05533 - 999 369
Mehr Informationen zum Kloster auch auf Internet-Site:
http://www.orthodox.de/idx03.htm
Folgende Gottesdienste sind auch für Gäste offen:
Abendgottesdienst:
täglich ....... 18:00 / am Vorabend der Hochfeste ....... 19:00 c.t.
Göttliche Liturgie:
Sonntags ....... 8:00
Hochfeste ....... 08:30
Eine handvoll Mönche hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Glauben
der Orthodoxen Kirche auch in deutscher Sprache zu pflegen.
Vor 20 Jahren sind die ersten dieser Mönche in das eigens für sie erbaute
Kloster Buchhagen im südöstlichen Niedersachsen gezogen.
"Ich hatte
dann erst natürlich so typisch deutsch erst mal gedacht, nun ja, dann müssen
wir das alles griechisch machen, damit es original ist, und da hat mein
Altvater mich ausgelacht und hat gesagt, auf so eine verrückte Idee kann nur
ein Deutscher kommen."
Altvater Johannes sitzt im Herrenzimmer des von ihm gegründeten Deutschen
Orthodoxen Heiligen Dreifaltigkeitsklosters Buchhagen, im Weserbergland im
südöstlichen Niedersachsen. In den 70er-Jahren hatte Johannes Pfeiffer in
Berlin Religionswissenschaft und Musik studiert und auf diesem Weg das
orthodoxe Christentum für sich entdeckt. Auf dem Heiligen Berg Athos in
Griechenland empfing er 1984 die Mönchsweihe. Acht Jahre später, 1992, zogen
die ersten Mönche in das Kloster Buchhagen, das sie zuvor weitgehend
eigenhändig errichtet hatten.
"Es ist
überall so in den orthodoxen Ländern, dass die Klöster immer eine besondere
Funktion haben auch für die jeweilige nationale Kultur. Es ist eine ganz
natürliche Verbindung. Dass wir die Achse der Ewigkeit hier aufrechterhalten,
auch für unser Volk und für dieses Land, das ist sehr, sehr wichtig. Es gibt
glaube ich wenig Orte heute, wo überhaupt für Deutschland oder für das
deutsche Volk gebetet wird. Ich glaube, das ist sehr, sehr wichtig, gerade in
der heutigen Zeit."
"Wir beten an
den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist. Die wesenseine und unteilbare
Dreifaltigkeit. Und singen mit den Seraphim: Heilig, heilig, heilig bist Du
Gott."
Gottesdienst in der vergleichsweise kleinen Krypta des Klosters. Die Malereien
von Jesus, Maria und anderen Heiligen an den Wänden werden von Kerzen schwach
erleuchtet. Der Geruch von Weihrauch erfüllt den Raum, geräuschvoll wird das
Weihrauchgefäß als Teil der Zeremonie immer wieder geschwenkt. Es ist
Samstagabend, öffentliche Vesper, eine Besucherin und ein Besucher haben sich
eingefunden, dazu der Praktikant des Klosters. Die vier Mönche des Klosters
begrüßen den Sonntag, fast zweieinhalb Stunden lang, stehend und fast
durchgängig singend. In guten Klöstern werde sehr viel gesungen, erklärt
Altvater Johannes:
"Das ist
allgemein in der Orthodoxen Kirche so, dass der Gesang in der Kirche Widerhall
und Abbild des Gesangs der Engel am himmlischen Throne des ewigen Vaters ist.
Der Gesang ist auch Widerhall der kosmischen Harmonie, und insofern ist er
natürlich besonders in den Klöstern immer auch eine Form der Einübung in diese
göttliche Harmonie, in der die ganze Schöpfung mit den geistigen Mächten und
so weiter sich befindet."
Den Gesang der Mönche komponierte Altvater Johannes selbst. Im 19. und 20.
Jahrhundert war vereinzelt auch von evangelischer und katholischer Seite
versucht worden, einen deutschsprachigen Choral-Gesang zu erarbeiten. Dieser
setzte sich aber nicht durch.
"Es war immer
das Problem, wenn man die gregorianischen Melodien nimmt und puzzelt dann den
deutschen Text drunter, dann passt das oft nicht. Und dann war immer das
Problem, was muss man anpassen? Dann wird die Sprache verändert, dann kommt
dabei so ein Holperdeutsch raus, was dann sehr unangenehm ist. Dann gab es
auch früher schon Ansätze, dass man versucht hat, die Musik an die Sprache
anzupassen, aber das war alles sehr, sehr schwierig."
In Buchhagen haben sich die Mönche deshalb für einen anderen Weg entschieden.
Sie haben gar nicht erst versucht, die Melodien aus dem lateinischen oder
griechischen Gesang zu übernehmen. Sie orientieren sich lediglich an den
althergebrachten Tonfolgen und setzen diese in deutscher Sprache neu um. Mit
dem Ergebnis ist Altvater Johannes sehr zufrieden:
"Schönheit
und Würde des Deutschen soll da auch in den Texten zum Tragen kommen. Auf der
einen Seite hat man das Gefühl, das ist tausend Jahre alt, auf der anderen
Seite versteht man alles und das ist eine vollkommene Harmonie zwischen Text
und Gesang."
Vier Gottesdienste unterschiedlicher Länge feiern die Mönche jeden Tag.
Daneben widmen sie sich der Übersetzung der orthodoxen Liturgie aus dem
Griechischen ins Deutsche. Sie haben auch einen eigenen Verlag gegründet, um
ihre Übersetzungen zu veröffentlichen.
"Wir
verdienen auch das Geld für das Kloster selber. Wir verkaufen irgendwelche
Produkte, die wir hier herstellen. Und das ist sehr, sehr bescheiden
natürlich, weil wir ja neben der geistlichen und inhaltlichen Arbeit im Grunde
auch gar keine Zeit haben, groß Geld zu verdienen. Aber es muss sein, was
soll's. Wir sind da wie jeder Schusterladen an der Ecke auch nicht anders
gestellt."
Unterstützung bekommen die vier Mönche dabei von wechselnden Praktikanten,
meist aus Ländern Osteuropas. Jeden Tag beginnt die Gemeinschaft bereits um 4
Uhr am Morgen, um ihr spezifisch deutsches Orthodoxes Christentum aufrecht zu
erhalten. Sie pflegt auch Kontakte zu den katholischen Klöstern der Umgebung,
vom Kloster Corvey bekamen die orthodoxen Mönche Reliquien geschenkt. Das
Missionieren sehen sie übrigens nicht als ihre Aufgabe an. Dazu bleibe den
Mönchen, so Altvater Johannes, keine Zeit:
"Es geht in
erster Linie um das Sein. Alles andere, das kann geschehen oder nicht
geschehen, man weiß es ja nicht. Wenn die Menschen, der ein oder andere das
entdeckt und für sich als wertvoll erkennt, dann ist das natürlich sehr gut,
aber wir können das nicht machen. Man sucht die Wahrheit, und wenn man Glück
hat, findet man."
Mehr zu dem Thema:
Weitere Informationen über das Kloster und CDs mit dem Gesang der Mönche
finden Sie im Internet unter www.orthodox.de.
Vater Abt JOHANNES:
Wie lieblich sind Deine Wohnungen /
o Herr der Geistmächte +
Auf einem Nordosthang des Voglergebirges im Weserbergland erhebt sich oberhalb Buchhagen eine kleine, aber bemerkenswerte Klosteranlage. Die harmonisch an den Berg geschmiegten Gebäude und Sandstein-Terrassen erinnern an vorromanische und frühe byzantinische Heiligtümer; wer es kennt, wird an die Klöster und Kellien des Heiligen Berges Athos denken.
Wer aber meint, ein Museum besichtigen zu können, wird enttäuscht. Das Kloster ist eine Neugründung, der Stammsitz der ersten deutschen orthodoxen Mönchs-gemeinschaft; es ist ein Ort des Lebens.
Bisher leben dort der Abt und ein Mönch. Die Krypta ist in den Berg hinein gebaut, hier und da Fresken mit Engeln und Heiligen, die Lampen brennen mit geweihtem Öl, jeden Tag erklingt der heilige Gesang, steigt Weihrauch auf.
Doch während auf der einen Seite des Klosterhofes schon Rosen und Wildblumen blühen, ist es dort, wo später der Eingang zur Klosterkirche sein soll, noch wüst. Alles ist offen, Stoff und Geist wollen beackert werden.
Es ist ein Beginn, eine Chance für ernsthafte junge Männer, die vielleicht tiefste und schönste spirituelle Lebensweise der Christenheit im Herzen Deutschlands zu entdecken und, vielleicht, selbst zu verwirklichen.
Das Leben im Dreifaltigkeitskloster ist gewiss nicht leicht, aber es hat tiefe Wurzeln. Es gründet in der Liebe Gottes, und in der zweitausendjährigen Tradition des orthodoxen Mönchtums.
Wer ist ein Mensch, der das wahre Leben begehrt /
der seine Tage in Gott erfüllt sehen will +
Seit den Anfängen der Christenheit gab es immer wieder Einzelne, die von der Liebe Gottes erfüllt waren und ihr Leben in vollkommener Hingabe Gott, dem Heiligen und Ewigen weihten. Das Urbild dieses Mönchtums ist der Evangelist Johannes, der Apostel der Weisheit und der mystischen Gottesliebe, wie sein Evangelium, seine Briefe und die geheime Offenbarung in der heiligen Schrift bezeugen. Diese Menschen verzichten auf Besitz, Ehe, weltlichen Ruhm und weltliche Freuden, um das höchste Gut, die höchste Schönheit, die himmlischen Wonnen zu erringen, um würdige Nachfolger Christi, wahre Liebhaber Gottes zu werden.
Eine der ersten historisch greifbaren Mönchsgestalten ist der heilige Antonios der Große (250-356 n.Chr.). Er folgte als junger Mann der Aufforderung des Evangeliums, verließ seine nicht unwesentlichen Reichtümer und zog zu einem Altvater, einem Eremiten, wie sie zu jener Zeit etliche in der Wüste zwischen dem Nil und dem roten Meer lebten. Später, in reifen Jahren, wurde er einer der berühmtesten Altväter Ägyptens; außerhalb der mönchischen Kreise wurde er durch seine Lebensgeschichte bekannt, die der damalige orthodoxe Bischof von Alexandrien, Athanasios, schrieb.
Ungefähr zur selben Zeit wirkte auch der heilige Pachomios (290-346 n.Chr.); er war Soldat, als ihm ein Engel erschien, ihm das Gewand der Mönche zeigte und sprach : "in diesem Gewand wird jeder errettet". Sofort verließ er die Armee und schloss sich einem Altvater an, dem er viele Jahre liebevoll in Geduld und Demut diente und der ihn den Weg der Heiligung lehrte. Später gründete Pachomios eines der ersten großen, befestigten Klöster und schrieb die erste historisch überlieferte Mönchsregel.
Viele großherzige junge Männer, die ein Ziel suchten, folgten diesen und ähnlichen Beispielen, so dass binnen Kurzem die Wüsten Ägyptens und Palästinas von Tausenden von Mönchen und unzähligen Klöstern erfüllt waren.
Als im 4. Jahrhundert die Verfolgung der Kirche beendet und das Christentum langsam zur Staatsreligion wurde, war das Mönchtum bereits eine gewaltige Bewegung geworden. Und als die Kirche durch ihre unvorstellbar wachsende Macht in Gefahr geriet, selbst zu verweltlichen, war es vor Allem das Mönchtum, das den Geist des Ursprungs und den mystischen Weg der Wandlung bewahrte, den Christus seine Jünger gelehrt hatte.
Mit großer Begeisterung berichtet zwei Generationen später der heilige Kirchenvater Basileios der Große (329-378 n.Chr.) in seinen Schriften über das Mönchtum seiner Zeit. Er bezeugt, dass in der Mönchsgemeinschaft Menschen verschiedenster Herkunft oder Bildung in vollkommener heiliger Liebe miteinander verbunden sind, und rühmt die Einmütigkeit, die wahre Freiheit und Herzensverbundenheit, die er in den Klöstern beobachtete. Basileios lebte selbst mit Freunden in einer klösterlichen Gemeinschaft, ehe er Bischof wurde; er kannte aus eigener Erfahrung die Gemeinschaften Syriens und Ägyptens. Später schrieb er seine berühmte Mönchsregel, die bis heute die Grundlage des orthodoxen Mönchtums geblieben ist.
Im 5. Jrh. lebte der heilige Dionysios; er erhielt bei der Mönchsweihe den Namen des athenischen Ratsherrn, der ein Schüler des Apostels Paulus war. Seine Schrift "die mystische Theologie" ist ein Basistext der orthodoxen Spiritualität. Darin sind tiefste und allgemeingültigste Einsichten kurz, klar und deutlich ausgedrückt, die jegliche äußerliche oder ideologische Vorstellung von christlicher Religion ad absurdum führen und auf diese Weise wirkliche Gotteserkenntnis überhaupt erst erschließen. Sie sind eindeutig aus seiner eigenen mystischen Erfahrung erwachsen, die er auf höchstem intellektuellen und philosophischem Niveau reflektiert hat. Recht verstanden, halbverstanden oder auch unverstanden haben diese Schriften nun schon durch anderthalb Jahrtausende hindurch innerhalb und außerhalb der christlichen Welt Generationen von Gelehrten fasziniert, geärgert und inspiriert.
