die vollkommene Liebe unentwendbar zu eigen gegeben.
Deshalb vollzieht sich der geistliche Kampf nicht in Traurigkeit oder unter Zurschaustellung, sondern in Freude und Verborgenheit, soweit es uns moeglich ist. Jede Form von Demonstration fuehrt dazu, dass wir das Ziel der Liebe Gottes durch das der Ehrsucht ersetzen. Traurigkeit und Niedergeschlagenheit vertreiben die Heiterkeit und die Freiwilligkeit und fuehren dazu, dass der Fastende einer Stimmung des Bedruecktseins und der Gezwungenheit verfaellt, also seelischen Zustaenden, die Gott nicht gefallen.
Der geistliche Kampf soll in Freude geschehen und vor allem dem einen Zweck dienen, unser Herz in die Liebe und die Freude Gottes einfuehren. Denn die Liebe und die Freude Gottes verbannen aus uns jegliche Bitterkeit, jeglichen Groll, jeglichen Protest und jegliche Beschwerde ueber unsere Mitmenschen. Vielmehr durchdringt und umgibt uns durch sie der unerschuetterliche und unuebertreffliche Friede Gottes.
Moegen wir alle in geistlichen Kaempfen
die Rennbahn der vierzigtaegigen Fasten durchlaufen, damit wir die
Freude der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus in Fuelle
empfangen.
Seine Gnade und Sein reiches Erbarmen seien mit Euch allen !
Heilige Grosse Fastenzeit 2007
Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel
Euer aller inständiger Fürbitter bei Gott
Hirtenbrief
zum Beginn der heiligen großen
vierzigtägigen österlichen Fastenzeit
* Quellenhinweis *
† Bartholomaios
durch
Gottes Erbarmen
Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom, und Ökumenischer
Patriarch
dem ganzen Volk der Kirche Gnade und Friede von Christus, unserem
Erlöser,
von uns aber Fürsprache, Segen und Vergebung
In Christus geliebte Brüder und Schwestern!
Zu Beginn des Triodions hören wir ein ergreifendes Troparion, in dem es heißt: „Öffne mir, Lebensspender, das Tor zur Umkehr!“ Es fällt auf, dass die heilige orthodoxe Kirche uns für unsere Buße einen langen Zeitraum zur Verfügung gestellt hat. Aber sie erinnert uns auch täglich und stündlich daran, dass wir der Buße bedürftig sind. Sie weiß, dass die Buße die Grundlegung des geistlichen Lebens und der Rettung jedes Menschen ist. Das bezeugt auch die Tatsache, dass sowohl der heilige Johannes der Täufer als auch unser Herr Jesus Christus ihre Verkündigung damit begannen, dass sie das Volk ermahnten, Buße zu tun.
Wie schon der Wortlaut des griechischen Wortes „meta-noia“ verrät, handelt es sich bei der Buße um einen Sinneswandel, um einen Wandel unserer geistlichen Einstellung zur Welt und zu Gott. Gewiss bedeutet Buße auch die Absage an unsere Sünden und die Entscheidung, in Zukunft in Übereinstimmung mit den heiligen Geboten Gottes zu leben. Aber in erster Linie bedeutet sie eine Erneuerung und einen Wandel unseres Denkens, unserer Wertschätzung der materiellen und der geistlichen Welt, eine dem Willen Gottes entsprechende Neuordnung jener Werte, nach denen wir unser Leben ausrichten.
Wenn wir bis jetzt der Anhäufung von Reichtum den Vorrang gaben, so sollten wir uns von jetzt an darauf verlegen, die materiellen Güter gerecht und zum Nutzen aller zu verwenden. Wenn wir bis jetzt auf die Befriedigung unserer individuellen Bedürfnisse geachtet haben, so sollen wir von jetzt an auch die Bedürfnisse der anderen im Auge haben. Dabei sollten wir mit unserer Familie beginnen. Aber wir sollten auch die größere Familie der Gesellschaft, in der wir leben, nicht vergessen. Und wenn es möglich ist, auch nicht die ganze Menschheit.
Wenn bisher die Frage „Wie können wir das irdische Leben erfolgreich bestehen?“ im Mittelpunkt unserer Interessen stand, so muss sich von jetzt an unser Interesse auch auf das Leben nach dem Tod erstrecken. Wenn unsere Überlegungen und Interessen bis jetzt den menschlichen Wissenschaften und Fertigkeiten galten, so sollten wir uns in Zukunft auch für die heilige Wissenschaft und die Kunst des geistlichen Lebens interessieren, denn auch diese hat ihre Gesetze und bedarf einer entsprechenden Übung und Zurüstung. Wenn wir bis jetzt danach trachteten, gute Beziehungen mit den Mächtigen dieser Welt zu haben, so sollten wir in Zukunft darauf achten, freundschaftlichen Umgang auch mit den Mächtigen der geistlichen Welt, mit unserem Herrn Jesus Christus, der Gottesgebärerin und den Heiligen zu pflegen. Wenn wir bislang unser eigenes Urteil und unsere eigene Auffassung dem Urteil anderer vorgezogen haben, so sollten wir in Zukunft anerkennen, dass die Auffassung anderer oft richtiger als unsere eigene ist. Überhaupt wird unsere Buße dann zum Erfolg führen, wenn wir unsere Auffassungen und unsere Wertschätzung der Dinge einer täglichen Revision unterziehen und sie so lange korrigieren, bis sie mit den Positionen unserer heiligen Kirche, die mit den Positionen des Evangeliums identisch sind, mit den heilsamen und wahren Lehren unseres Herrn Jesus Christus, übereinstimmen. Zu all dem muss auch das aufrichtige und demütige Bekenntnis unserer Sünden vor dem Priester kommen, dem von Gott die Macht verliehen wurde, die Sünden zu behalten oder zu vergeben. Es gibt keine Buße ohne das reine Bekenntnis unter dem menschenliebenden Epitrachilion des Beichtvaters. Im Sakrament der Buße wird der Christ durch die Gnade des Heiligen Geistes nicht nur von jeder Befleckung gereinigt, sondern auch von den Wunden seiner Leidenschaften geheilt und geistlich neu geboren und empfängt die Kraft, seinen guten Kampf fortzusetzen. Und weil die Vollkommenheit der göttlichen Lehren, nach denen sich unser Geist und unser Herz richten sollen, unermesslich ist, darf notwendigerweise auch die Buße keine Unterbrechung erfahren, wie die heiligen Väter der orthodoxen Kirche uns lehren. Das gilt selbst für die, die nach menschlichem Ermessen vollkommen sind, sofern es solche Menschen überhaupt gibt.
Im Herrn geliebte Brüder und Schwestern, lasst uns nicht sagen, wir hätten keine Sünden und bedürften der Buße nicht, denn dann liefen wir Gefahr, dem verwerflichen Hochmut des Pharisäers zu verfallen. Wir alle bedürfen der Umkehr, weil wir alle, wie vollkommen wir auch sein mögen, einer umfassenderen Kenntnis des göttlichen Willens, des Wachstums an Liebe, an Verzeihen, an mit Erkenntnis gepaartem Eifer und an Interesse für das geistliche Leben ermangeln.
Es gewähre uns der Heilige Gott auf die Fürbitten der heiligen Gottesgebärerin und aller Seiner Heiligen, dass wir die heilige Fastenzeit körperlich gesund und mit zur Umkehr bereiter Seele bestehen und gereinigt und erneuert zum heiligen Osterfest gelangen, um auch in diesem Jahr der Freude der Auferstehung teilhaft zu werden und auf ewig unverbrüchlich dem ewigen Leben der Auferstehung verbunden zu bleiben. Amen.
Heilige große Fastenzeit 2004
Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel
Euer aller inständiger Fürbitter bei Gott
Fastenbrief
der
orthodoxen Bischöfe in Deutschland
zum
Sonntag der Orthodoxie 2004
Liebe Schwestern und Brüder in
Christus !
"Begonnen hat der Kämpfe Zeit"
singen wir zu Beginn der Grossen Fastenzeit, die mit dem Fest unserer
Identität, dem Sonntag der Orthodoxie, eingeleitet wird.
Es ist die Zeit der Einkehr, der Buße, der Selbstbesinnung
und der Loslösung aus den Zwängen des Alltags; der
Hinwendung zum menschgewordenen Sohn Gottes, der sich selbst hingegeben
hat, um Seine Schöpfung zu retten. "Denn Gott hat die Welt so
sehr geliebt, dass Er Seinen einziggeborenen Sohn hingab, damit jeder,
der an Ihn glaubt, nicht verloren wird, sondern das ewige Leben hat"
(Joh 3:16)
In dieser Meditation der Besinnlichkeit rückt das Jahr 2004
zwei Gedenktage in den Mittelpunkt der Erinnerung, die im Hinblick auf
den ökumenischen Dialog und die geistige Orientierung der
Europäischen Union nachdenkenswert sind. Zum einen
jährt sich zum 950. Mal das Datum der traurigen Ereignisse von
1054, die zum Bruch der kirchlichen Gemeinschaft zwischen der
katholischen und der orthodoxen Kirche geführt haben, und zum
anderen verweist die runde Zahl von 800 Jahren auf die Eroberung und
Plünderung Konstantinopels durch das Heer des vierten
Kreuzzuges im Jahr 1204, der nicht nur das Verhältnis zwischen
den Kirchen belastete, sondern auch die Gemeinschaft zwischen Ost- und
Westeuropa empfindlich traf
Im Rahmen der ökumenischen und gesellschaftlichen-politischen
Perspektive Europas gewinnt das Gedenken beider Ereignisse eine
ausserordentliche Aktualität, denn sie mahnen die Kirchen und
die Staaten Europas, nicht der Versuchung zu unterliegen, das Eigene zu
verabsolutieren und die Macht zur Autorität einer allgemeinen
Rechtsordnung zu erklären, die in der menschlichen Vernunft
ihre Verankerung hat.