Im 9. Jrh. lebte Symeon der neue Theologe. Mit 15 Jahren lernte er während seines Studiums in Konstantinopel seinen geistlichen Vater kennen, Symeon den Älteren. Durch diesen in der Praxis des geistigen Betens unterwiesen erfuhr er schon als Jugendlicher die wunderbare Einwirkung der göttlichen Gnade. Er trat in das Kloster seines geistlichen Vaters ein, gemeinsam hatten sie manche Kämpfe zu bestehen. Später wirkte Symeon als Abt im Mammaskloster am Bosporus. Er war ein begnadeter Altvater und hinterließ Hymnen voller mystischer Tiefe und praktische Unterweisungen.
Im 10. Jrh. bewegte Athanasios, der Gründer der großen Lawra auf dem Heiligen Berge, den oströmischen Kaiser Nikephoros, Geld und Soldaten zum Bau seines Klosters zu schicken. Er richtete dann auf der Halbinsel des Berges Athos das erste Gemeinschaftskloster ein.
Zur gleichen Zeit lebte in einer Einöde des Rilagebirges der heilige Johannes mit seinen Schülern; er wurde der Stammvater des Mönchtums der Bulgaren und in der Folge aller Slawischen Völker.
Durch eine spektakuläre Flucht am Vorabend seiner Hochzeit entzog sich Ende des 12. Jahrhunderts der serbische Kronprinz den dynastischen Plänen seines königlichen Vaters. Als die Soldaten seines Vaters ihn auf dem heiligen Berg Athos fanden, war er bereits unter dem Namen Sabbas Mönch geworden. Er gründete auf dem Heiligen Berg das serbische Kloster Chilandar; der König dankte später ab, wurde Mönch und geistlicher Schüler seines leiblichen Sohnes.
Im 13. Jrh. trat Gregor Sinaites als sehr junger Mann im Katharinenkloster auf dem Berge Sinai in den Mönchsstand ein; von dort erhielt er seinen Beinamen. Als gereifter Mönch gründete er später auf Athos ein eigenes Kloster, welches bis heute seinen Namen trägt; schließlich wirkte er in Bulgarien als Altvater.
Beide, Gregor Sinaites und Symeon der neue Theologe sind überragende charismatische Gestalten, die auch Widerspruch hervorriefen und in ihrem Leben heftigen Widerständen und Kämpfen ausgesetzt waren. Als echte Träger des Geistes Gottes sprengten sie viele übliche Vorstellungen und konfrontierten die Menschen mit der lebendigen Kraft und Liebe Gottes. Beide wirkten in hohem Maße der Verideologisierung und Verinstitutionalisierung der Kirche entgegen. Sie lehrten ausschließlich in ihren Klöstern im Kreise ihrer Schüler, mit denen sie das alltägliche Leben teilten, hatten aber gleichwohl einen erheblichen bleibenden Einfluss auf die Geisteskultur der orthodoxen Christenheit. Teile ihrer Werke sind in die Philokalie, eine Schriftensammlung zur Einführung in die hesychastische Praxis, eingegangen.
Ebenfalls von großer Bedeutung ist Gregor Palamas. Er war in allen weltlichen und geistlichen Wissenschaften hochgebildet, als er im 14. Jrh auf Athos Mönch wurde. Wegen seiner besonderen Fähigkeiten wurde er später zum Erzbischof von Saloniki gewählt. Dort reflektiert und verteidigt er in den geistigen Auseinandersetzungen mit dem Humanismus und der westlichen Scholastik die mystische Praxis des orthodoxen Mönchtums philosophisch und theologisch. So ist es nicht zuletzt ihm zu verdanken, dass im Bereich der Orthodoxie Mystik und Theologie nicht zum Gegensatz wurden und dem orthodoxen Mönchtum sein autonomer, prophetischer und charismatischer Charakter bewahrt wurde. In dem Zusammenhang formulierte er die Lehre von den göttlichen Energien, deren Übereinstimmung mit der urkirchlichen Überlieferung auf den Konzilien von 1351 und 1352 in Konstantinopel bestätigt wurde.
Im 18. Jrh. brachte Paissij Velitschkowskij die athonitische Altvätertradition nach Rumänien und Rußland und regte so die Erneuerung des russischen Mönchtums an.
Von dem russischen Heiligen Serafim von Sarov, der bis 1833 lebte, wird berichtet, dass er durch die Tiefe seiner Gottesliebe mit wilden Tieren sprechen und anderen Menschen das göttliche Licht mitteilen konnte.
In der jüngeren Zeit wirkte auf Athos Josef der Hesychast als großer Altvater, dessen Schüler heute als geistige Väter und Äbte auf Athos und in der ganzen Welt wirken.
Die Reihe ließe sich endlos fortsetzen.
Diese und andere berühmte Mönchsvätergestalten sind nur die geschichtlich greifbaren Glanzpunkte einer unendlich weiteren geistigen Bruderschaft. Die meisten wirken im Stillen, hinterlassen weder Schriften noch äußere Lehren; oft verweigern sie sogar, dass ihr Name bekannt wird. Unter ihnen sind begnadete Künstler, Architekten, Gartenbauer, Musiker, hochintelligente wie einfache Menschen, die auf Karriere, Reichtum und Ehre verzichten um des höchsten Gutes willen. In der bezaubernden Schönheit mancher Klosteranlagen und in der geistigen Kultur hinterlassen sie ihre Spuren, ohne selbst nach außen in Erscheinung zu treten.
Wenn auch nicht jeder, der den Mönchsmantel trägt und ein kirchliches Amt bekleidet, ein wirklicher Träger des Geistes ist, so kann man doch in Klöstern wie in kleinen Mönchsgehöften mitunter Heiligen begegnen. Unter einer unscheinbaren, vielleicht naiv oder lässig wirkenden Hülle verbirgt sich oft ein hochkarätiges Gold außerordentlicher menschlicher Qualität und spiritueller Tiefe.
Die Wenigen, die den Weg in seiner eigentlichen Weite und Tiefe leben, sind es, auf deren Schultern, oder besser gesagt in deren Gebet die Welt ruht.
Wenn heute in der Orthodoxie das Mysterium der Urkirche immer wieder spürbar "zu Hause" ist, verdankt sie das nicht zuletzt ihrem urtümlichen Mönchtum und den großen Gestalten, die es immer wieder hervorgebracht hat.
Anders als im Westen beschäftigten sich die orthodoxen Klöster in der Regel nicht mit Kolonisation, Krankenpflege, Predigt und anderen nach außen gerichteten Tätigkeiten. Im kulturell hochstehenden byzantinischen Osten waren diese Bereiche durch kirchliche Laienorganisationen oder staatliche Institutionen abgedeckt. Auch das westliche Ordenswesen blieb dem orthodoxen Mönchtum fremd.
Weniger Macht und Größe der klösterlichen Institutionen als vielmehr das Leben und Wirken ihrer Mönche legt Zeugnis von der Schönheit und der ungebrochenen geistigen Kraft dieser Tradition ab.
Die Klöster waren und blieben Zentren gelebter Mystik und konnten das Mysterium und die Autonomie des Mönchtums durch die Zeiten hindurch erhalten. Wenn sie auch gelegentlich bedeutende kulturelle Arbeit leisteten, so blieben sie doch immer zuerst Übungsstätten der Heiligung. Bis heute wirken sie dort, wo der Geist lebt, auf diese sehr spezifische mittelbare Weise auf Kirche und Gesellschaft ein.
Eines der wichtigsten Zentren des orthodoxen Mönchtums ist ohne Frage der Heilige Berg Athos, wo auch der Gründer des Dreifaltigkeitsklosters die alte Tradition erlernte und die höchsten Mönchsweihen empfing. Dort findet man bis heute die verschiedenen monastischen Lebensformen nebeneinander : Einsiedler, die in den Bergen in versteckten Waldhütten und Höhlen hausen, die Kellienmönche, die zu zweit oder dritt unter Leitung eines Altvaters auf größeren Gehöften oder kleineren Klöstern leben, bis hin zu den Großklöstern, in denen oft 20 bis 100, in seltensten Fällen auch mehr Mönche leben. Eine spätere Sonderform, die sich während der türkischen Fremdherrschaft entwickelt hatte, die Idiorhythmie, bei der in den Mauern eines Großklosters Mönche mit Privatbesitz und ohne Abt lebten, ist allerdings in den letzten Jahren wieder abgeschafft worden.
Das Kloster ist eine Grenzstation zwischen Himmel und Erde, eine Festung Gottes in dieser irdischen Welt. Die Mönchsgemeinschaft erhält und verteidigt den Grenzpass, der von der Zeit zur Ewigkeit, von der Erden zum Himmel führt. Dementsprechend heftig sind oft die Angriffe, welche die Mächte des Bösen gegen diese Festung führen. Doch in Allem führt Gott seine Heiligen und bewahrt sie im Schutz der himmlischen Mächte und durch den unerschütterlichen Beistand Seiner allheiligen Mutter Maria.
Wer wird den Berg des Herrn ersteigen /
Wer wird auf Seiner heiligen Höhe verweilen ? +
Das Mönchtum ist in vielerlei Hinsicht die Fortsetzung des alttestamentlichen Prophetentums. Es ist der uralte, klassische Weg der praktischen Mystik. Das Mönchtum ist nicht von dieser Welt, und die Welt tut sich gelegentlich schwer damit. Und doch ist es in dieser Welt und für sie ein Zeichen, das sie wesentlich über sich hinausweist.
Wer die Welt hinter sich gelassen hat, ist fähig, die Welt zu tragen. Wer an der eigenen Heiligung arbeitet, arbeitet an der geistigen Heilung und Heiligung der Welt. Nur, wer selbst heilig wird, bringt auch anderen Heil. Nur, wer selbst die Kraft Gottes empfängt, kann sie weitergeben. Für den, der den Weg geht, ist es der vollkommene Weg des Heils.
Wo Heiligung in der tatsächlichen Lebenswirklichkeit geschieht, da ist der Weg. Er birgt Mühe und Freude. Die Mühe ist Askese, die Freude ist geschenkte Gnade.
Der mystische Weg vereint die Gegensätze; Gehorsam und Willenskraft, Weisheit und Kindlichkeit, Einfachheit und Tiefe, Demut und Würde, Eifer und Gelassenheit, Einsamkeit und Gemeinschaft, Männlichkeit und Weiblichkeit, Bindung und Freiheit . . .
Wahrlich / es wandelt der Mensch in trügendem Schein /
Von Nichtigkeit geschüttelt sammelt er Schätze / und weiß doch nicht für wen +
Die "normale" Welt ist durch die Trennung von Gott gefallen, in einem existentiellen Sinne. Mancher kennt das Empfinden, dass dieses normale Leben nicht des Eigentliche sein kann. Während ein junger Mensch noch die Fälschungen des Lebens sehr heftig empfindet, gehen die meisten doch bald dazu über, zu verdrängen, sich zu betäuben und doch "mitzumachen". Oft ist es Unwissenheit, der Mangel an glaubwürdigen Alternativen. Der "Fürst dieser Welt" will nicht, dass wir aufwachen und die Wahrheit erkennen. Werbung, Filme, Medien, die Mechanismen der Abhängigkeit und des Konsums, kurz, alle möglichen weltlichen Beeinflussungen ruinieren auf die Dauer das innerste Empfinden.
Dieses entfremdete Leben mit seinen scheinbaren Vergnügungen und Notwendigkeiten fälscht weiterhin unsere lebendigen Beziehungen untereinander, verhindert die Erkenntnis Gottes und macht die Entfaltung des inneren Menschen zur Verwirklichung seines ewigen göttlichen Urbildes fast unmöglich – jedenfalls aus eigener Kraft.
Die Wege des Lebens zeigst Du mir auf /
Und meine Seele wird Glanz und Licht vor Deinem Angesicht +
Dieser gefallenen Welt und ihrem Trug, den Fälschungen des Lebens, dem Verrat an Liebe und Wahrheit erteilt man eine klare Absage, wenn man den Mönchsweg beginnt. Die Heilung der Welt kann nur im Geistigen beginnen, und dazu bedarf es beherzter Schritte. In der äußerlichen Stille und Zurückgezogenheit des Klosters geschehen gewaltige Prozesse. Es gilt, die geistige Wahrnehmung zu öffnen, Selbsterkenntnis, vollkommene innere Freiheit und heilige Liebe zu erwerben.
Die Einübung der archaischen Rituale der orthodoxen Gottesdienste nebst den weiteren geistigen Übungen ermoeglicht die Verbindung mit den ewigen Urbildern. Ebenso wichtig aber ist auf dem Wege die Fähigkeit, den Alltag zu meistern, Arbeiten zur Vollendung zu bringen und menschliche Freundschaft und Treue zu entwickeln.
Auf diese Weise wird das Mysterium des wahren Lebens nach und nach erfahrbare Wirklichkeit. Von dieser Erfahrung her kann der Einzelne wiederum auf das Ganze in einem guten, heilsamen Sinne einwirken.
Der Weg ist keine besondere Lehre, kein System, und schon gar keine Ideologie, sondern ist in der Art und Weise des sich selbst erkennenden Lebens verborgen, in der sich entfaltenden mystischen Erfahrung des Seins. Der Weg ist Leben. Es ist das Leben der Heiligung selbst.
Der allgemeine christliche Weg beginnt damit, dass man sein Leben ganz und gar Christus übergibt. Auch "in der Welt", ist Heiligung möglich, wenn man die richtige Gemeinschaft pflegt, sich von Fälschungen freimacht, die Sakramente der Kirche empfängt und kirchlich lebt. Es ist der Weg der christlichen Ehe. Die Familiaritas des Klosters ist ein Versuch, diese Form des christlichen Lebens zu gestalten.
So werde ich also im Heiligtum von Dir erkannt /
Da ich erschaue Deine Schönheit und Kraft +
Der engere Weg der Mönche, der eigentlich mystische Weg, beginnt, wenn man sich einem Altvater anschließt und sein Jünger, geistlicher Schüler wird. Im gemeinsamen Leben wird nun der Weg durch den Altvater (Abt) an die Jünger weitergegeben.
Ein wirklicher Altvater ist nicht nur ein Klostervorsteher, sondern ein spiritueller Meister. Seine Autorität gründet weniger in seinem kirchlichen Amte als vielmehr in seiner eigenen Hingabe, in seiner geistlichen Erfahrung, seiner Intuition und geistigen Unterscheidungskraft. Vor allem aber in der Liebe, die denen entgegenbringt, die ihm nachfolgen. Denn nur die Kraft der Liebe vermag das innerste Wesen, das Urbild eines Menschen zu erkennen und zur Entfaltung bringen. Seine katalytischen Wirkungen sind mitunter irritierend oder unbequem, aber letztlich befreiend.
Der Schüler folgt seinem Altvater in Allem mit großer Hingabe und Disziplin. Es wäre übrigens ein Irrtum, zu meinen, dies hieße Verantwortung abschieben. Der Altvater ist keine Projektionsfigur; er wird keine falschen Abhängigkeiten dulden. Monastische Nachfolge setzt Eigenverantwortung voraus. Der Altvater strebt mit seinen Schülern geistige Freundschaft an. Geistige Freundschaft aber gedeit nur, wo zugleich innere Freiheit und Herzensmut wachsen.
A und O des Weges sind Liebe und Wahrheit.
Liebe und Wahrheit sind die höchsten Werte des Christentums; ohne sie ist Spiritualität und Askese hohl und widergöttlich. Denn Liebe und Wahrheit sind nicht nur zeitliche ethische, religiöse Werte, sondern ewige göttliche Urprinzipien, Gnadenkräfte oder Energien. Gott ist Liebe, wie Johannes der Evangelist sagt.
Die Verwirklichung von Liebe und Wahrheit setzt Einsicht, Wissen und Überwindung der Fälschungen voraus. Sie vom Urbilde her zu erfahren und zu leben, erfordert einen langjährigen Prozess des Erwachens zu geistigem Bewusstsein und des Hineinwachsens zum eigentlichen Sein. Das erfordert bequeme Fassaden aufzugeben, Grenzerfahrungen zu durchstoßen, Leid nicht zu verdrängen, Licht und Finsternis auszuhalten und was sonst zur mönchischen Herzensübung gehört. Der Spiegel des Göttlichen liegt verborgen in den Abgründen des Herzens.
Christliche Askese heißt : alles Falsche abstreifen, das Unvollkommene wandeln und zum Eigentlichen vorstoßen. Askese ist Übung des Herzens. Ein christlicher Asket ist einer, der lieber alles drangibt als Liebe und Wahrheit zu verraten.
Deshalb nur können Liebe und Wahrheit das Verhältnis des wahren Mönchs zu Gott, zu den Mitbrüdern und geistigen Schülern des Klosters, zu den anderen Wesen der göttlichen Schöpfung, zur Arbeit, zum Gebet, zu allem Lebendigen durchdringen.
Du reichst mir das Kostbarste, Deinen berauschenden Kelch /
Und ich bleibe im Hause des Herrn immerdar +
Die Kraft, die dies ermöglicht, ist der göttliche Eros. Wir müssen uns hier völlig freimachen von den niedrigen weltlichen Vorstellungen, die viele heute mit dem Begriff verbinden. Der göttliche Eros, von dem die Väter sprechen, ist die reine Kraft göttlicher Liebe, die das All und die ganze Schöpfung hervorgebracht hat, aus der alles Seiende lebt und die uns zur Erkenntnis der Wahrheit führt.
Der Göttliche Eros entzündet ein heiliges Begehren, er öffnet das geistige Auge, führt zur Erkenntnis der eigentlichen, höchstmöglichen Wesensgestalt und entfaltet unsere Lebenswirklichkeit zum göttlichen Urbild des Seins hin. Zwischen den Menschen erzeugt er eine lautere, keusche Herzensneigung, in welcher keine Unreinigkeit, keine Angst und kein egoistisches Wollen ist. Die in jedem Menschen angelegte und so oft verletzte oder gar zerstörte Sehnsucht nach vollkommener Liebe und Wahrheit ist Teil dieses höchsten Strebens. Kaum eine irdische Liebe vermag diese Sehnsucht zu erfüllen.
Gott drängt sich nicht auf, aber er kennt unsere Sehnsucht. Er selbst hat die Sehnsucht in unser Herz gelegt, damit wir Ihn suchen.
In den Fälschungen des Lebens wird unsere Sehnsucht auf ungeeignete, uneigentliche Ziele abgelenkt. So werden wir am Empfang der Gnade gehindert. Die Quelle aller Sehnsucht ist aber zugleich die Quelle aller Erfüllung, aller Lebenskraft, allen Schöpfertums, aller echten Liebe und Freundschaft. Es ist der göttliche Eros, die schöpferische Liebe Gottes. Jedes edle, reine Streben des Menschen ist Bild und Spiegel des göttlichen Eros.
So hat uns Gott erkannt, so will Er von uns erkannt werden, dass auch wir einander in Wahrheit erkennen.
Das Mönchtum ist die äußerste Antwort eines Menschen auf die göttliche Liebe, wo das Begehren des Menschen mit dem Begehren Gottes zusammentrifft.
Auf diesem Wege finden wir unser ewiges göttliches Urbild und verwirklichen unser innerstes Wesen. Darum verlassen wir alle Fälschungen und Uneigentlichkeiten und werden, was wir von Ewigkeit her zu sein erschaffen wurden.
Wenn ein Mensch auf diesem Weg beharrlich bleibt und in Krisen nicht wegläuft, wird er seinem ewigen göttlichen Urbild immer näher kommen; er wird die Kraft der ewigen Dreifaltigkeit schmecken; er wird durch Feuer und Wasser gehen und göttlichen Schmerz und göttliche Freude erfahren.
So entsteht Heiligkeit.
Die Wege des Herrn sind Gnade und Wahrheit /
Für die / welche Seinen Bund und Seine Zeugnisse ergründen +
Es sind im Kloster nicht allein menschliche Kräfte und Möglichkeiten, die entfaltet werden. Der Mönch ist aufgerufen Mitarbeiter Gottes an der Heiligung der Welt zu sein. So wird schon im Sakrament der Mönchsweihe der Myste, nachdem er die Gelübde ablegt hat, um göttliche Gnade gebetet.
Dem menschlichen Mühen kommt die Gnade Gottes entgegen.
Askese öffnet uns zur Empfängnis der Gnade. Wo die Sinne des Menschen geläutert, und die Liebe durch Hingabe und Prüfungen stark geworden ist, strömt die Gnade und Kraft des heiligen Geistes machtvoll ins Herz.
Gnade ist die Einwirkung der lebendigen, wirkenden Kraft Gottes, das Licht des göttlichen Wesens, Kraft der Dreifaltigkeit, Einwohnung des Heiligen Geistes.
Die Erfahrung der Gnade überschreitet jeden Begriff. Die Väter sprechen vom Empfang des Taborlichtes; jenes überirdischen, göttlichen Lichtes, welches auch die Apostel Johannes, Petrus und Jakobus auf dem Berge Tabor sahen. Es ist eine buchstäbliche Erleuchtung.
Die Gnade kann sich aber auch still und ganz allmählich ins Herz eingießen und sich eher mittelbar äußern. In jedem Fall verändert sie den Menschen, macht ihn weit, licht, und schön.
Dem gereinigten und geöffneten Bewusstsein wird die göttliche Gnadenkraft in all ihren vielfältigen Wirkungen spürbar. Es sind dies die göttlichen Energien, von denen der heilige Gregor Palamas spricht. Die Erfahrung solcher Gnadeneinwirkungen gibt dem Glauben eine völlig neue Dimension.
Darum erschöpft echtes Mönchtum sich nicht in äußerer Regelerfüllung und frommem Eifer, sondern erweist sich erst jenseits von Lehrsätzen, Formen und Vorschriften, in seinen eigentlichen geistigen Qualitäten. Diese stehen neben der Liebe und der Wahrheit und werden durch diese beiden geadelt.
Darum widersteht wirkliches Mönchtum jeglicher Engigkeit des Geistes und der Anschauung. Deshalb ist das Kloster keine Gesellschaft von Theologen, Priestern, Ideologen, oder Gelehrten.
Das Kloster ist ein heiliger Bund solcher, die auf dem Wege sind, die "das wahre Leben begehren" und zu gottgeweihten Mystikern zu werden. Sein Telos ist die Vollendung der Liebe.
Wer ist ein Mensch / der das wahre Leben begehrt /
der seine Tage in Gott erfüllt sehen will +
Es ist unmöglich, von einem zum anderen Tag Mönch zu werden. Wegen der Ernsthaftigkeit und Konsequenz dieses Weges gibt es etliche Vorstadien zum Zweck der Prüfung und Erprobung.
Wenn man den Wunsch hat, Mönch zu werden, lebt man zunächst eine Zeit als Gast im Kloster. Nach einigen Wochen oder mehreren Besuchen kann man in den Status des Postulanten überwechseln; dazu erhält man vom Abt einen entsprechenden Segen und verpflichtet sich für eine bestimmte Zeit. Dabei legt man keine Gelübde ab außer dem des Gehorsams. Diese Bindung ist wichtig, damit man nicht bei irgendwelchen Zweifeln oder Irritationen gleich aufgibt noch ehe man einen Blick hinter die Oberfläche gewonnen hat.
Wenn man nach dieser Zeit immer noch glaubt, es könnte das Richtige sein, dann bittet man um Aufnahme ins Noviziat. Und wenn der Abt der Ernsthaftigkeit des Kandidaten vertraut, wird er seinen Segen nicht verweigern. Als Novize verpflichtet man sich nochmals für eine bestimmte Zeit, im Kloster zu dienen und in Allem dem Abt gehorsam zu sein. Aber man empfängt bereits einen stärkeren Segen und ein Mönchsgewand, jedoch noch ohne Schleier und großen Mantel. Es ist eine Art Verlobung, d.h. es hat schon eine gewisse Verbindlichkeit, lässt aber noch beiderseits die Möglichkeit offen, vom Weg zurückzutreten, wenn man merkt, dass es beim besten Willen nicht geht.
Diese Zeit dauert in der Regel nochmal ein Jahr, kann aber nötigenfalls bis zu drei Jahren ausgedehnt, in besonderen Fällen auch abgekürzt werden. Es ist eine wichtige Lehr- und Probezeit, während derer man in das Leben der Gemeinschaft hineinwächst und erste wesentliche Erkenntnisprozesse durchmacht. Dabei werden die grundlegenden Elemente der heiligen Überlieferung erlernt.
Wenn man nach dieser Prüfungszeit glaubt, dass es das Richtige ist, und wenn auch die anderen dem zustimmen, dann darf man die ewigen Gelübde ablegen. Erst jetzt empfängt man vom Abt die erste Mönchsweihe. Damit ist man vollgültiges Glied der Klostergemeinschaft mit allen Rechten und Pflichten. Es ist ein heiliger Lebensbund sowohl zwischen Mensch und Gott als auch zwischen den Mönchen.
Bedeutung der Mönchsweihe
Wisset, der Herr wirkt Wunder an Seinen Geweihten /
Wenn ich Ihn rufe, erhört mich der Herr +
Die Mönchsweihe ist gemäß der alten Überlieferung ein Sakrament, eine göttliche Gnadengabe, so wie Taufe, Priesterweihe oder Eucharistie. Nur ein Mönch im großen S'chima hat die Gnadenvollmacht, neue Mönche zu weihen. Auf dem Heiligen Berg Athos hat man die älteste Überlieferung unverbrüchlich bewahrt. Der Gründer des Dreifaltigkeitsklosters in Buchhagen hat selbst auf dem Heiligen Berg Athos gelebt, die alte Tradition erlernt und die Weihe des großen S'chima empfangen. Deshalb kann diese Tradition heute in Buchhagen weitergegeben werden.
Es gibt drei Weihestufen :
Man kann dies vielleicht mit den Stufen Lehrling, Geselle und Meister im Handwerk vergleichen.