Als Bischöfe auf dem europäischen Kontinent, dessen
Antlitz der christliche Glaube wesentlich geprägt hat,
müssen wir mit grosser Sorge feststellen, dass der
Verfassungsentwurf der Europäischen Union der Geschichte und
kulturellen Identität Europas nicht gerecht wird, indem er
einen Humanismus propagiert, dessen Quellen er ausblendet. Im Geist
einer religiösen Neutralität bzw. Laizität
des Staates verkennt der Verfassungskonvent, dass Europa, zu dessen
geistiger Identität das Christentum wesentlich
gehört, ohne die christliche Komponente nicht Europa bleiben
kann. Auf der Basis einer gottlosen Interessensgemeinschaft hat Europa
keine Zukunft.
Die genannten Gedenkdaten rufen uns auf, in einer selbstkritischen
Reflexion die Wunden der Vergangenheit zu heilen, die kirchlichen,
kulturellen und politischen Verwerfungen zu überwinden, um ein
geistiges Fundament zu sichern, dass der Aufbau der Gemeinschaft der
Völker Europas zu einer Körperschaft wächst,
die Krisen und menschlichen Unzulänglichkeiten widerstehen
kann.
Lassen Sie uns als Kirchen in unserem Umgang miteinander mit gutem
Beispiel vorangehen, damit auch die Welt an unsere christliche
Versöhnungsbotschaft glaubt. Denken wir an das
Glaubwürdigkeitsprinzip, dass unser Herr in Seinem
Abschiedsgebet formuliert hat:
"Alle sollen eins sein: Wie Du, Vater in Mir bist und Ich in Dir bin,
sollen auch sie in Uns sein, damit die Welt glaubt, dass Du Mich
gesandt hast" (Joh 17:21).
Amen.
+ Metropolit
AUGOUSTINOS von Deutschland
Griechisch-Orthodoxe
Metropolie von Deutschland
+ Metropolit
GABRIEL von West- und Mitteleuropa
Metropolie
der Griechisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien für West- und
Mitteleuropa
+ Metropolit
SIMEON von West- und Mitteleuropa
Bulgarische
Diözese von West- und Mitteleuropa
+ Erzbischof
LONGIN von Klin
Ständige
Vertretung der Russischen Orthodoxen Kirche in Deutschland
+ Erzbischof
FEOFAN von Berlin und Deutschland
Berliner
Diözese der Russischen Orthodoxen Kirche des Moskauer
Patriarchats
+ Bischof
KONSTANTIN für Mitteleuropa
Serbische
Orthodoxe Diözese für Mitteleuropa
+ Metropolit
Dr. SERAFIM von Deutschland, Zentral- und Nordeuropa
Rumänische
Orthodoxe Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa
+ Erzbischof
IOAN von Parnassos
Ukrainische
Orthodoxe Eparchie von Westeuropa
+ Metropolit
ABRAHAM von Westeuropa
Westeuropäische
Diözese der Georgischen Orthodoxen Kirche
+ Erzbischof
GABRIEL von Komana
Exarchat
der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa
Berlin, 29. Februar 2004 - Am Sonntag der Orthodoxie
Da wir nun wieder die Arena der Großen Fastenzeit betreten, ist es nur natürlich sich an die großen Leistungen zu erinnern, die die Askese der orthodoxen Christen immer gekennzeichnet haben. Unter diesen großen Leistungen liegen Beten und Fasten an vorderster Stelle. Wenn ein Orthodoxer vom Fasten spricht, denkt er spontan auch an das Beten. Und wenn er vom Beten spricht, denkt er genau so spontan an das Fasten. Denn diese beiden Arten des Gesprächs mit Gott sind eng verbunden. Deshalb hat Christus auch, als Seine Jünger vergeblich versuchten einen unglücklichen Jungen vom bösen Geist, der ihn quälte, zu befreien, dieses zweifache Mittel des Gebets und des Fastens als mächtigste Waffe des Menschen gegen das Böse empfohlen: „Diese Art kann nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben werden“ (Mk 9,29).