Nicht nur wegen des sakramentalen Charakters der Weihen, sondern schon wegen der geistigen Dimensionen des Mönchtums, ist der Begriff "Laienmönch" oder "Laienbruder" für orthodoxe Ohren ein Widerspruch in sich. Das gilt nicht nur für die wenigen Zentren der alten Mönchstraditionen, sondern für sämtliche orthodoxe Kirchen. Die Unterscheidung von Vätern (Patres, Priestermönchen) und Brüdern (Fratres, "Laienmönchen"), wie sie im lateinischen Westen im Spätmittelalter eingeführt wurde, ist in einem orthodoxen Kloster unmöglich. Jeder, der nach entsprechender Lehr- und Probezeit die heilige Mönchsweihe empfangen hat, wird als "ehrwürdiger Vater" angesprochen.
Im Kloster werden nur so viele Mönche zusätzlich zu Priestern und Diakonen geweiht, wie zur Durchführung der liturgischen Dienste erforderlich sind; der Rang im Klerus hat aber keinen Einfluss auf den Rang innerhalb des Klosters.
Innere Struktur des Klosters
Der Abt wird von den Mönchen des Klosters auf Lebenszeit gewählt. Er muss wenigstens drei Jahre vor seiner Wahl bereits als S'chimamönch in dem Kloster gelebt haben, dem er vorstehen soll. Nur im Notfall darf man von dieser Regel absehen.
Der Abt ist es, der die Mönchsweihen vollzieht. Schon deshalb muss er selbst notwendig die Weihe des großen engelgleichen S'chima, haben. Während die ersten Weihestufen vom Abt allein vollzogen werden, sollten bei der Weihe des großen S'chima mehrere S'chima-Mönche zugegen sein, die den Weihekandidaten auch selbst kennen.
Wegen der Einbindung des Klosters in die allgemeine kirchliche Hierarchie ist der Abt oft gleichzeitig Priester mit einem entsprechenden hierarchischen Rang, doch ist das für die eigentliche monastische Tradition nicht unbedingt erforderlich. Auf dem Heiligen Berg Athos gibt es viele kleinere Klöster, deren Vorsteher nicht Priester ist.
Der Ältestenrat, die sogenannte Synaxe, eines Klosters besteht aus den Altvätern im großen S'chima. In den größeren Gemeinschaften dienen die Altväter der Synaxe auch, neben dem Abte, welcher stets die oberste geistliche Leitung innehat, als geistliche Väter für die Mönche.
Der Ältestenrat ist auch ein internes geistliches Gericht. Er entscheidet z.B. in solchen Fällen, wo ein Konflikt nicht vom Abt oder dem zuständigen geistlichen Vater allein aufgelöst werden kann.
Nicht gering zu schätzen ist für jeden Altvater, auch für den Abt, die Bedeutung des freundschaftlichen geistlichen Rates und Beistandes der anderen Altväter, sowohl in Fragen der geistlichen Verantwortung als auch für das persönliche geistliche Leben.
Der Konvent ist die Versammlung aller Mönche des Klosters. Er entscheidet über praktische Fragen, über den Finanzhaushalt, die Arbeitseinteilung usw.
Der Konvent ist die eigentliche rechtliche Körperschaft des Klosters und Eigentümer des Klosterbesitzes. Den Vorsitz im Konvent hat der Abt.
Die Epitropie ist die Klosterverwaltung. Oft ist dies der Abt selbst, oder ein von ihm beauftragter Mönch, der die entsprechenden betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten besitzt. In großen Klöstern mit eigenen Betrieben usw., die einen größeren Verwaltungsaufwand erfordern, kann die Epitropie auch aus drei Mönchen bestehen. Die Epitropie ist dem Konvent verantwortlich.
Das Dreifaltigkeitskloster in Buchhagen hat neben der Epitropie noch ein Kuratorium; dies ist ein Rat, zu dem der Abt besonders vertrauenswürdige Laien hinzuzieht, welche die Epitropie in rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen beraten und die ggf. auch mit besonderen Aufgaben betraut werden.
Solange die Gemeinschaft klein ist, kommt man natürlich gut ohne ausgefeilte interne Strukturen zurecht. Im Statut des Dreifaltigkeitsklosters sind sie gleichwohl bereits grundsätzlich angelegt, weil sie der alten Tradition des heiligen Berges entsprechen, in der das Kloster steht.
Kirchlich ist das Kloster in die Diözese von West- und Mitteleuropa des bulgarischen orthodoxen Patriarchates eingebunden. Ein kirchliches kanonisches Klosterstatut, welches auf der Grundlage der Verfassung und der Überlieferung des heiligen Berges Athos formuliert worden ist, ist im März 1994 durch den Metropoliten der hiesigen bulgarischen Diözese in einem offiziellen Akt promulgiert worden.
Singet dem Herrn einen neuen Gesang /
denn er tut Wunder +
Lange vor die Gründung des Dreifaltigkeitsklosters reicht die Arbeit an der Entwicklung des deutschen Chorales. Es handelt sich um eine im Wesentlichen einstimmige liturgische Gesangsweise auf der Grundlage des gregorianischen und des byzantinischen Chorales, die eigens für die deutsche Sprache entwickelt worden ist. Wort und Melos werden im Choral vollkommen eins, wobei das Melos das liturgische Wort auf eine höhere geistige Stufe hebt.
Das Kloster besitzt mit dieser sakralen Gesangsweise einen Schatz, der durchaus mit den großen Choraltraditionen der lateinischen oder der griechischen Sprache verglichen werden kann.
Zunächst werden die Texte aus dem griechischen Original übertragen und dann auf dem "Prüfstand" von Gebet und Liturgie erprobt. Manche behaupten zwar, man könne nur auf griechisch oder altslawisch "richtig orthodox" beten; aber das geht am Wesen der Liturgie und der Orthodoxie vorbei. Gerade die deutsche Sprache ist in höchstem Maße geeignet, die Vielschichtigkeit und mystische Tiefe der liturgischen Poesie zum Klingen zu bringen, wenn sie denn nur wirklich ausgeschöpft wird. Natürlich setzt eine solche Arbeit außer philologischen Kenntnissen ein lebendiges Verständnis der liturgischen Mystagogie und deutsche Sprachkultur voraus.
Rhythmus, Klang und Wortprägnanz der Hymnen sind bereits der erste Schritt ihrer musikalischen Umsetzung. In der Rezitation auf dem Ison bilden sie unmittelbar die musikalische Gestalt.
Auf der Grundlage der lateinischen Choralnotation von Solesmes wurde eine eigene, leicht lesbare linierte Neumenschrift für den deutschen Choral entwickelt. Zu den Solesmer "Grundneumen" trat eine ganze Reihe liqueszierender und metrischer Neumen, da der deutsche Choral, ähnlich dem byzantinischen, einen erheblichen Schatz an sanglichen Nuancierungen zu notieren erfordert.
Neben dem Ordinarium der Tagzeitengebete und der göttlichen Liturgie sind im Laufe der letzten 20 Jahre eine Fülle Hymnen und Psalmen im deutschen Choral entstanden und aufgezeichnet worden.
Du hast ihn über das Werk Deiner Hände gesetzt /
Und alles ihm zu Füßen gelegt +
Die vielfältigen äußeren Arbeitsfelder im Kloster gehören ebenso zum geistlichen Leben wie Gottesdienst, Lesungen und Übungen. Das bekannte "ora et labora" ist ein uraltes mönchisches Prinzip. Jede Arbeit im Kloster ist gleichzeitig ein geistiges Übungsfeld und wird als heiliger Dienst betrachtet.
Natürlich nimmt die Liturgie mit den dazugehörigen Disziplinen Gesang, Rezitation, Theorie einen breiten Raum ein. Aber ebenso wichtig sind Landschaftsbau und Landschaftspflege, Garten und Haushalt, Ikonenmalerei, Aufbauarbeit, Übersetzungsarbeit, Seelsorge und Gästebetreuung.
Verschiedene Tätigkeiten zum Broterwerb sichern die wirtschaftliche Unabhängigkeit, die wiederum eine wesentliche Grundlage der Autonomie des Klosters ist. Jede Alimentierung durch andere Institutionen würde über kurz oder lang in die Abhängigkeit führen. Geistliches Leben aber erfordert Autonomie. Durch die sehr reduzierten Ansprüche der Mönche können die Lebenshaltungskosten gering gehalten werden. Dennoch ist ein kluges Wirtschaften erforderlich, denn der Aufbau und die Erhaltung des Klosters, der Anlagen, die Ausstattung und der Betrieb des Tempels erfordern selbst bei spartanischer Grundhaltung entsprechende Finanzmittel.
Dabei ist es wichtig, dass der Primat des geistlichen Lebens gewahrt wird. Die erste Pflicht der Mönche ist der Gottesdienst und die geistliche Übung. Deshalb arbeiten die Mönche in der Regel nur innerhalb des Klosters.
Weil im Kloster sehr viele unbezahlte Arbeit geleistet wird, die auch anderen Menschen zu Gute kommt, darf das Kloster auch Spenden annehmen. Das deutsche Stiftungsrecht gibt hier einige Möglichkeiten. Als gemeinnützige Stiftung muss das Kloster auch der staatlichen Stiftungsaufsicht gegenüber Rechenschaft ablegen.
In jedem Fall gehören körperliche und geistige Tätigkeit für ein gesundes geistliches Leben zusammen. Deshalb beteiligt sich jeder Mönch an den allgemeinen Arbeiten in Haus und Garten, auch wenn er fachlich auf andere Bereiche spezialisiert ist.
Deutsches Orthodoxes Dreifaltigkeitskloster 37619 Buchhagen
Besuch bei den Vätern auf dem Heiligen Berg Athos
Freuet Euch in Christo alle Zeit !
Vom Heiligen Berg zurückgekehrt möchten wir euch an dem Segen, den uns die Väter von dort mitgaben, und an den reichen und wertvollen Eindrücken teilhaben lassen.
Durch den Beistand der allheiligen Mutter Gottes Maria und dank der persönlichen Beziehungen unseres höchstgeweihten Metropoliten Symeon von West- und Mitteleuropa hatten wir seit 14 Jahren wieder eine hochoffizielle Einreisegenehmigung aus Konstantinopel erhalten, direkt von Patriarch Bartholomäos. Am Donnerstag den 4. Februar machten wir uns auf den Weg, übernachteten bei geistlichen Schülern in Hannover, die uns am frühen Morgen des 5. zum Flugplatz brachten. Nach einem unruhigen Flug kamen wir glücklich in Thessaloniki an, wo wir Vtr. Gerassimos, andere Väter und Freunde trafen. Gemeinsam besuchten wir den Tempel der göttlichen Weisheit, Hagia Sophia, andere alte byzantinische Kirchen und einige Ikonenmalstudios am Platz der heiligen Weisheit. Das erste Wochenende konzelebrierten wir in der Gemeinde von Vtr. Gerassimos, in der reichlich überfüllten Dorfkirche von Sana und genossen die herzliche Gastfreundschaft der dortigen Christen. Am Montag früh um 6.00 ging dann der Bus nach Himmelsstadt (Uranoupolis) und um 9.00 trug uns die Fähre in den heiligen Bezirk. Es war eine tiefe Freude, nach 7 Jahren wieder Athosluft zu schnuppern.
Die ersten Tage blieben wir in Karyes bei Vtr. Gerassimos, wo es viel zu erzählen und zu besprechen gab und wo wir später noch etliche seiner neuen geistlichen Schüler kennenlernten. Im Kellion Buraseri, wo wir über die gewaltige Bautätigkeit staunten, wollten wir eigentlich nur den Weg zu einem Einsiedler erfragen, kamen aber dabei ins Gespräch und wurden dreifach eingeladen, zu bleiben. Dass wir keine Chorkleidung dabei hatten, wurde als Entschuldiging nicht akzeptiert; der Gastvater gab uns aus der Kleiderkammer Chormäntel, Skufia und Kukullen, damit wir ordentlich am Gottesdienst teilnehmen konnten. Ein Mönch erhielt eigens den Segen uns den Weg zu dem versteckt liegenden Einsiedlerhäuschen zu führen; einen wunderbar verträumten Waldpfad. Vtr. Chariton, einen ehemaligen Mitbruder aus Kutlumusiu, trafen wir aber nicht an, so kamen wir schon eine Stunde vor der Vesper wieder nach Buraseri. Es leben dort 25 Mönche, u.a. der begnadete Ikonenmaler Vater Arsenios, der auch die alte, ehemals russische Kirche wunderbar im neubyzantinischen Stil ausgemalt hat. Das Mitternachtsgebet begann nachts um 1.30, anschließend Orthros bis etwa um 5.00, dann gab es 2 Stunden Pause und um 7.00 die kleinen Stunden und Liturgie, anschl. Trapeza. Wir wurden aufgefordert, einige Stücke im deutschen Choral zu singen, der übrigens nicht nur hier, sondern überall mit Bewunderung aufgenommen wurde.
Am nächsten Tag machten wir uns nochmals auf den Weg zu dem Einsiedler. Er berichtete von anderen, z.T. inzwischen verstorbenen Einsiedlern aus seiner Nachbarschaft, besonders von einem Narren in Christo, der die Gabe der Hellsichtigkeit besaß. Er bestätigte, dass die Gnade der Schau des ungeschaffenen Lichtes auf Athos erheblich verbreiteter sei, als man gemeinhin annehme.