Da heutzutage alles und jedes analysiert und „entmythologisiert“ werden muss und damit in den meisten Fällen zerstört wird, gibt es sogar unter den getauften Orthodoxen unserer Zeit Leute, die nicht einsehen, welche Rechtfertigung Beten und Fasten für den modernen „aufgeklärten“ und „befreiten“ Menschen haben sollte. Und so fragen sie sich, welche Bedeutung es haben könnte, wenn man mit Gott in der Form eines Gebetes spricht, Ihm das eine oder andere Problem oder die eine oder andere Bitte vorlegt, wo doch Gott als Allwissender sowieso all dies kennt. Aus dem gleichen Grunde fragen sich diese Gläubigen, ob es denn für Gott einen Unterschied mache, ob man diese oder jene Nahrung in dieser oder jener Menge an diesem oder jenem Tag zu sich nimmt oder nicht.
Sicher erscheinen diese Einwände auf den ersten Blick überzeugend und nur recht und billig. Wer aber Fasten und Beten in dieser Weise beurteilt hat ihre tiefere Bedeutung nicht erfasst. Natürlich liegt die Bedeutung des Gebets nicht darin, Gott etwas zu sagen, was Er nicht weiß, sondern Ihm freiwillig Demut zu zeigen, Ihm unser Herz zu öffnen, unser Leben in Seine Hände zu legen, die Wärme des Gesprächs mit Ihm zu fühlen, Ihm kund zu tun, dass wir Ihn als Herrn über unser Leben und unseren Tod anerkennen. Genauso hat das Fasten sicher keinen besonderen moralischen oder spirituellen Sinn in sich selbst – nicht einmal als Diät – , denn Gott nimmt nicht unser physisches Wohlbefinden als Maß. Genau aus diesem Grunde hat der heilige Apostel Paulus, der von so wenig lebte und so viel erlitt, nicht aufgehört zu bekennen, dass „Wenn wir nicht essen, verlieren wir nichts, und wenn wir essen, gewinnen wir nichts“ (1Kor 8,8).
Fasten erhält also seine moralische und geistige Bedeutung von dem Augenblick an, da es Mittel und Möglichkeit wird zum leichteren Gespräch mit Gott. Und tatsächlich kämpft der Mensch mit Fasten darum, seine unvernünftigen biologischen Begierden und Instinkte zu beherrschen, befreit zu werden, den Versuchungen dieser Welt zu entsagen und so offener und empfänglicher zu werden für seine Verbindung mit dem Geistigen.
Aus dem oben Gesagten wird also offensichtlich, dass weder Fasten noch Beten Selbstzweck sind noch sein sollten. Sie sind vielmehr Mittel des Gesprächs mit Gott und dieses Gespräch ist Ziel und Erfüllung. Es gibt ein sehr schönes arabisches Sprichwort, das lautet. „Die Seele braucht weder einen Kaffee noch ein Café. Die Seele braucht Gemeinschaft und der Kaffee ist nur ein Vorwand.“
Wir könnten also sagen, dass Fasten und Beten zwei geheiligte „Vorwände“ sind, die den Menschen befähigen den Monolog mit sich selbst und den selbstzufriedene Kern in seinem Ego aufzubrechen, demütig zu werden und mit Gott zu sprechen um den Segen, die Erleuchtung und die Heiligung zu erfahren, die das Gespräch garantiert. Denn die Worte der Schrift werden mit Sicherheit immer ewige Wahrheit sein: „Gott tritt den Stolzen entgegen, den Demütigen aber schenkt er seine Gnade“ (Jak 4,6).
The Orthodox Messenger, March/April 1998; Übers. G. Wolf
hier aus St. Andreas Bote
» ... sondern nur durch Beten und Fasten«
von
Erzpriester Prof. Alexander Schmemann (+ 1983)
*Quellenhinweis*
Es gibt keine Fastenzeit ohne
Fasten.
Indessen nehmen heutzutage viele das Fasten scheinbar nicht mehr ernst
oder, wenn sie es ernst nehmen, dann verkennen sie seine wahre
spirituelle Zielsetzung.
Für einige besteht das Fasten im symbolischen
»Verzicht« auf bestimmte Dinge; für andere
bedeutet es die peinlich genaue Beachtung von
Ernährungsregeln.
In beiden Fällen jedoch wird das Fasten selten in Beziehung
gesetzt zu den Mühen der Fastenzeit in ihrer Gesamtheit. Hier
wie woanders auch, müssen wir zunächst versuchen, die
Lehren der Kirche in bezug auf das Fasten zu verstehen und uns
anschließend fragen:
Wie lassen sich diese Unterweisungen in unserem Leben umsetzen?
Das Fasten oder der Verzicht auf
Nahrung ist nicht eine rein christliche Praxis.
Das gab und gibt es auch in anderen Religionen, ja sogar
außerhalb der Religion, wie z. B. bei bestimmten besonderen
Heilverfahren. In unseren Tagen fastet man oder übt Abstinenz
aus allen möglichen Gründen, politische mit
inbegriffen. Es ist deshalb wichtig, den spezifisch christlichen Gehalt
des Fastens darzulegen.