Von Karyes aus besuchten wir ein anderes Kellion, das der Verkündigung (25.März) geweiht ist. Den Abt, Vtr. Chrysostomos, hatte ich während des Prozesses von Vtr. Gerassimos näher kennen und schätzen gelernt. Der Altvater und einige andere waren aber außerhalb. Vtr. Ephraim, der während der Abwesenheit des Altvaters die Leitung innehatte, lud uns ein, am anderen Morgen die Liturgie zu zelebrieren, was wir gerne annahmen. Vtr. Ephraim ist Spezialist und selbstverständlich Praktiker des byzantinischen Chorales, zugleich aber Liebhaber der Gregorianik. So war unser deutscher Choral für ihn eine absolute Entdeckung. Wir sangen, verglichen und freuten uns gemeinsam der heiligen Schönheit. Er schenkte uns ein Buch, welches die Gemeinschaft des Kellions vor kurzem herausgegeben hat, worin detailliert das liturgische Typikon des Athos beschrieben wird. Dann führte er uns durch das Kloster; es liegt sehr malerisch auf einem Bergsporn, gegen den Hang durch gewaltige Maueranlagen geschützt besteht es aus 4 größeren, miteinander zu einer Hofanlage verbundenen Gebäuden. Alles war vor 5 Jahren abgebrannt und ist seither mit viel Geschmack und Fachverstand neu errichtet. Die Kirche ist noch Baustelle. Im Synodikon hat man getreu den Stil der Gründungszeit des Klösterchens aufgegriffen und über 4 Holzsäulen eine bezaubernde Deckenkonstruktion mit aufwendigen Holzschnitzereien und Stuckaturen im balkanischen Barockstil eingebaut. Die Trapeza ist ringsum ausgemalt. Vor dem Eingang zum inneren Kloster liegt ein Atelier für die Ikonenmalerei und die Holzschnitzerei. Beim Abschied lud Vtr. Ephraim uns ein, möglichst bald wiederzukommen, um auch Altvater Chrysostomos zu treffen.
Nach einer abenteuerlichen Holpertour mit dem Geländewagen kamen wir nach Watopädi. Meine alten Mitbrüder aus Kutlumusiu freuten sich über das Wiedersehen, einige fehlten indes : Vtr. Athanasios war gerade zum Metropoliten gewählt worden und Abt Efraim war mit etlichen Mitbrüdern zu seiner Inthronisation nach Zypern gereist. Bei meinem letzten Besuch vor 7 Jahren waren die Väter stolz, dass sich die Bruderschaft von gut 20 auf 40 Mönche vergrößert hatte; inzwischen sind es über 80 ! Das Kloster ist in weiten Teilen hervorragend restauriert, der Gästebereich hat absolut Hotelqualität. Im Tempel sind die traumhaften Fresken gereinigt, die zahllosen Silber- und Bronzelamoen, die mächtigen Leuchter aus Messing, Silber und Platin, der gewaltige bronzene Choros, alles ist auf Hochglanz poliert und mit hunderten von Öllampen und Kerzen bestückt. Überwältigend aber ist der wundervolle Gesang und der liebevolle Umgang der Mönche. Zu den großen Gottesdiensten singen auf jedem Chor 10 bis 15, über präzisestem Ison und mit sauberster Intonation. Die Sängergruppen wechseln sich ab, so dass alle Mönche beteiligt sind. Der Kult entfaltet hier seine ganze byzantinische Pracht und Würde; und doch ist nichts gekünstelt oder theatralisch. Das reiche und strenge Ritual wird vielmehr mit bestechender Leichtigkeit und Natürlichkeit, fast Lässigkeit durchgeführt. Man hat eigens einen Professor für byzantinischen Choral aus Athen engagiert, der die Mönche unterrichtet, von denen sehr viele gerade Anfang 20 sind. Man spürt, dass das liturgische Leben vom Herzensgebet getragen und von hesychastischem Geiste durchdrungen ist.
Wegen der Abwesenheit des Abtes verkürzten wir unseren Aufenthalt, um später wieder zu kommen, und richteten unser Schritte zur großen Lawra. Leider gab es kein Schiff; der Hafen der Lawra ist kaputt und man gelangt nur mit dem Auto dorthin. Das Athos-Taxi ist ein ausgezeichneter Mercedes-Geländewagen, der allerdings bei den entsetzlichen Wegeverhältnissen auch unerlässlich ist. Bei der Beanspruchung dürfte der Fahrtlohn kaum die Unkosten decken. Nach 32 km über Schlamm und Geröllpisten waren wir jedenfalls froh, das Gefährt wieder verlassen zu können. Die alten Väter in der Lawra freuten sich riesig über das Wiedersehen; wir wurden ausgefragt über Deutschland und unser deutsches Kloster und freuten uns über die neuen Entwicklungen. Wir trafen von den alten Vätern Jesaja, Bessarion, Bartholomaios, Philemon, Zacharias, Paissios den Krankenvater, Prodromos, Nikodimos und Basileios, der jetzt Gastvater ist, Symeon ist gestorben. Es sind aber eine Reihe neuer Väter da und es gibt 10 junge Novizen; im Garten und längs des Weges zur rumänischen Skite des Vorläufers sind hunderte von Metern neuer Trockenmauern aus Natursteinen gebaut, rumänische Arbeiter bauen aus roh entrindeten Stämmen riesige Gewächshäuser, der mächtige Tsimiski-Turm nebst Turm-Kapelle wird restauriert und die vormals völlig zerfallene Hofanlage gegenüber dem Eingang ist in ein äußerst ansprechendes Gästehaus verwandelt. Im Tempel vermisste ich jedoch die alten riesigen Bronzeleuchter mit den Löwen, auch die marmornen Proskynetarien und die Intarsienlesepulte waren gegen neue ausgetauscht. Vtr. Euthymios liest wie eh und je, Abt Phillip, wenn auch sehr alt geworden, präsidiert mit aller Würde. Entsprechend dem Typikon wurden uns am Abend des ersten Besuchstages im inneren Heiligtum die heiligen Reliqiuen zur Verehrung dargeboten, darunter das schwere eiserne Kreuz des hlg. Athanasios, das den Neophyten bei der Mönchsweihe aufgelegt wird. Ausnahmsweise öffnete man uns sogar die Weihekapelle des hlg. Athanasios, so dass wir am Ort meiner ersten Mönchsweihe beten konnten.
Nach drei Tagen fuhr uns Novize Demetrios mit dem neuen Mercedes-Geländewagen zunächst zum Weihwasser des hlg. Athanasios, dann weiter Richtung Iweron. Wegen Straßenarbeiten mussten wir aber umkehren und den Umweg über Prowata nehmen. Da nutzten wir die Gelegenheit und stiegen bei Karakallou aus, um zu Fuß den etwa halbstündigen Weg nach Philotheou hinauf zu steigen. Es regnete und und war recht kalt, so dass wir leicht verschnupft und wie die begossenen Pudel im Kloster ankamen. Zu unserer großen Freude empfing uns ein deutscher Mönch, Vater Gelasios aus Potsdam. Er hatte bereits früher vom Kloster Buchhagen gehört und war glücklich, uns nun selbst zu begegnen. Zwischen den Diensten nutzten wir jede Minute zum Austausch. Im Tempel wurden wir sogleich auf die Ehrenplätze gestellt und ich hatte die entsprechenden Teile zu rezitieren. Nach dem Nachtgottesdienst und dem morgendlichen Mahl empfing uns Abt Ephraim "für 5 Minuten" zur Audienz. Als er von unserem Weg, von der Klostergründung, den kirchenpolitischen Schwierigkeiten und Kämpfen hörte, wurden aus den 5 Minuten unversehens 2 Stunden. Er bat uns, liturgische Stücke im deutschen Choral vorzusingen und lauschte mit größter Aufmerksamkeit und sichtlicher Bewegung. Auch erzählte er von den Bemühungen, von Philotheou aus ein griechisches Kloster in Deutschland zu gründen, den innerkirchlichen Widerständen dagegen und den zahlreichen Gründungen, die dann stattdessen in den USA in den letzten 15 Jahren entstanden sind. Mit Bewunderung, Segnungen und Ermahnungen, nur ja auf dem eingeschlagenen Weg weiterzumachen entließ er uns, reich beschenkt mit Weihrauch, Ikonen, Rosenkränzen, selbstgemachtem Raki, reicher aber noch beschenkt durch die brüderliche Anteilnahme und die Freude, die aus der Begegnung erwachsen war, durch die Mitteilung wertvoller Erfahrungen und manchen guten Rat. Vtr. Gelasios gab uns noch eine Kassette mit Gesängen aus einem der amerikanischen neuen Klöster, wo man den byzantinischen Choral benutzt.
Nach einem kurzen Besuch in Kutlumusiu, wo es wiederum gewaltige bauliche Veränderungen, besonders die völlig neu ausgemalte Trapeza und den an einen neuen, besseren Platz versetzten marmornen säulenumstellten und überkuppelten Weihwasserbrunnen zu bewundern gab, blieben wir die folgende Woche in Gregoriu.
Gregoriu ist ein Kloster, mit dem wir auch in den schwierigen Jahren 1985-93 immer guten Kontakt hatten. Auch diesmal wurden wir in alter brüderlicher Liebe freudig aufgenommen; viele Fragen waren zu beantworten. Seit meinem letzten Besuch 1992 sind erhebliche Baumaßnahmen bewältigt worden. Die Trapeza ist völlig neu gestaltet, mit aufwendigen Holzschnitzereien an der Decke, mit Säulenstellungen und Arkaden, eine geschnitzte Lesekanzel, und die Wände von Vater Theodoros in Eitempera hervorragend ausgemalt. Östlich des Haupttempels entsteht ein völlig neuer Zellentrakt, in dem auch die Bibliothek und das Skevophylakion untergebracht werden wird; ein Natursteinbau, der sich hervorragend zu der byzantinische Klosteranlage fügt und in welchen äußerst geschickt die alte Außenmauer einer Ruine integriert worden ist. Um die alte Wand nicht zu belasten wurde innen eine statische Betonwand vorgestellt, die nur in den Fensterlaibungen mit der Außenwand verbunden ist. Abt Georg lud uns am Wochenende zu meiner großen Freude ein, in der Nachtwache und der Liturgie zu konzelebrieren. Dass dies durch unsere Anbindung an die bulgarische Kirche nun wieder hochoffiziell geschieht, darüber freuten sich sichtlich auch die Väter des Klosters; wir wurden umarmt und immer wieder angesprochen. Vater Raffael hielt einige Ektenien auf Deutsch, ich wechselte zwischen Deutsch und Griechisch. Wie schon früher, so waren wir auch jetzt zutiefst von dem Ernst und der Würde des Gottesdienstes berührt, ebenso wie von dem liebevollen und würdigen Umgang, der Aufmerksamkeit und Achtsamkeit der Väter untereinander. Der Altardienst wie auch das übrige Ritual im Tempel wird mit vollkommener Ruhe und äußerster Achtsamkeit vollzogen; über das Notwendige verständigt man sich schlicht und zuvorkommend, kurz, das Urbild geistgetragener liebevoller priesterlicher Hierurgie. Die asketische Schulung von Abt Georg hat hier wahrlich reife Früchte getragen. Es war der Vorabend des sauberen Montag. In der Trapeza gab es das letzte große Fischgericht vor der Fastenzeit, ein wahres Festmahl. Im Anschluß gab Abt Georg eine Unterweisung über den Gehorsam und die Unterscheidung. Er ermahnte die Väter, das Fasten als Zeit der Intensivierung und Erneuerung des geistlichen Lebens zu nutzen. Neue Arbeiten sollen nun nicht mehr begonnen werden, alle Kräfte konzentrieren sich vielmehr auf das Gebet, das liturgische wie die Übungen des Herzensgebetes. Die hesychastische Praxis ist im Kloster grundlegend und durchdringt das gesamte Leben wie die Liturgie. Die Komplet wurde heute in der Trapeza gehalten, anschließend sangen wir tischweise verschiedene Hymnen, wobei uns der deutsche Choral wiederum viel Zustimmung einbrachte. Der Abend wurde dann mit dem Segen und der gegenseitigen allgemeinen Sündenvergebung beschlossen, woraufhin sich alle Väter schweigend zurückzogen. Die nächsten drei Tage wurden in strengstem Fasten und Schweigen verbracht. Nur einzelne, die es nicht verkrafteten, sich völlig von Speise und Trank zu enthalten, erhielten nachmittags kat' oikonomian ein Wasser oder einen Kaffe und etwas Obst. Trotz oder besser wegen der asketischen Klarheit dieser Tage hatten wir in der Folge wesentliche Gespräche mit den Vätern Arthemios, Damian und Panaretos, und natürlich mit Abt Georg. Vtr. Panaretos führte uns ins Gebirge, wo unweit des Klosters die Höhle des heiligen Gregor Sinaites versteckt liegt. Später hat dort auch sein Schüler gleichen Namens gehaust, der dann an der Stelle eines verfallenen Poseidon-Tempels das heutige Kloster gründete. Unterwegs besuchten wir einen Einsiedler, der gerade Namenstag hatte. Wir erhielten Kaffee, Raki und seinen Segen, dann stiegen wir noch ein Stückchen höher hinauf zu einem Kathisma, wo sich Mönche des Klosters tageweise in völlige Ruhe zurückziehen können. Das Gespräch ging bis tief in die Nacht, zunächst allgemein um den Hesychasmus, dessen theologische Reflexion bei Gregor Palamas, die tragischen Missverständnisse und das folgenschwere Unwissen des Westens in diesen Dingen. Dann ging es konkret um die Erlangung der geistlichen Nüchternheit und die Unterscheidung zwischen dämonischen Einwirkungen, psychischen Effekten, und echter Gnadenwirkung. Panaretos berichtete noch von einem alten Vater, der noch mit 90 Jahren täglich über 100 große Metanien machte und stundenlang stehend betete, zusätzlich zum liturgischen Dienst. Äußerlich erblindet hatte er die Gabe der geistigen Schau. Überrascht waren wir über die ablehnende Haltung der Väter zur Homöopathie, hatten aber keine Gelegenheit mehr, dieser Frage weiter nachzugehen. Eine neue herzliche Bekanntschaft entwickelte sich mit Vtr. Damian. Er ist jetzt an die 30 Jahre alt. In London aufgewachsen führte er das übliche säkularisierte Leben unserer westeuropäischen Gesellschaft. Nach dem Tod seines Vaters kam er nach Griechenland und hörte das erste Mal von Athos und Mönchtum. Mehr aus Jux und einem Freund zuliebe machte er eine 4-tägige Pilgerreise mit. Aus den vier Tagen wurden drei Monate, an deren Ende er seine Metanie zur Aufnahme in die Klostergemeinschaft machte. Er berichtete, wie er nach einem halben Jahr nochmal in die Krise kam und "in die Welt" flüchtete. Doch nach kurzer Zeit war ihm das weltliche Leben derart schal und abgeschmackt, dass er nunmehr gefestigt und endgültig ins Kloster kam. Nach 2 Jahren empfing er die Mönchsweihe und ist nun schon seit 4 Jahren Mönch in Gregoriu. es war das erste und einzige Kloster, das er kennenlernte, und dort ist er geblieben. Insgesamt war der Austausch mit den dortigen Vätern herzlich und lehrreich, im Gottesdienst durfte ich mitsingen, das Magnifikat sogar auf deutsch, wobei ich auf dem rechten Chor unsere deutsche Melodie und die Väter vom linken Chor ihre byzantinische Melodie sangen, was sich hervorragend zusammen fügte, da beides im phrygischen Modus steht.
Reich gesegnet und geistlich auferbaut nahmen wir zum allgemeinen Bedauern unseren Abschied um noch ins bulgarische Kloster Sograf zu gelangen. Die Überfahrt war herrlich, im Sonnenschein mit klarer Sicht bis zur Sitonia. Im Hafen Dafne gaben wir zwecks Marscherleichterung ein erstes Paket mit den Geschenken auf die Post. Vom Hafen des Bulgarenklosters wanderten wir zunächst am Strand entlang zum Hafen des Serbenklosters, wo ein deutscher Mönch wohnt; dort wurden jedoch keine Besucher empfangen, da die Ordnung der Einsiedelei strengstes Schweigen vorsieht. So kehrten wir zum anderen Hafen zurück und nahmen den Weg nach Sograf, wo wir alsbald in die malerische Gebirgslandschaft eintauchten. Der Weg ist streckenweise verändert, aber es hat die alte spezifische Stille, die einen mählich umfängt, unwillkürlich die Gedanken zur Ruhe bringt und das Herzensgebet, wie das Licht in den Grund eines reglosen Bergsees fällt, aufsteigen lässt. Wir erreichten das Kloster am frühen nachmittag, als gerade die Vesper begann; im kleineren Tempel waren etwa 15, 16 Mönche versammelt. Wie sich später herausstellte, gibt es keine Einreisebehinderungen mehr. Abt Euthymios hatte kurz vor seinem Tod noch zwei Novizen aus Bulgarien gebracht, letztes Jahr kamen etwa 10 weitere hinzu, die z.T. an der theol. Hochschule studiert hatten. Alle waren ausgesprochen sympatisch und nach anfänglichem Zögern gab es sehr herzliche Begegnungen. Von den alten, uns bekannten Mönchen waren nur noch drei da. Gastvater ist Vtr. Sergios, ein sehr asketisch aussehender weißhaariger Priestermönch wie von einer Ikone, der aber kaum über 40 ist. Er war früher Opernsänger gewesen, dann wurde er Mönch und lebt jetzt seit etwa 4 Jahren in Sograf. Beim näheren Kennenlernen erfährt man ihn als tief gläubigen, achtsamen und liebevollen Vater. Auch in Sograf sieht man fortschreitende Bauarbeiten. Man hat eine neue Küche und ein kleineres Winterrefektorium eingerichtet, was aber noch nicht benutzbar war. In dem Bereich, wo wir übernachteten, waren die Sanitäranlagen hervorragend hergerichtet, alles gefliest, geschmackvolle Elemente. In den Zimmern allerdings wuchsen Moos und Schimmel an den Wänden hoch. Die riesige Anlage muss Stück für Stück renoviert werden, ein gewaltiges und keineswegs einfaches Projekt. Ein Ingenieur, der mit einer Deutschen aus Österreich verheiratet ist und fließend Deutsch spricht, berichtete uns über die Arbeiten. Da man im vorigen Jahrhundert in wenig sinnvoller Weise Metallkonstruktionen mit Naturstein und Stuck verbunden hat, treten erhebliche statische Probleme, Erosionsprobleme und Wasserschäden auf. Der Gottesdienst wird sehr ernsthaft gehalten, man macht mehr Metanien als anderswo, und auch der Umgang besonders der jungen Mönche ist geistlich und sehr angenehm. Einige der Neuen haben in Bulgarien eine Ausbildung im altbulgarischen Choral erhalten, der eng mit dem byzantinischen verwandt ist und mit derselben Neumenschrift notiert wird. Man möchte wünschen, dass diese willigen jungen Menschen Unterstützung finden, dass sie in dieser traumhaft schönen Einöde nicht völlig isoliert bleiben, sondern genügend Kraft und Anleitung für ihr keineswegs leichtes Leben erhalten.
Der Weg von Sograf nach Watopädi war ein echtes Abenteuer. Wir nahmen den alten Steinweg, der, von Mönchen und Maultieren nicht mehr genutzt, streckenweise kaum noch zu finden war. Alles war überwuchert, das Gebüsch hing vom Regen des Vortages noch voller Wasser, so dass wir nach einer Stunde bis auf die Haut durchnässt waren. Erst oben am Kammweg öffnete sich das Gesträuch. Auf der Höhe schwebten wir buchstäblich in den Wolken, bei Sichtweiten von kaum 50 Metern. Die Bäume sind von graublaugrünen Flechten umwuchert, was der Landschaft ein geradezu märchenhaftes Aussehen gibt. An der Wegekreuzung hielten wir für eine mittägliche Gebetszeit an. Schließlich verabschiedeten wir uns von dem Märchenwald mit einem Hymnos zur Mutter Gottes und begannen den langen Abstieg nach Watopädi. Die für Sograf und die innere Gebirgslandschaft so eigentümliche Stille wird von unterschwelligem Meeresrauschen abgelöst, auch die Pflanzenwelt wandelt sich wieder. Eine Stunde vor dem Ziel öffnet sich ein überwältigender Ausblick auf das Meer und das Kloster in der Ferne, der aber sogleich von der nächsten Gebirgsfalte wieder entzogen wird um bei der nächsten Biegung nur für ein paar Schritte wieder aufzutauchen. Die letzten Strecken vor Watopädi ist alles zu, umgestürzte Bäume versperrten den Weg, Ginster und Loorbersträucher wachsen zwischen den kaum noch erkennbaren Kalderimi. Was von dem Weg übrig ist, wird mehrfach von Bulldozerschneisen zerschnitten, ist aber an den Schnittstellen immerhin gekennzeichnet. So brauchten wir gut 3 Stunden. Dennoch möchten wir diese Wanderung im Nachhinein nicht missen, wenngleich Vtr. Raffael hinterher reichlich reduziert war. Zu guter Letzt fehlte vor dem Kloster eine Brücke; es half nichts, wir mussten den Fluss durchwaten. Im Kloster gab uns der zweite Gastpater, Vater Matthäos, ein Amerikaner, frische Gewänder und ein warmes Zimmer, was wir dankbar annahmen. Nachdem wir unser triefendes Zeug über die Heizung und die quitschenden Schuhe auf den Zinnen der Wehrmauer in der Sonne plaziert hatten, trotteten wir brav, abgetrocknet und neu eingekleidet, in den Haupttempel, wo gerade die Chairetismoi zur Gottesmutter gesungen wurde. Wärme, Glanz, Pracht und Gesang der tausendjährigen kaiserlichen und patriarchalen Erzabtei umhüllten uns sogleich, und Abt Ephraim, neben dem ich auf dem Ehrenthron zu stehen kam, frug mich nach der herzlichen Begrüßung sogleich über Buchhagen und unser Klosterleben aus. Es wurde auch hier ein freudiges Wiedersehen, die Mitbrüder waren inzwischen aus Zypern zurück. Am Wochenende gab es wieder Nachtwache; leider war Vtr. Raffael so krank, dass er nicht konzelebrieren konnte. In der 6 Stunden währenden Nachtliturgie hatte Abt Efraim an die 100 Beichten von Besuchern abzunehmen. Bemerkenswert war eine größere Gruppe von Gymnasiasten, die sich auf das Noviziat vorbereiteten und mit größtem Ernst und äußerster Ehrfurcht teilnahmen. Die Erfahrung lehrt, dass in der Regel diejenigen, die erst alles mögliche andere machen, später im Kloster Schwierigkeiten haben und labil bleiben, während diejenigen, die den Weg frühzeitig beginnen, oft schon mit 16 oder 18, später die besten und stabilsten Mönche werden. Freilich ist der Einzelne in der mönchischen Kultur und Gesellschaft des Athos in einem unvergleichlichen Maße geborgen und getragen und den schädlichen Einflüssen der Welt entzogen. Dies auch nur annähernd auf unsere Situation in Buchhagen zu übertragen dürfte erhebliche Sorgfalt und Anstrengung erfordern. Beim großen Einzug waren wir 7 Priester und 2 Diakone, die Liti wurde im mittleren Narthex gesungen; der Haupttempel von Watopädi hat drei Narthexe, zwei innere und einen äußeren. Gerade am Sonntag der Orthodoxie in diesem altehrwürdigen Athoskloster mit so vielen ehrwürdigen Vätern gemeinsam die Basileiosliturgie zu zelebrieren und dabei das eine oder andere Stück auf deutsch singen zu können, war mir eine große Ehre und Freude. Beim großen Einzug bekam ich die große silberne, edelsteinprangende Staurothek mit einem Stück des heiligen Kreuzes zu tragen, außerdem wurden der Gürtel der Mutter Gottes, das Haupt des heiligen Johannes Chrysostomos und andere kostbare Reliquien mitgetragen und versicherten uns der geistigen Gegenwart der Heiligen beim Opfergang des Herrn zur Schädelstätte. Die anschließende Prozession mit den Ikonen, die damit verbundenen Ehrungen der Verteidiger und Bekenner der Orthodoxie und die Anathemata über die Irrlehrer und Verräter des Glaubens ließ allen Anwesenden den Ernst der Nachfolge Christi und die Verantwortung für die Bewahrung der heiligen Überlieferung der rechtgläubigen Kirche eindrücklich bewusst werden. In den weiteren Tagen ergaben sich vielfältige Begegnungen mit den Vätern, mit Nifon, Theonas und vielen anderen. Auch mit dem Chorallehrer Konstantin Aggelides, einem Mitarbeiter von Protopsaltis Lykourgos Angelopoulos, hatten wir Gelegenheit, praktische Fragen zu besprechen. Letzterer hatte bereits vor 18 Jahren unsern deutschen Choral in einer Radiosendung in Griechenland vorgestellt, nachdem er Vtr. Alexios und mich in der Lawra kennengelernt hatte; die Verbindung war dann aber abgerissen. Am Sonntagabend hielt Altvater Josef vor fast 100 Mönchen eine Lehrunterweisung über den Gehorsam. Er wohnt inzwischen außerhalb des Klosters in einem Kathisma; er ist sehr alt und etwas kleiner geworden, hat aber noch immer dieselbe mitreißende Art des Vortrages. Er unterschied den zwanghaften Gehorsam und den zweckgerichteten, daher letztlich egoistischen und heuchlerischen Gehorsam vom eigentlichen geistlichen, asketischen Gehorsam, der den Menschen frei macht. Der Ungehorsam steht am Anfang des Falles und er bringt Sünde, Krankheit, Elend, Unfreiheit und Tod. Nur die Liebe kann Trost und Rettung bringen, Gott selbst, der die Liebe ist. Altvater Josef lehrt nach wie vor, dass das A und O des mönchischen Lebens die Liebe ist; an diesem Abend nun prägte er das schöne Wort, dass der rechte, der asketische Gehorsam der "Leib" der Liebe sei. Denn im gegenseitigen Gehorsam suchen wir nicht unseren eigenen Willen, sondern erspüren mit aller Feinfühligkeit, wes der andere Bruder bedarf und trachten, ihm in Liebe Gutes zu tun. Dann ging es um die Treue in menschlichen wie in göttlichen Dingen und um die Furchtlosigkeit. Der Mönch fürchtet niemanden, nicht einmal den Teufel, wieviel weniger irgendwelche Große und Mächtige in dieser vergänglichen Welt. Zum Schluß sprach er über die ungeschriebene Tradition, die eigentliche Mitte der mönchischen Überlieferung, die nicht akademisch oder sonstwie rational zu erfassen ist, sondern nur im Leben weitergegeben und erfahren wird. "Ich selbst bin kein Gelehrter; und doch finde ich mich im Chor der Heiligen und der Kirchenväter wieder, weil ich zu den Füßen der heiligen Väter gesessen, weil ich ihren einfachen Worten geglaubt habe und ihnen gefolgt bin..." Wir sind nicht allein. Seit vielen Jahrtausenden sind nun schon Millionen von Asketen und Heiligen den Weg vor uns gegangen. Sie stehen uns vom Himmel her bei und erwarten unsere Ankunft.