Er wird uns zunächst erhellt in der gegenseitigen
Abhängigkeit zweier Ereignisse, die wir in der Bibel finden:
das eine zu Beginn des Alten Testamentes,
das andere zu Beginn des Neuen Testamentes.
Das erste Ereignis ist das »Brechen des Fastens«
durch Adam im Paradies. Er aß von der verbotenen Frucht.
Auf diese Weise wird uns die Erbsünde des Menschen
enthüllt.
Christus, der Neue Adam - und dies ist das zweite Ereignis - beginnt
mit Fasten.
Adam wurde versucht und erlag der Versuchung;
Christus wurde versucht und bestand die Versuchung.
Die Folge der Schwäche Adams waren die Vertreibung aus dem
Paradies und der Tod.
Die Frucht des Sieges Christi waren die Überwindung des Todes
und unsere Rückkehr ins Paradies.
Der Platz reicht nicht aus, um hier in Einzelheiten den Sinn dieser
Parallelität zu erörtern; aber, es ist indessen klar,
dass uns unter diesem Blickwinkel das Fasten als eine entscheidende
Angelegenheit von äußerster Bedeutung erscheinen
muss.
Es ist nicht einfach eine »Verpflichtung«, ein
Brauch; es ist gebunden an das Mysterium selbst des Lebens und des
Todes, des Heiles und der Verdammnis.
Die Orthodoxie lehrt, dass die Sünde nicht nur die Übertretung einer Vorschrift ist, die eine Züchtigung nach sich zieht; sie ist immer eine Verstümmelung des Lebens, das Gott uns gegeben hat. Aus diesem Grunde wird uns die Geschichte der Erbsünde im Akt des Essens dargestellt. Denn die Nahrung ist das Mittel zum Leben, sie ist es, die uns am Leben hält. Aber das ist die entscheidende Frage: Was heißt das, leben und was bedeutet »das Leben«?
In unseren Tagen hat der Begriff
vor allem einen biologischen Sinn bekommen: das Leben ist genau
genommen das, was von der Nahrung und in einem allgemeinen Sinne, von
der stofflichen Welt abhängig ist.
Aber für die Heilige Schrift und die Christliche Tradition ist
leben »nur vom Brot allein« nichts anderes als
sterben, weil es ein dem Tode ausgeliefertes Leben ist, in dem der Tod
immer wirksam ist. Gott hat, so sagt man, den »Tod nicht
geschaffen«; Gott ist der Spender des Lebens. Wieso konnte
dann das Leben sterblich werden? Warum ist von allem, was existiert,
der Tod die einzige absolute Bedingtheit?
Die Kirche antwortet: Weil der
Mensch das Leben so, wie Gott es ihm anbot und ihm gab,
zurückgewiesen hat und ein Leben vorgezogen hat, das nicht
einzig von Gott abhing, sondern »vom Brot allein«.
Er hat nicht nur Gott den Gehorsam verweigert, wofür er
bestraft wurde. Er wandelte die Beziehung zwischen sich und der Welt
von Grund auf um. Um es genau zu sagen: Die Schöpfung wurde
ihm von Gott als »Nahrung«, als Mittel zum Leben
gegeben. Aber dieses Leben sollte Verbindung mit Gott sein; es hatte in
ihm nicht nur sein Ziel, sondern auch seine Fülle.
»In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der
Menschen«.
Die Welt und die Nahrung wurden also geschaffen als Mittel der
Verbindung mit Gott, und nur wenn sie um Gottes Willen aufgenommen
wurden, konnten sie Leben geben.
In sich selbst trägt die Nahrung kein Leben.
Einzig Gott allein hat das Leben und ist das Leben.
In der Nahrung ist Gott selbst der Grund des Lebens - und nicht die
Kalorien. Also, essen, leben, Gott kennen und in Verbindung mit Ihm
stehen waren ein und dieselbe Sache.
Die unergründliche Tragödie Adams ist, dass er
für sich selbst aß. Mehr noch, er aß
»getrennt« von Gott, um von ihm unabhängig
zu sein. Und er tat es, da er glaubte, dass die Nahrung das Leben in
sich selbst hätte und dass er, indem er aß, sein
könnte wie Gott, d. h. das Leben in sich selbst haben
könnte. Um es einfach auszudrücken; er
setzte sein Vertrauen auf die Nahrung, wohingegen das
einzige Objekt des Glaubens, des Vertrauens, der Abhängigkeit
Gott ist und nur Gott.
Die Welt, die Nahrung wurden sein Gott, die Quelle und die
Grundlage seines Lebens.
Und er wurde deren Sklave.
Adam bedeutet im Hebräischen
»Mensch«. Das ist mein Name, unser aller Name.