Die letzten Tage unserer Reise verbrachten wir wieder bei Vtr. Gerassimos in Karyes. Sie waren ausgefüllt mit Beichten, geistlichen Gesprächen und Besuchen bei befreundeten Vätern. Einen segensreichen und lehrreichen Abend verbrachten wir noch im Kellion bei Vtr. Chrysosotomos und den dortigen Vätern. Seine reichen Erfahrungen mit dämonischen Einwirkungen und Kämpfen ließen uns manches, was wir in den Jahren hier in Buchhagen erfahren haben, neu reflektieren und einordnen. Wie schon mit anderen Vätern konnte ich auch hier Fragen der Mysterientheologie, insbesondere der Mönchsweihe als Sakrament der Kirche und als Sakrament der Synergie par excellence besprechen. Der Altvater wurde richtig wütend, als er über den Traditionsverlust sprach, der sich leider auch bei vielen orthodoxen Theologen bemerkbar mache. Gerade die Tendenz der Theologie, das Mönchtum als Träger des Mysteriums abzuwerten und auf eine fromme regulierte Lebensform zu reduzieren, sei ein Werk des Teufels. Denn der damit einher gehende Verlust der inneren mystischen Überlieferung höhlt die Kirche von innen her aus und macht aus ihr eine rein gesellschaftliche Institution, die allenfalls noch gewisse ethisch-moralische Normen zu verkünden, aber ihre geistige Schönheit und Fruchtbarkeit, ihre göttliche Kraft verloren hat.
Am Mittwoch mussten wir nach Saloniki zurückkehren, wo etliche Besorgungen zu erledigen waren. Im Wlatadonkloster waren wir schließlich mit Prof. Johannes Fountoulis, dem Leiter des Patriarchatsinstitutes für patristische und liturgische Forschung, mit dem wir seit etlichen Jahren in Verbindung stehen, verabredet, wo wir eine Reihe liturgischer Fragen, insbesondere der Rekonstruktion des frühchristlichen Gottesdienstes und der ursprünglichen Zelebrationsweise unserer Liturgien, die für das Typikon in unserer Krypta relevant sind, besprechen konnten. Anschließend zeigte man uns die Archive mit den Choralbüchern und frühen Tonaufnahmen sowie das Fotoarchiv der Athos-Handschriften.
Der Reisebericht ist nun recht lang geworden, und kann doch nur einen Bruchteil dessen vermitteln, was mitzuteilen wäre. Den meisten verantwortlichen Vätern auf Athos ist die Situation der Orthodoxie in Deutschland zumindest in den Grundzügen bewusst. Dass trotz des totalitären Säkularismus der westlichen Gesellschaft und trotz der absurden kirchenpolitischen Widerstände ein deutsches orthodoxes Kloster entstanden ist, wird als Wunder angesehen. Jeder dort kennt natürlich auch die Prophezeiungen des heiligen Nikodimos Agioreites. In unserem Buchhagener Ansatz, in der Art und Weise wie wir die Überlieferung zu bewahren und auf unsere deutschen Verhältnisse zu übertragen versuchen, insbesondere hinsichtlich der Entwicklung des deutschen Chorals, der Bewahrung der Arkandisziplin usw. wurden wir sehr bestärkt und immer wieder ermahnt, nur ja keine faulen Kompromisse einzugehen und uns durch nichts einschüchtern zu lassen. Die Treue zur einen unteilbaren rechtgläubigen Kirche und das Zeugnis der Bewahrung der alten mönchischen Überlieferung, das gelebte Mysterium, Liebe und Wahrheit machen Buchhagen zu einem Ort der Gnade, sei es auch noch so klein und angefochten. Gott ist in den Schwachen mächtig. Jedem geistigen Menschen, der Buchhagen erlebt, ist das Wirken und die Gegenwart der allheiligen Mutter Gottes, der Engel und Heiligen ersichtlich. Möge unser himmlischer Vater auf ihre Fürbitten diesen Ort, seine Väter, alle die mit Glauben und Gottesfurcht dort anbeten, und alle, die das Heiligtum und die darinnen wohnen lieben und ihre Hilfe und Unterstützung gewähren, segnen und bewahren und uns alle zur ewigen Seligkeit leiten.
Amen +
X
Mönchsweihe des großen
S’chima von Vater Raffael
Am 3. November 2001 empfing Vater Raffael die Weihe des großen und engelgleichen S’chima. Aus diesem Anlass war vom Heiligen Berg Athos auf Einladung des Abtes von Buchhagen, S’chi-Archimandrit Johannes, Vater Kyriakos gekommen, welcher derzeit Sekretär bei der Hiera Koinotis ist. Nach alter Überlieferung ist es gute Sitte, dass bei der Weihe eines neuen S’chima-Mönches neben dem geistlichen Vaters des Weihekandidaten ein weiterer S’chima-Mönch beteiligt ist.
Nach einer Nachtwache (Agripnia) am Freitagabend fand am Sonnabend, den 3. November, früh morgens in Gegenwart einer Reihe geladener Gäste während einer klosterinternen Feier der göttlichen Liturgie in der Klausurkapelle die eigentliche Weihe statt, die gemeinsam von Vater Abt Johannes und Vater Kyriakos entsprechend der Ordnung des Heiligen Berges Athos vorgenommen wurde. Am Samstagabend wurde dann öffentlich eine weitere Nachtwache und am Sonntag die Festliturgie gefeiert, zu der viele orthodoxe Gläubige und Gäste angereist waren. Am Ende der Liturgie grüßten alle Anwesenden den neugeweihten S’chima-Mönch mit Metanie und Handkuß und drückten ihre Dankbarkeit und ihre Segenswünsche aus. Vater Georg aus Frankfurt/Oder von der russischen Kirche des Moskauer Patriarchates, der mit einer kleinen Delegation gekommen war, überreichte eine Ikone der heiligen Dreifaltigkeit. Wegen der vielen Gäste fand der Empfang nach der Liturgie auf dem Klosterhof statt. Die Feierlichkeiten wurden mit einem gemeinsamen Essen in der Trapeza abgerundet.
Vater Raffael ist gebürtiger Berliner und studierte Mathematik und Betriebswirtschaften. Er trat 1986 mit 25 Jahren ins Noviziat bei Vater Abt Johannes ein, ist seit 1987 Mönch im kleinen S’chima und seit 1994 Diakon. Von Anfang an hat er mit großer Treue und Zuverlässigkeit alle Mühen und Schwierigkeiten der Klostergründung und des Aufbaus mitgetragen; von 1989 bis 1994 gemeinsam mit Vater Abt Johannes und einigen Freunden das Kloster gebaut : Steine geschleppt, Speis gemischt, gemauert, Fußböden verlegt, Gartenanlagen angelegt, Hecken gepflanzt, die liturgischen Dienste verrichtet und das geistliche Leben geführt. Seit 1996 führt er als Epitrop die Geschäfte des Klosters. Mit der Weihe des großen S’chima hat er nun den höchsten monastischen Weihegrad empfangen und die Gnadenvollmacht, junge Mönche anzuleiten.
Der
Deutsche Choral
Die liturgische Gesangstradition des Deutschen Chorals wird im Dreifaltigkeitskloster in Buchhagen gepflegt. Diese Choraltradition wurde von Vater Abt Johannes entwickelt. Sie geht von den Arbeiten zur Adaption des gregorianischen Chorales für die deutsche Sprache aus, die in Deutschland im Zusammenhang der liturgischen Bewegung sowohl im römisch-katholischen als auch im evangelischen Bereich geleistet worden sind; und nimmt neben der Gregorianik sehr breitangelegt die Tradition und Praxis des byzantinischen Chorales auf, wie sie auf dem heiligen Berg Athos und in vielen anderen monastischen Zentren der orthodoxen Kirche lebendig ist. Der Choral wird in Neumen notiert. Grundlage der Neumenschrift ist die linierte Choralnotation von Solsesmes, die aber erheblich differenziert und erweitert wurde, um die reichen ornamentalen und melismatischen Figuren notieren zu können, die wie im byzantinischen auch im deutschen Choral eine große Rolle spielen.
Dokumentation zum Deutschen Choral
Vespergottesdienst
am Karfreitag ,
Kreuzabnahme
Jesu
Priesterlicher
Segen
Einleitungsgebete
+ Weihrauchdarbringung
Schöpfungspsalm
(103)
Fürbitten
Psalmengesang
der Psalmen 1 - 5, (davon 1, 4 und 5)
Fürbitten
großer
Abendpsalm 140 zur Darbringung des Weihrauchs
Lichtpsalmen
141, 129, 116 zur Entzündung der
Leuchter
Proprium
dazu : die Stichologie des
Karfreitags
Einzug
mit priesterlichen Gebeten und Segnungen
Große
Fürbitten
Abendgebet
des Abtes
Fürbitten
Proprium
: Festhymnos „der edle Josef nahm Deinen heiligen Leib vom Kreuze herab“
Beugungsgebet
(stilles Gebet)
Proprium
: Aposticha 1.: Da Josef von
Arimathäa Deinen heiligen Leib vom Kreuze herunternahm . . .
Vers mit Alleluja
2.: Da Du im frischen Grabe begraben wardst
Vers mit Alleluja
3.: Da Du im Leibe freiwillig vom Grab umschlossen warst
. . .
Vers mit Alleluja
4.: Still und starr sahen die ewigen Mächte wie gottlose
Richter unrecht . . .
Vers mit Alleluja
5.: Umhüllet in Licht wie von einem Gewande bist Du in
Ewigkeit . . .
Hymnos
Symeons „Nun entlässest Du“
Gebete
Proprium
: Schlusshymnen der edle Josef
. . . (wie oben)
Da die
drei Frauen am Grabe standen . . .
Hymnos
: Gegrüßet
seist Du Maria . . .
Schlussdialog
zwischen Chor und Priester
Proprium
: Hymnos Dein göttliches Blut
hat uns vom Fluch des Gesetzes befreit . . .
Segen
>Ritus
der Kreuzabnahme<
-Vesper zu Karsamstag -
Dieser Dienst wird am frühen
Nachmittag des Karfreitag gefeiert, gegen die 9. Stunde. Er ist verbunden mit
der rituellen Einholung der Kreuzikone und dem Auszug des Epitaphion.