Der Mensch ist noch Adam, der Sklave der
»Nahrung«. Er kann vorgeben, an Gott zu glauben,
aber Gott ist nicht sein Leben, seine Nahrung, derjenige, der seine
ganze Existenz umfängt. Er kann vorgeben, dass er sein Leben
von Gott empfängt, aber er lebt nicht in Gott und für
Gott. Sein Wissen, seine Erfahrung, sein Selbstbewusstsein beruhen alle
auf derselben Grundlage: »nur vom Brot allein«.
Wir essen, um zu leben, aber wir leben nicht in Gott.
Das ist die Sünde aller Sünden.
Das ist der Urteilsspruch des unserem Leben anhaftenden Todes.
Christus ist der Neue Adam.
Er kommt, um den Schaden, der dem Leben durch Adam zugefügt
wurde, wieder zu beheben, um dem Menschen das wahre Leben wieder zu
schenken, und so beginnt er mit Fasten.
»Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet
hatte, war er hungrig« (Mt 4,2).
Der Hunger ist der Zustand, in dem wir gewahr werden, dass wir von
einer anderen Sache abhängig sind, wenn wir das dringende und
zwingende Verlangen nach Nahrung verspüren. Das zeigt uns,
dass wir kein Leben in uns haben. Der Hunger ist jene Grenze, jenseits
der ich entweder an Entkräftung sterbe oder, nachdem ich
meinem Körper Genüge getan habe, ich erneut den
Eindruck habe zu leben. Mit anderen Worten: Es ist der Moment, wo sich
die grundlegende Frage stellt: Wovon hängt mein Leben ab? Und
da es sich nicht um eine rein theoretische Frage handelt, da ich sie ja
mit meinem ganzen Körper empfinde, ist das auch die Zeit der
Versuchung. Satan suchte Adam im Paradiese auf und er suchte Christus
in der Wüste auf. Er kam zu zwei hungrigen Menschen und sprach
zu ihnen: »Esst! Denn euer Hunger ist der Beweis
dafür, dass ihr ganz von der Nahrung abhängt, dass
euer Leben in der Nahrung ist.« Und Adam glaubte es und
aß; Christus aber wies diese Versuchung zurück und
sprach: »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von
Gott.«
Er weigerte sich, die kosmische Lüge anzunehmen, die der Satan
in diese Welt trägt.
Sie ist zum Fundament unserer Sicht von der Welt, der Wissenschaft, der
Medizin und vielleicht sogar der Religion geworden.
Hingegen hat Christus das Band zwischen der Nahrung, dem Leben und Gott
wieder hergestellt, das Adam zerrissen hatte und das wir selbst noch
jeden Tag auf´s neue zerreißen.
Was bedeutet das Fasten
für uns Christen?
Es ist -unser Eintritt in- und -unsere Teilnahme an- dieser Erfahrung
Christi selbst, durch die er uns von unserer völligen
Abhängigkeit bzgl. der Nahrung, der Materie und der Welt
befreit.
Allerdings ist unsere Befreiung nicht vollständig; denn, da
wir noch in dieser gefallenen Welt, der Welt des Alten Adam, leben und
zu ihr gehören, sind wir weiterhin von der Nahrung
abhängig.
Aber ganz so wie unser Tod, durch den wir noch gehen müssen,
kraft des Todes Christi zu einem Durchgang zum Leben geworden ist, so
kann das durch die Nahrung, die wir aufnehmen, erhaltene Leben zu einem
Leben in Gott und für Gott werden. Ein Teil unserer Nahrung
ist bereits »Nahrung der Unsterblichkeit« geworden:
der Leib und das Blut Christi selbst.
Aber selbst das tägliche Brot, das wir von Gott empfangen,
kann in diesem Leben und in dieser Welt eher etwas sein, das uns
stärkt und unsere Verbindung mit Gott festigt, als dass es uns
von ihm trennen würde.
Indessen, einzig das Fasten kann diese Umgestaltung bewirken und uns
den existentiellen Beweis liefern, dass unsere Abhängigkeit
von der Nahrung und von der Materie weder eine allumfassende noch eine
absolute ist, und dass sie sogar in Verbindung mit dem Gebet, der Gnade
und der Anbetung, vergeistigt werden kann.
Dieses alles bedeutet, dass das
Fasten, in seiner ganzen Tiefe verstanden, das einzige Mittel
für den Menschen darstellt, seine wahre geistige Natur wieder
herzustellen.
Es handelt sich um ein nicht theoretisches, sondern wahrlich konkretes
Aufbegehren gegen den Lügner, dem es gelungen war, uns davon
zu überzeugen, dass wir nur des Brotes bedürften, und
der auf diese Lüge jede menschliche Kenntnis, jede menschliche
Wissenschaft und jede menschliche Existenz gegründet hat.
Das Fasten entlarvt diese Lüge und weist sie als solche nach.
Es ist sehr bezeichnend, dass Christus anlässlich seines
Fastens auf Satan traf und dass er später davon sprach, dass
Satan nicht anders besiegt werden könnte »als
durch Fasten und Beten«.
Das Fasten ist der eigentliche Kampf gegen den Teufel, weil
es den Widerstand gegen das einzigartige und allumfassende Gesetz
darstellt, das ihn zum »Fürsten dieser
Welt« macht.
Wenn nun aber jemand Hunger hat und gleichzeitig entdeckt, dass er von
diesem Hunger in Wahrheit unabhängig sein kann, nicht durch
ihn vernichtet wird, sondern ihn ganz im Gegenteil in eine Quelle
geistiger Energie und eines Sieges umgestalten kann, dann hat nichts
mehr Bestand von dieser großen Lüge, in der wir seit
Adam gelebt haben.
Wie weit haben wir uns nunmehr
von der gängigen Auffassung gelöst, das Fasten sei
eine bloße Änderung der Ernährungsweise,
eine Vorschrift, was verboten und was erlaubt sei. Das ist alles
vordergründige Heuchelei! Schließlich bedeutet
Fasten nur eins: Hunger haben, bis an die Grenze
der menschlichen Verfassung gehen, die ganz und gar von der Nahrung
abhängt, und in diesem Zustand des Hungers zu entdecken, dass
diese Abhängigkeit nicht die ganze Wahrheit bezüglich
des Menschen ist, dass der Hunger selbst vor allem ein geistiger
Zustand ist und dass er letztendlich in Wirklichkeit ein Hunger
nach Gott ist.
In der Urkirche bedeutete das Fasten immer eine totale Enthaltsamkeit,
ein Zustand des Hungerns, der den Körper an eine
äußerste Grenze treibt.
Hierin erkennen wir jedoch auch, dass das Fasten, als reine
körperliche Anstrengung betrachtet, ohne Sinn bleibt, wenn es
nicht von seinem geistigen Gegenstück
»...durch Fasten und Beten« begleitet
wird.
Das bedeutet, dass, wenn wir keine entsprechende geistige Anstrengung
unternehmen, wenn wir uns nicht von der Göttlichen
Wirklichkeit nähren, wenn wir nicht entdecken, dass wir
völlig von Gott und nur von Gott abhängen, unser
körperliches Fasten Selbsttötung bedeuten
würde.
Wenn Christus selbst versucht wurde, als er gefastet hatte, haben wir
nicht die geringste Möglichkeit, dieser Versuchung zu
entgehen.
Das körperliche Fasten, so wesentlich es auch sein mag, ist
nicht nur ohne Sinn, sondern es ist in Wahrheit gefährlich,
wenn es von dem geistigen Bemühen, von dem Gebet und der
Konzentration auf Gott abgetrennt bleibt.
Das Fasten ist eine Kunst, die einzig die Heiligen beherrschen. Es
würde für uns anmaßend und
gefährlich sein, wollten wir diese Kunst ohne
Beurteilungsvermögen und Besonnenheit ausüben.
Jede Liturgie der Fastenzeit ist ein ständiges
In-Erinnerung-Rufen der Schwierigkeiten, der Hindernisse und
Versuchungen, die diejenigen erwarten, die meinen, sich auf ihren
Willen verlassen zu können und sich nicht auf Gott verlassen
zu müssen.
Dies ist der Grund, warum wir vor
allem eine geistige Vorbereitung auf die Anstrengung des Fastens
nötig haben. Sie besteht darin, Hilfe von Gott zu erbitten und
unser Fasten auf Gott auszurichten.
Aus Liebe zu Gott sollen wir fasten.
Wir müssen unseren Körper als Tempel der
göttlichen Gegenwart wiederentdecken, eine religiöse
Achtung des Körpers, der Nahrung, ja sogar des Lebensablaufs
wiederfinden. All dieses sollte geschehen sein, bevor wir mit dem
eigentlichen Fasten beginnen; und zwar in der Weise, dass wir, wenn wir
es beginnen, mit geistigen Waffen, mit einer Zielvorstellung, mit
Kampfgeist und mit Siegeszuversicht gewappnet sind.
Dann kommt die Zeit des Fastens
selbst. Nach dem, was wir weiter oben gesagt haben, sollte es auf zwei
Ebenen durchgeführt werden:
der des asketischen Fastens
und der
des totalen Fastens.
Das asketische Fasten besteht in einer
energischen Verminderung der Nahrung in der Art, dass ein dauernder
Zustand eines gewissen Hungergefühls erfahren wird als
Erinnerung an Gott und als ständige Aufforderung, unseren
Geist auf Ihn orientiert zu halten. Wer es auch praktiziert, und sei es
nur ein wenig, weiß, dass dieses asketische Fasten uns bei
weitem nicht schwächt, sondern uns im Gegenteil unbeschwert,
gesammelt, maßvoll, froh und geläutert werden
lässt. Dann nimmt man die Nahrung als ein wahres Geschenk
Gottes entgegen; man ist innerlich ständig auf diese Welt
ausgerichtet, die auf unerklärliche Weise von selbst zu einer
Art Nahrung wird. Was die Menge, die Häufigkeit und die
Qualität der aufzunehmenden Nahrung bei diesem asketischen
Fasten angeht, können wir an dieser Stelle nicht weiter
ausführen. Das alles hängt von unseren
persönlichen Fähigkeiten und den
äußeren Lebensbedingungen eines jeden einzelnen ab.
Aber das Prinzip ist klar: es ist ein Zustand, in dem man ein leichtes
Hungergefühl verspürt, dessen
»negative« Natur immer in eine »positive«
Kraft durch Gebet, Sich-Erinnern, Aufmerksamkeit und
Konzentration umgewandelt wird.
Was das strenge Fasten anbetrifft; dieses ist
notwendigerweise in seiner Länge begrenzt und an die
Eucharistie gebunden. Bei den Bedingungen unseres augenblicklichen
Lebens ist es das beste, es an dem Tage einzuhalten, an dem abends die
Präsanktifikaten-Liturgie gefeiert wird Sei es, dass wir an
dem Tage von frühmorgens an, sei es, dass wir ab mittags
fasten, wesentlich ist es, ihn als einen Tag der Erwartung, der
Hoffnung, des Hungers nach Gott selbst zu verbringen. Es handelt sich
um eine Konzentration im Geistigen auf das, was kommen wird, auf die
Gabe, die man empfangen wird und für die man alle anderen
Gaben zu opfern bereit ist.
Obgleich bereits
erwähnt, muss man sich nochmals in Erinnerung rufen, dass
unser Fasten, so begrenzt es auch sein mag, in die Versuchung, in die
Schwäche, zu Zweifeln und zur Verwirrung führen wird,
wenn es ein wirkliches Fasten ist. Mit anderen Worten, es wird ein
wirklicher Kampf werden, in dem wir wahrscheinlich einige Male
unterliegen werden.
Aber der wesentliche Gesichtspunkt des Fastens ist
gerade die Entdeckung des christlichen Lebens als Kampf und als ein
Sich-Mühen. Ein Glaube, der sich nicht über die
Zweifel und die Versuchung hinwegsetzt, ist selten wirklicher Glaube.
Leider ist in dem christlichen Leben kein Fortschritt ohne die bittere
Erfahrung der Niederlage möglich.
Zu viele Leute beginnen mit
Begeisterung zu fasten, um dann bei dem ersten Schwachwerden
aufzugeben. Ich würde sagen, die wahre
Prüfung fällt genau mit diesem ersten Fall zusammen:
wenn wir uns, nachdem wir schwach geworden waren und unseren Begierden
und Leidenschaften freien Lauf gelassen hatten, wieder mutig an die
Aufgabe machen, ohne aufzugeben, egal, wie häufig wir schwach
werden, dann wird früher oder später unser Fasten
geistige Früchte tragen, gleichgültig, wie
häufig wir vorher schwach geworden sind.
Zwischen der Heiligkeit und einem entzauberten Zynismus ist Platz
für die große und göttliche Tugend der Geduld
- der Geduld vor allem mit sich selbst. Es gibt keine
Abkürzung, um zur Heiligkeit zu gelangen; für jeden
Schritt vorwärts muss man den vollen Preis entrichten. Es ist
deshalb besser und sicherer, mit einem Minimum, das gerade ein wenig
über unseren natürlichen Möglichkeiten
liegt, zu beginnen und unsere Anstrengung schrittweise zu
vergrößern als zu versuchen, zu Beginn sehr hoch zu
springen und sich beim Sturz zur Erde die Knochen zu brechen.
Fassen wir zusammen: Wir müssen von einem symbolischen und rein formalen Fasten, das als Verpflichtung und Gewohnheit verstanden wird, zu dem wahren Fasten zurückfinden, wenn es auch bescheiden und begrenzt ist, wenn es nur ernsthaft und wirklich gewollt ist. Schätzen wir ehrlich unsere physischen und geistigen Fähigkeiten ein, handeln wir konsequent und erinnern wir uns jedes Mal daran, dass es kein Fasten gibt, das nicht an die Grenzen dieser Fähigkeiten stößt und das nicht den göttlichen Beweis in unserem Leben erbringt, dass Dinge, die dem Menschen unmöglich sind, für Gott sehr wohl möglich sind.
Schmemann, Alexander (Erzpriester und langjähriger
Dekan der Orthodoxen Theologischen Akademie der USA St.
VLADIMIR´s)
"Die Große Fastenzeit - Askese und Liturgie in der Orthodoxen
Kirche"
Veröffentlichungen des Instituts für Orthodoxe
Theologie, Bd. 2, München 1994