Segen und einleitende Gebete
Schöpfungspsalm (Ps. 102)
diakonale Fürbitten
Weihrauchpsalm Psalm 140, zur
Darbringung des abendlichen Weihrauchopfers
Lichtpsalmen (Ps. 141, 129, 116)
zu den Lichtpsalmen werden
folgende Stichiren hinzugefügt :
6 Die ganze Schöpfung ändert vor Entsetzen ihre Gestalt /
da sie Dich am Kreuze hängen
sieht / o Christe /
Die Sonne verfinstert sich /
die Fundamente der Erde wanken /
Alles leidet mit Dir / der Du
alles erschufst /
der Du aus freiem Willen
alles um unseretwillen erduldest /
Herr / Ehre sei Dir +
5 Das Volk / das nichts Heiliges ehrt /
das die Gesetze Gottes
missbraucht /
siehe / sie trachten auf
Nichtiges /
und sie verurteilen das Leben
des Alls zum Tode +
O unfassbares Wunder /
der Schöpfer des Alls ist in
die Hände der Frevler gegeben /
der menschenliebende Erlöser
ist am Kreuze erhöht /
und Er erlöst / die im Hades
gefesselt sind /
o langmütiger Herr / Ehre sei
Dir +
4 Heute sieht die allreine Jungfrau Dich /
das ewige Wort / am Kreuze /
und ihre Mutterschaft ist im
Innersten getroffen /
ihr Herz ist bitterlich
verwundet /
aus tiefster Seele bricht ihr
Schmerz stöhnend hervor /
ausgelaugt / mit wirren
Haaren und zerschundenem Gesicht /
schlägt sie sich an ihre
Brust und ruft voller Klage /
Wehe / göttliches Kind / wehe
/ Licht der Welt /
Du entschwindest meinen Augen
/ Du Lamm Gottes +
Die Heere der
überkörperlichen Mächte aber sprechen voller Mitleid /
Herr / Unfassbarer / Ehre sei
Dir +
3 Da sie Dich am Kreuze sieht /
die Dich ohne Samen einst
geboren hat / Christe / Schöpfer des Alls /
da schrie sie in stummer
Klage und weinte bitterlich /
geliebter Sohn /
wohin schwindet nun die
Schönheit Deiner Lebensgestalt /
ich fasse es nicht / Dich als
Gekreuzigten zu sehen /
unrecht verurteilt /
Eile / stehe auf / zerreiß
die Zeit /
dass ich nach drei Tagen
Deine Auferstehung sehen kann +
2 Heute steht der Herr der Schöpfung vor Pilato /
heute wird der Schöpfer des
Alls ans Kreuz ausliefert /
als Opferlamm erfüllt Er
heute den ewigen Ratschluss /
angenagelt mit eisernen
Nägeln / die Seite von der Lanze durchbohrt /
den Mund benetzt vom
Essigschwamm /
stirbt der Ewige / der einst
Manna regnen ließ +
Ohrfeigen / Schläge ins
Gesicht des Erlösers der Welt /
der Schöpfer des Alls wird
von den eigenen Dienern verhöhnt +
O unfassbare Menschenliebe
dieses Königs /
noch für seine Peiniger
bittet Er den Vater um Vergebung ihres Frevels /
und die Sünder ermessen nicht
das Unrecht / das sie tun +
1 Wie erdreistet sich die schamlose Versammlung /
den Schöpfer des Alls zum
Tode zu verdammen /
wie können sie so blind sein
/ all das Gute /
das Er immerdar und
allenthalben tat / so zu missachten /
Warum schweigt Er / warum
spricht er nicht / sie zu erinnern /
mein Volk / was tat ich Dir /
habe ich denn nicht Judäa mit
Wundern übersät /
habe ich denn nicht allenthalben
Krankheiten geheilt /
hat denn nicht mein Wort
allein deine Toten auferweckt /
was vergiltst du mir / warum
wollt ihr mich vergessen /
weil ich euch heilte / dafür
schlagt ihr mich /
weil ich euch das Leben
brachte / dafür tötet ihr mich +
wie einen Mörder schlagt ihr
den ans Kreuz / der euch Gutes tut /
in eurem Wahn verurteilt ihr
den Urgrund allen Rechtes /
wie einen rechtlosen Räuber
misshandelt ihr den König des Alls +
O All-Erbarmer / Herr / Ehre
sei Dir +
Entsetzliches / furchtbares /
widersinniges Mysterion /
das heute vor unseren Augen
geschah /
Er / der Unsichtbare / wird
der irdischen Gewalt unterworfen /
Er / der Adam vom Fluche
befreit / wird in Fesseln gebunden /
Er / der Herz und Nieren
erforscht / wird böswillig verhört /
Er / vor dem die Herrscher der Himmel nur schweben in heiliger Scheu /
Er / der den Abgrund
versiegelt / wird in einen Kerker gesperrt /
und die Hand des Geschöpfes
schlägt den eignen Schöpfer /
Er / der einst alles Fleisch
richten wird / Lebende und Tote /
wird gerichtet und zum Tode
verurteilt /
Er / der morgen schon den
Hades überwindet /
wird heute ins Grab gelegt /
O All-Liebe / die Du alles
leidest /
die Du alles Unrecht
erduldest / für uns /
die Du uns vom Fluch erlösest
/
Herr / Ehre sei Dir +
Noch während des melismatischen
Gesanges ziehen alle Priester und Diakone des Klosters, der Abt als
Hauptzelebrant, in die Mitte des Tempels, wo sie sich im Halbrund aufstellen. Der
erste Diakon erhebt das Weihrauchfaß in Richtung Osten und ruft :
und der Abt betet vernehmlich das
Gebet zum Einzug :
Abend
und Morgen, Tag und Nacht . . . +
Der Diakon ruft dann, zur
Versammlung gewendet :
und Alle singen gemeinsam den
abendlichen Lichthymnos :
Bei den letzten Worten des Hymnos
ziehen die Zelebranten wieder ins Allerheiligste ein; die Diakone gehen voran
und verehren den Abt und auch alle weiter eintretenden Priester mit Weihrauch.
Der Abt geht hinter den Altar und segnet von dort die Versammlung.
Diakon : Weisheit +
Abt : Friede
sei mit euch allen +
Alle : und
mit Deinem Geiste +
Ein Leser trägt jeweils das
Prokimenon und die dazugehörige Lesung vor :
1. Prokimenon : KV : Alleluja
Alleluja Alleluja +
Sie haben meine Kleider unter
sich verteilt /
und über mein
Gewand haben sie das Los geworfen +
mein Gott / mein Gott / achte auf mich /
warum hast Du
mich verlassen +
1. Lesung AT : Ex. XXXIII 11-23
2. Prokimenon : KV : Alleluja Alleluja
Alleluja +
Richte / Herr / die mich
unrecht richten /
bekriege Du /
die mich bekriegen +
sie erwürgen
meine Seele +
2. Lesung AT : Hiob XVII 12-17 Jes. VII
13 bis VIV 1
3. Prokimenon : KV.: Alleluja
Alleluja Alleluja +
Sie stießen mich in den
tiefsten Abgrund /
in Schatten
des Todes und Finsternis +
Herr meiner Rettung und mein Gott /
ich rufe zu
Dir Tag und Nacht +
Apostellesung : 1. Kor. I 18 bis II 2
Alleluja : Alleluja
/ Alleluja / Alleluja +
Rette
mich / o Gott /
denn die
Wasser dringen mir in die Lungen +
Sie gaben mir Galle
für meinen Hunger /
und in meinem
Durst gaben sie mir Essig zu trinken +
Ihre Augen sind finster geworden / dass sie nichts mehr
sehen /
und ihr Rücken
wird für immer krumm bleiben +
Evangelium : Luc. XXIII 39-43 entfällt
bei Kürzung
Matth. XXVII 39-54 gekürzt ab Vers
46
Joh.
XIX 31-37
Matth. XXVII 55-61
Während der letzten Worte des
Evangeliums kommt der Priester, von zwei Akolythen mit Kerzen geleitet, zum
Verehrungspult, hüllt die Kreuzikone in ein rotes oder weißes Tuch und trägt
sie in den Altarraum. Sodann legt der Ekkklesiarch die Ikone der Kreuzabnahme
auf das vordere Verehrungspult, während in der Mitte des Tempels der Tisch für
das Grabtuch mit dunkelrotem Tuch und Blüten
bereitet wird. Dazu singt der Chor den Hymnos der Grablegung :
Der edle Josef nahm Deinen
heiligen Leib vom Kreuze herab / umhül ihn mit Linnen /
bedeckte ihn mit duftenden Kräutern / und tat ihn in ein neues Grab+ Mit dem
Leibe im Grabe / mit der Seele im Hades / welch ein
Gott / mit dem Schächer im Paradies /
mit dem Vater und dem Geist auf
dem Throne der Majestät / Christe / unumgrenzter / alles umfassender Gott /
Ehre sei Dir +
Eine erweiterte Fassung des Hymnos
bietet das Hymnarion.
Danach spricht der Abt von seinem
Thron im Chor aus das Abendgebet :
Würdige
uns o Herr . . .
Nach den diakonalen Fürbitten nimmt der diensthabende Priester das Grabtuch vom Altar und trägt es, geleitet vom Diakon, der rückwärts gehend das Tuch beweihräuchert, und den Leuchter tragenden Ekklesiarchen ehrfürchtig in den inneren Tempel. Die Chöre singen dabei das Trishagion der Grablege im anatolischen Modus (s. Hymnarion) :
erbarme Dich unser +
In der Vierung angelangt legt der
Priester das Grabtuch auf dem vorbereiteten Tisch nieder, die Ekklesiarchen
stellen ihre Leuchter dahinter. Der Priester beweihräuchert das Grabtuch und
netzt es mit Rosenöl. Das Weihrauchfass wird dahinter angehängt und mit
Weihrauch versehen. Sodann verehren der Abt und alle Väter gemäß der
Rangordnung das Grabtuch mit drei großen Metanien und heiligem Kuss, dann alle
Anwesenden. Die Chöre singen die nachstehenden Aposticha nach den Melodien aus dem Hymnarion. Die Psalmverse wie
ein Prokimenon, als Kehrvers ggf. das Alleluja der Fastenzeit.
D |
a Josef von Arimathäa Deinen heiligen Leib vom Kreuze herunternahm / Dich das Leben alles Seins / Da er Dich salbte mit edelster Narde / und Dich in Linnen gehüllt in seinem eigenen Grabe begrub / da begrub er im Schmerz seiner Liebe Herz und Lippen in Deinem allreinen Leib / und noch vom Schauder geschüttelt schrie er hinauf zu Dir in erkennender Freude / Ehre sei Dir / dass Du zu uns hernieder gekommen bist / o menschenliebender Gott +
Psalmvers :
Der Herr ist König /
er hat sich in Herrlichkeit
umkleidet +
D |
a Du im frischen Grab begraben wardst / o All-Erlöser / um des Heiles willen allen Seins / Da ward Hades allen zum Gespött / Furcht überkam ihn / da er Dich sah / die ehernen Riegel zerbrachen / die Pforten der Hölle wurden zersprengt Die Gräber der Heiligen taten sich auf / und die Toten traten hervor + In unendlich dankbarer Freude schrie Adam hinauf zu Dir / Ehre sei Dir / dass Du zu uns hernieder gekommen bist / o menschenliebender Gott +
Psalmvers :
Er hat den Weltendom wohl begründet /
in Ewigkeit wird er nicht
wanken +
D |
a
Du im Leibe freiwillig vom Grab umschlossen warst / Du unumschreib-barer /
unumgrenzter / in Deiner Gottheit Wesen / da hast Du des Todes Hort zerbrochen
/ und öde ward Hades’ Reich + So
segnetest Du diesen heiligen Sabbat / und gabest ihm Würde und Glanz /
göttlicher Herrlichkeit +
Psalmvers :
Heiligkeit ziemt Deinem Hause o Herr /
in Zeit und in Ewigkeit +
S |
till und starr sahen die ewigen Mächte / wie gottlose Richter unrecht und falsch Dich verklagen / o Christe / und staunend schauten sie Deine unsagbare Geduld / da diese Hände / die Deine allreine Seite mit einer Lanze durchbohren / nun noch den Stein heranwälzen / und versiegeln Dein Grab + Von heiliger Freude erfüllt dass wir errettet werden / erheben wir nun den seligen Ruf / Ehre sei Dir / dass Du zu uns hernieder gekommen bist / o menschenliebender Gott +
Psalmvers :
Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem heiligen Geiste /
wie es war im Anfang so auch jetzt und alle Zeit /
und in Ewigkeit / Amen +
U |
mhüllet in Licht wie von
einem Gewande bist Du in Ewigkeit + Nun aber nehmen Dich Josef und Nikodemus
vom Kreuze herab / einen Leichnam / nackt und bloß + Und es hebt an der
Tränengesang /
voller Leiden / der da klagt / wehe mir / geliebter Jesu / musste die Sonne noch eben in Dunkel sich hüllen / da sie ans Kreuz Dich angenagelt sah / musste die Erde in Schrecken erbeben / und der Vorhang des Tempels zerreißen + Siehe mich / wie ich Dich sehe / da Du für mich gestorben bist + Wie kann ich Dir dienen / o Du mein Gott / wie kann ich Dich salben / Dich hüllen in Linnen / wie kann ich mit Händen berühren Deinen allreinen Leib / welche Lieder soll ich Dir singen / da Du nun fährest dahin / o All-Erbarmer + Meine Seele erhebe Dein göttliches Leiden / In Hymnen besinge ich nun Deine Grab + Und in Deiner Auferstehung werde ich jubeln / Herr / Ehre sei Dir +
Nun folgt der Abschluss der
Vesper, indem alle gemeinsam den Hymnos des Symeon singen und die Gebete des
heiligen Pachom sprechen, bis zum Vater Unser.
Als erstes Apolytikion : Der edle Josef . . .
als zweites Apolytikion :
D |
a die drei Frauen am Grabe standen / beladen mit köstlicher Narde / da trat der Engel zu ihnen und sprach / Die Toten bedürfen der Salbung / und es ziemt ihnen wohl / Christus aber ist unvergänglich / und lebet in Ewigkeit +
Alle Apolytikia, die sonst
gesungen werden, entfallen. Der Leser rezitiert nur das Gegrüßet
seist Du Maria, dann der übliche Schlußdialog. Der Ekklesiarch
bereitet nochmals Weihrauch und reicht ihn mit Handkuß dem Priester. Dieser
geht, vor dem Auf
die Fürbitten, in die Mitte des Tempels zum heiligen Grabtuch
Christi und bringt Weihrauch dar. Dazu singt er selbst, oder aber ein Sänger
als drittes Apolytikion den Hymnos des göttlichen Blutes, nach der Melodie aus
dem Hymnarion über Ison :
D |
ein göttliches Blut hat uns vom Fluch des Gesetzes befreit + Ans Kreuz genagelt und von der Lanze durchbohrt wardst Du uns Menschen des ewigen Lebens wahrer Quell + Geliebter Heiland / Ehre sei Dir +
Ende der Vesper
mit dem Ritus der
Kreuzabnahme
+
keine E-mail
Briefadresse: